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Sich keiner Schuld bewusst
Frankreichs ehemaliger Präsident Sarkozy steht wieder einmal vor Gericht
Der ehemalige Präsident Nicolas Sarkozy, sein Anwalt Thierry Herzog und der pensionierte Richter Gilbert Azibert versuchen seit Montag vor einem Berufungsgericht in Paris, ihre im vergangenen Jahr in erster Instanz erhaltene Strafe aufheben oder zumindest abmildern zu lassen. Alle drei waren am 1. März 2021 wegen Amtsmissbrauchs und aktiver oder passiver Korruption zu drei Jahren Gefängnis, davon ein Jahr ohne Bewährung, verurteilt worden.
Bei diesem Prozess handelt es sich nur um eine Facette der vielschichtigen juristischen Aufarbeitung von Sarkozys Amtszeit 2007 bis 2012, als sich der Hausherr im Elysée in seiner Amtsführung nicht selten hart am Rande der Legalität oder sogar außerhalb dieser bewegte. Da das Staatsoberhaupt in dieser Zeit juristische Immunität genoss, liefen zwar schon die ersten Ermittlungsverfahren, doch angeklagt und vor Gericht gestellt werden konnte Sarkozy erst hinterher.
Bei dem gegenwärtigen Prozess, dessen Dauer bis Mitte Dezember veranschlagt wird, geht es um den »Nebenschauplatz« eines Verfahrens gegen Sarkozy wegen des Verdachts, für seinen Wahlkampf 2007 illegal Spenden von der Milliardärswitwe Liliane Bettencourt bekommen zu haben. In diesem Verfahren wurde Sarkozy in letzter Instanz vom Kassationsgericht für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe von 3000 Euro verurteilt.
Doch als dieses endgültige Urteil noch ausstand, versuchte der Ex-Präsident 2014, von Gilbert Azibert, der als Richter am Kassationsgericht Einblick in die Akten und Einfluss auf das eventuelle Urteil hatte, in Erfahrung zu bringen, welche Beweise vorlagen und wie die Aussichten einer Verurteilung standen. Als Mittelsmann diente dabei Sarkozys Freund und Anwalt Thierry Herzog. Im Gegenzug wurde dem Richter in Aussicht gestellt, Sarkozy würde seinen Einfluss nutzen, damit der Prinz von Monaco den Juristen in ein von diesem angestrebtes Ehrenamt berufen würde. Dazu kam es nie, doch die Ermittlungsbehörden erfuhren davon durch das Abhören des Telefonanschlusses von Herzog im Zusammenhang mit dem Verfahren um die Wahlkampfspenden.
Bei dem jetzt laufenden Prozess soll das Urteil der ersten Instanz aufgehoben werden, das die drei Angeklagten in allen Punkten für überführt und schuldig befunden hatte. Deren Verteidiger hatten argumentiert, dass keine Straftat vorgelegen habe, weil ja die Berufung des Richters in das Amt in Monaco nicht zustande gekommen sei. Dass Sarkozy keinen Einfluss auf den Bettencourt-Prozess gehabt habe, zeige seine Verurteilung zu einer Geldstrafe.
Zu diesen dürftigen Argumenten befand das Gericht im März vergangenen Jahres, dass entscheidend schon die Absicht der Straftat gewesen sei. Zu Sarkozy wurde im Urteil vom März 2021 festgestellt, dass »die Taten, derer er sich schuldig gemacht hat, von besonderer Schwere sind, da sie von einem ehemaligen Präsidenten der Republik begangen wurden, der der Garant für die Unabhängigkeit der Justiz war«.
In Bezug auf den Anwalt Thierry Herzog, der außerdem wegen »Verletzung des Berufsgeheimnisses« zu einer Zusatzstrafe von fünf Jahren Berufsverbot verurteilt wurde, stellten die Richter fest, dass »die persönliche, freundschaftliche Bindung« des Anwalts zu seinem Mandanten Nicolas Sarkozy »durch mangelnde Distanz sein professionelles Urteilsvermögen getrübt« und ihn »dazu gebracht« habe, »sich über seine berufsethischen Verpflichtungen hinwegzusetzen«. Die schärfsten Worte fand das Gericht zum ehemaligen Richter Gilbert Azibert, der sein Amt »in den Dienst privater Interessen« gestellt und den gesamten Berufsstand »in Verruf gebracht« habe. Zusammenfassend kamen die Richter zu dem Schluss: »Dieses Verhalten der Angeklagten hat dem berechtigten Vertrauen, das jeder Bürger der Justiz entgegenbringen darf, schwer geschadet.«
Im jetzt angelaufenen Berufungsprozess stehen die Richter vor der Frage, ob diese deutlichen Worte ihrer Kollegen der ersten Instanz so stehen bleiben werden. Schließlich geht es dabei auch darum, was einmal in den Geschichtsbüchern über die Zeit des rechten Präsidenten Nicolas Sarkozy zu lesen sein wird.
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