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Kein »Reinschmieren« mehr
In den schnellen Disziplinen des alpinen Weltcups dominieren immer mehr die vielseitigeren Skirennläufer
Alexander Schmid gehört nicht zu jenen, die ihre Emotionen groß zur Schau stellen. Der Skirennläufer vom SC Fischen wirkt nur selten wie am Boden zerstört, aber flippt eben auch nicht aus, wenn ihm einmal etwas besonders gut gelungen ist. Ihn als ausgeglichen zu bezeichnen, trifft es ganz gut. Nun endlich ist er das auch auf der Piste. In den vier Riesenslaloms dieser alpinen Weltcup-Saison landete er nie hinter dem achten Platz, allerdings auch nie vor dem fünften. Wenn er dann mit einem leichten Lächeln sagt, er freue sich »mega, dass ich so eine Konstanz habe und mit den Besten mitfahren kann«, dann ist das für ihn schon ein Gefühlsausbruch. Das war am Montag in Alta Badia – nach seinem besten Saisonresultat. Und er schaffte auf der Gran Risa, was ihm bisher noch nicht so oft gelungen war. Schmid verbesserte sich im zweiten Durchgang um ein paar Plätze.
Dieser Fluch, eine gute Leistung im zweiten Lauf nicht bestätigen zu können, verfolgte ihn eine Weile. Bei der WM 2021 in Cortina d’Ampezzo verpasste er deshalb eine Medaille, in einigen Weltcup-Rennen ein Topresultat. Auch am Sonntag beim ersten Riesenslalom in Alta Badia hatte er als Vierter eine gute Ausgangsposition, im Finaldurchgang unterliefen ihm ein paar kleinere Fehler und er wurde Achter. »Ich bin nicht ganz so sauber auf Zug geblieben«, gab er zu. Für Cheftrainer Christian Schwaiger ist es »nur eine Frage der Zeit«, bis der Allgäuer dort ist, wo er seinem Talent nach hingehört: in der Startliste unter den besten Sieben und regelmäßigerer Gast auf dem Podium. Und er weiß, dass er sich auf seinen derzeit erfolgreichsten Athleten verlassen kann. »Alex ist in diesem Sommer als Persönlichkeit sehr gereift«, findet er.
Schmid bietet eine gewisse Verlässlichkeit, die recht hilfreich ist in einer Sportart, in der sehr Vieles nicht planbar ist, das Wetter zum Beispiel – in dieser Saison sind schon neun Rennen ausgefallen. Sechs der ersten sieben allerdings, weil der Weltverband und da vor allem Präsident Johan Eliasch darauf gedrungen hatten, Weltcups schon Anfang bis Mitte November ins Programm zu nehmen. Es ging gründlich daneben. Der Super-G von Gröden am vergangenen Wochenende musste nicht wegen zu wenig Schnees abgesagt werden, sondern wegen Nebels und Schneefall, was eben in dieser Jahreszeit schon einmal vorkommen kann.
Für die Kollegen von Alexander Schmid war es eine verpasste Chance, denn die Saslong in Gröden gehört traditionell zu jenen Strecken, die den Deutschen besonders gut liegt. In der ersten Abfahrt am Donnerstag gelang Josef Ferstl dort mit Platz sechs sein bestes Karriereresultat in dieser Disziplin, seine beiden Weltcupsiege, einen davon in Gröden, hatte er im Super-G geschafft. Die zweite Schussfahrt über Kamelbuckel und Ciaslat zwei Tage später war ein kleiner Rückschritt. Zum ersten Mal in diesem Winter war kein deutscher Abfahrer unter den besten Zehn gelandet – und das ausgerechnet im ersten Rennen nach der neuerlichen Verletzung von Thomas Dreßen.
Dem Kitzbühel-Sieger von 2018 war nach seinem Comeback gleich wieder ein hervorragendes Ergebnis gelungen, im ersten Rennen nach zweijähriger Pause in Lake Louise Ende November, als er Achter wurde. Aber auch Romed Baumann, Andreas Sander und Josef Ferstl konnten schon mit Plätzen zwischen fünf und zehn überzeugen. Ziemlich konstant sind die Deutschen, nur nicht jeder in jedem Rennen.
Allerdings führen Resultate unter den besten Zehn längst nicht mehr zu ausgelassener Freude. »Das ist unser Anspruch«, sagt Schwaiger. Mindestens. »Wir sind auf den Lauerplätzen, aber das bringt uns nicht wirklich weiter«, weiß Ferstl. »Es fehlt einfach der letzte Schritt, damit wir richtig feiern können.« Am Sonnabend befand sich Romed Baumann als bester Deutscher auf Platz 17 in guter Gesellschaft: Olympiasieger Beat Feuz landete einen Rang hinter ihm. Der Schweizer gehört wie die Deutschen zu der Kategorie der reinen Abfahrer, die sich auf die beiden schnellen Disziplinen konzentrieren und auf Starts im Riesenslalom verzichten. Sie tun sich bei bestimmten Pistencharakteristiken etwas schwerer in dieser Saison als zum Beispiel der Norweger Aleksander Aamodt Kilde, der drei der bisher vier Abfahrten gewinnen konnte, oder das Schweizer Allround-Talent Marco Odermatt. In den technischen Passagen könne man »nicht mehr reinschmieren« in die Kurven wie noch vor zwei, drei Jahren, man müsse fahren, nennt Cheftrainer Schwaiger als einen Grund.
Kilde hat in Norwegen eine komplette Ausbildung in allen Disziplinen erhalten – und gehört daher auch im Riesenslalom zur erweiterten Weltklasse. Odermatt ist da der Beste. Diese Entwicklung bringt auch reine Abfahrer dazu, mehr Zeit in den Riesenslalom zu investieren. Die Österreicher machen das schon seit vielen Jahren, die Deutschen auch – aber Defizite lassen sich eben nicht so leicht aufholen.
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