Ein Leuchtturm für junge Ärzte, kein Elfenbeinturm

Gründungstandem für die geplante Cottbuser Universitätsmedizin vorgestellt

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit einer Erkältungswelle unter Kindern und Jugendlichen sei gerechnet worden, »allerdings nicht im jetzt erlebten Ausmaß«, sagt Eckhard Nagel aus Bayreuth. Der Professor ist einer der beiden Beauftragten für die künftige Universitätsmedizin in der Lausitz. Das Tandem der Projektbeauftragten für die Gründung des Innovationszentrums Universitätsmedizin Cottbus wurde am Mittwoch in der Potsdamer Staatskanzlei vorgestellt. Die lange Abschottung während der Coronakrise habe die Kinder anfällig gemacht, so Nagel. Eine postendemische – also nachholende – Entwicklung sei einkalkuliert gewesen, doch niemand habe prognostiziert, dass zusätzlich Medikamente knapp werden würden.

Bei der Vorstellung der zwei Gründungsbeauftragten weist Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD) die Behauptung zurück, dass sich mit der Universitätsmedizin in Cottbus ein »Elfenbeinturm« erheben werde, der mit der Lausitz nur bedingt etwas zu tun habe. Man werde natürlich angesichts des für spätestens 2038 vorgesehenen Kohleausstiegs nicht jeden Mitarbeiter der Lausitzer Energie AG »zu einem Gehirnchirurgen qualifizieren«, sagt sie. Die Lausitz werde aber künftig so für medizinische Versorgungssicherheit stehen, wie sie in der Vergangenheit für Energiesicherheit stand.

Schüle verweist auf die breite Zustimmung, die das Vorhaben im Süden Brandenburgs genieße. Das künftige Profil der nunmehr 37. Mediziner-Ausbildungsstätte in Deutschland beziehe die Region in Forschung und Betreuung ein. Mit der Universitätsklinik werde sich die medizinische Versorgung in Cottbus verbessern. Die Klinik soll aus dem kommunalen Carl-Thiem-Klinikum hervorgehen.

Aus der Hoffnungslosigkeit geboren

»Perspektivisch muss man handeln«, sagt Eckhard Nagel. Cottbus soll sich den Möglichkeiten der Digitalmedizin zuwenden. Gegen diese bestünden Vorbehalte, ist ihm bewusst. Patienten befürchten, vom Arzt nicht mehr gründlich untersucht zu werden, weil der Arzt stattdessen nur noch auf seine Technik vertraue. Dabei verspreche die Digitalmedizin viele Vorteile, ist Nagel überzeugt. So könne vermieden werden, Medikamente zu verschreiben, deren Nebenwirkungen sich nicht mit anderen Mitteln vertragen, die Patienten einnehmen müssen.

Die zweite Projektbeauftragte, Ulrike Gutheil, sagt, das Vorhaben Universitätsmedizin in Cottbus sei »ein Stück weit aus einer gewissen Hoffnungslosigkeit« geboren worden. Weil es bis dato keine Arztausbildung in Brandenburg gebe, habe das Bundesland auf den wichtigen »Klebeeffekt« verzichten müssen, so die Professorin. Brandenburger, die in Berlin oder anderswo Medizin studierten, bleiben häufig nach dem Abschluss dort.

»Kleine Kliniken haben alle Sorgen«, weiß Gutheil. Zwischen 2024 und 2038 werde das neue Universitätsklinikum 1,9 Milliarden Euro kosten. Die Anschubfinanzierung stammt aus Mitteln für den Strukturwandel in den Braunkohlerevieren. Das Bundesgesundheitsministerium sei aber mit Zusagen zurückhaltend und bezahle beispielsweise die Professuren in Cottbus nicht. Auf das Land Brandenburg kommen daher laufende Kosten in Höhe von 150 Millionen Euro jährlich zu.

Erfahrungsgemäß stammten etwa 70 Prozent der Studierenden einer Universitätsklinik aus der Region – und viele von ihnen suchten sich dort dort später eine Beschäftigung, sagt Nagel. Obwohl nachweisbar sei, dass selbstständig wirtschaftende niedergelassene Ärzte 20 bis 40 Prozent effektiver arbeiten als angestellte, suchen junge Mediziner zumeist eine Anstellung. »Sie wollen Klarheit bei Arbeitszeit und Einkommen.« Nagel berichtete weiter, dass es noch nie so viele Ärzte in Deutschland gegeben habe wie heute und dennoch der Ärztemangel immer größer geworden sei.

Die rechte Szene ist in der Lausitz sehr aktiv, die AfD dort sehr stark. Eckhard Nagel kennt dieses Imageproblem. Er gehe vorurteilsfrei nach Cottbus, versichert er. Noch im ersten Quartal 2023 soll das Konzept für die neue akademische Einrichtung weiter konkretisiert werden. Danach wird es dem Wissenschaftsrat vorgelegt. Starttermin für die ersten Semester soll der Winter 2026 sein. »Wir sind im Zeitplan«, sagt Ministerin Schüle.

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