CCS ist eine gescheiterte Technik

BI-Aktivist Reinhard Knof zu den CO2-Endlager-Plänen der Bundesregierung

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat Mitte dieser Woche angekündigt, dass die Abscheidung und Speicherung von CO2, kurz: CCS, auch in Deutschland zum Einsatz kommen soll. 2023 will er ein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen. Was ist von der umstrittenen Technik zu halten?

CCS ist eine gescheiterte Technik. Der Europäische Rechnungshof kam bereits 2018 in seinem Bericht für die EU zu diesem Urteil und schrieb: »Die für die letzten zehn Jahre geplanten Fortschritte wurden nicht erzielt.« Die vielen Milliarden Euro an Subventionen wären für die Energiewende besser aufgehoben gewesen.

Interview

Reinhard Knof ist Vorsitzender der schleswig-holsteinischen Bürgerinitiative »Kein CO2-Endlager«.

Manche halten CCS zum schnelleren Erreichen der weltweiten Klimaziele für notwendig. Warum ist das kein gangbarer Weg?

CCS ist sehr energieaufwendig. Bei Kraftwerken mit dieser Technik wird circa ein Drittel der erzeugten Energie für das Abscheiden, den Transport und das Verpressen des Kohlendioxids benötigt. Der erforderliche Stahl für die Anlagen und die Gasleitungen zum Transport benötigen ebenfalls sehr viel Energie und verursachen eine hohe Klimabelastung. Ein Ende der Energieverschwendung einschließlich einer Wärme- und Verkehrswende würde viel schneller und effektiver zur Vermeidung von CO2-Emissionen führen.

Warum klafft die Debatte bezüglich Chancen und Risiken so weit auseinander?

Befürworter einer Technik neigen dazu, Gefahren komplett zu ignorieren und zu bestreiten. Man denke nur an den gerade zerborstenen Aquadom in Berlin. Dieser wurde 2003 errichtet und 2020 umfassend modernisiert. Bedenken zur Sicherheit wurden vom verantwortlichen Architekten beiseitegewischt.

Unser Nachbar Dänemark hat einem CO2-Speicherungsprojekt 250 Kilometer nordwestlich von Sylt jetzt erstmals zugestimmt. Beteiligt ist auch der deutsche Gasproduzent Wintershall Dea. Warum sollte die schwarz-grüne Kieler Landesregierung dagegen vorgehen?

Das Projekt reicht bis hinein in die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone in der Nordsee. Wenn es zu CO2-Austritten kommen würde, wäre auch sie betroffen. Das besagte Greensand-Projekt ist in ausgeförderten Gas- und Ölfeldern mit wahrscheinlich undichten Altbohrungen geplant, sodass Leckagen vorprogrammiert sind. Es fand auch bisher keine internationale Umweltverträglichkeitsprüfung für die geplanten CO2-Endlager statt. Bei Wintershall ist allemal Misstrauen geboten, denn das Unternehmen steht für die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, die Abhängigkeit von Russland und für das Blockieren der Energiewende.

Allerdings halten auch renommierte Meeresforscher etwa vom Geomar Helmholtz-Zentrum in Kiel die Lagerung unter dem Meeresboden für sinnvoll.

Die Wissenschaftler von Geomar propagieren seit über einem Jahrzehnt CO2-Endlager unter der Nordsee. Bisher waren sie damit nicht erfolgreich. Ihre Risikoabwägung entspricht aber der des Architekten vom Berliner Aquadom.

Sie halten die CCS-Diskussion gerade zum jetzigen Zeitpunkt für verkehrt, da es vom eigentlichen Problem ablenkt. Welches wäre das?

Die derzeitige Diskussion um CCS dient offenkundig der Sicherung einer langfristigen Nutzung fossiler Energieträger, insbesondere von Erdgas. Mit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine hat sich Minister Habeck unverzüglich sowohl für den Aufbau massiver Überkapazitäten bei Flüssiggas (LNG) als auch für den Export von CO2 nach Norwegen und Dänemark engagiert. Beides gehört zusammen und hat nichts mit eventuell verbleibenden Rest-Emissionen aus der Industrie zu tun, wie immer behauptet wird. Daher muss die Reihenfolge lauten: Energieeffizienz, Wärme- und Verkehrswende, Ausbau erneuerbarer Energieproduktion. Das gilt nicht nur für Deutschland und Europa, sondern auch für die Zusammenarbeit mit dem Globalen Süden. Wenn in Europa dann noch ein Bedarf an CO2-Reduktion besteht, müssen die möglichen Alternativen wissenschaftlich sauber bewertet werden. Das ist derzeit aber nicht geplant, sondern es gibt eine dauerhafte Festlegung auf LNG plus CCS.

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