Vielleicht ja dieses Mal

Die Bewohner der Hermannstraße 48 hoffen erneut, dass ihr Haus dem Markt entzogen wird

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.

Ob es am Ende klappt, weiß Simon Duncker nicht. Zu viele Rückschläge haben er und die anderen Bewohner der Hermannstraße 48 bisher einstecken müssen, wenn es um ihr Haus in Neukölln ging. Doch Hoffnung, dass es dieses Mal klappen könnte, das Haus dem Immobilienmarkt zu entziehen, haben sie dennoch. Er kenne den Stand der Verhandlungen nicht, hofft aber, dass die landeseigene Stadt und Land das Haus kauft, sagt Duncker. »Damit wäre die H48 nach einem langen Kampf endlich in gemeinwohlorientierten Händen.«

Dass überhaupt erneut um die H48, wie die Mieter ihr Haus nennen, gebangt werden kann, ist durchaus eine Überraschung. Im vergangenen Jahr haben viele die Achterbahnfahrt mitverfolgt, an deren Ende das Haus eigentlich verloren schien.

Bereits Anfang des Jahres 2020 wollten die Mieter den Gebäudekomplex selbst kaufen und legten der ursprünglichen Eigentümerin ein Angebot vor. Diese ließ sich nicht darauf ein und verkaufte das Haus kurz vor Weihnachten 2020 stattdessen an ein Immobilienunternehmen. Es folgten zwei Monate mit wenig Schlaf und viel ehrenamtlicher Arbeit. Am Ende übte der Bezirk das Vorkaufsrecht für das im Milieuschutzgebiet liegende Haus aus – zum ersten Mal zugunsten einer von den Mietern gegründeten GmbH.

Doch die ursprüngliche Eigentümerin sowie die Käuferin legten Widerspruch ein. Es begann eine Hängepartie, die schließlich mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur bezirklichen Praxis bei der Anwendung des Vorkaufsrechts am 9. November 2021 endete. Sinngemäß entschied das Gericht, dass das Vorkaufsrecht, mit dem der Bezirk einen gemeinwohlorientierten Dritten an die Stelle des eigentlichen Käufers einsetzen konnte, nur noch anzuwenden sei, wenn eine Verdrängung schon geschehen ist. Damit war auch der Kampf um die H48 eigentlich entschieden. Wer Simon Duncker im November vergangenes Jahr getroffen hat, konnte ihm ansehen, wie sehr es die Mieter mitnimmt, dass ihnen das Haus sinnbildlich wieder aus den Händen gerissen wurde und all ihre Mühen vergebens waren.

Doch nun sei der Anwalt des Unternehmens, das die H48 am Ende dann doch kaufen konnte, auf sie als Hausgemeinschaft zugekommen und hätte gefragt, ob die Mieter immer noch das Interesse hätten, selbst zu kaufen, erzählt er. Warum die neue Eigentümerin nun wieder verkaufen will, weiß Duncker nicht. Vielleicht waren die Mieter ihr zu widerspenstig. Nicht unwahrscheinlich ist aber angesichts der allgemeinen Entwicklung auf dem Immobilienmarkt, dass das Unternehmen angesichts des Zinsanstiegs sein Portfolio aufräumen und Objekte verkaufen muss, um Verbindlichkeiten zu bedienen.

Aber auch die Hausgemeinschaft trifft der Zinsanstieg. Sie haben durchgerechnet: Zusammen mit dem Mietshäuser Syndikat, wie es einst schon vorbereitet war, ist der Kauf aufgrund der gestiegenen Kreditkosten so nicht mehr möglich. Stattdessen hoffen sie auf Landeseigene und Genossenschaften, die der Zinsanstieg zwar auch betrifft, die aber wegen der Förderprogramme des Landes »ganz andere Möglichkeiten« hätten, wie Duncker sagt. Die landeseigene Stadt und Land, die mit der Eigentümerin verhandeln soll, will sich auf »nd«-Anfrage zum derzeitigen Zeitpunkt allerdings nicht äußern.

Unterstützung für einen Ankauf durch ein landeseigenes Unternehmen gibt es indes auch aus der Bezirkspolitik. Der zuständige Bezirksstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) meint, dass es jetzt maßgeblich vom Eigentümer abhänge, ob der Ankauf stattfinden kann. »Ich glaube, es wäre im Interesse aller, hier schnell zu guten Lösungen zu kommen«, sagt Biedermann.

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