- Kommentare
- Standpunkt
Der Traum von »Groß-Israel«
Oliver Eberhardt über die neue rechte israelische Regierung
Die neue israelische Regierung steht; eine Koalition aus Rechten, Religiösen – und Rechtsextremen. Im Wahlkampf hatten sich die Religiösen Zionisten als ganz normale Politiker gegeben, die auf die Wut der steigenden Zahl sozial benachteiligter Israel*innen in strukturschwachen Regionen gebaut hatten. Mehr Sicherheit. Mehr Siedlungen. Weniger von dem, was die konservative britische Abgeordnete Suella Braverman als »›Guardian‹-lesende, Tofu essende Wokeria« bezeichnete. Einer Schicht, der mancher in Israel die Schuld an der eigenen Misere gibt. Oder daran, dass es mit dem Traum von »Groß-Israel«, der in den Siedlungen gelebt wird, nicht vorangeht. Die Liste Religiöse Zionisten hat Stimmen aus beiden Gruppen geholt.
10,83 Prozent der abgegebenen Stimmen für die Religiösen Zionisten sind kein Mandat für einen umfassenden Umbau von Rechtsstaat und Gesellschaft. Die extrem hohe Zahl von Unternehmen, Organisationen und Kommunalverwaltungen, die nun erklärt haben, dass sie die Politik der neuen Regierung ablehnen, ist ein Zeichen der Hoffnung, aber auch eine Warnung für einen gar nicht so neuen Regierungschef.
Benjamin Netanjahu ist in seinen bisherigen mehr als zehn Jahren als Premier dafür bekannt geworden, dass er Zusagen nicht einhält. Nun hat er den Rechtsextremen in den Koalitionsverhandlungen alles versprochen und signalisiert gleichzeitig öffentlich, dass es mit ihm keine Einschränkung der Rechte von LSBTIQ-Menschen geben und er den Konflikt mit den Palästinenser*innen beenden werde. Tatsächlich braucht er die Religiösen Zionisten. Und anders als vielen Berufspolitiker*innen geht es den Rechtsextremen nicht um Posten, sondern um die Ziele.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.