• Reise
  • Reisen/Jahresrückblick

Helme, Hausboote und Handtücher

Ein Blick zurück auf die Welt des Reisens im vergangenen Jahr

  • Karsten-Thilo Raab
  • Lesedauer: 7 Min.
Gepäckchaos auf vielen Flughäfen war ein großes Thema in der Sommerurlaubszeit.
Gepäckchaos auf vielen Flughäfen war ein großes Thema in der Sommerurlaubszeit.

Getreu dem von Friedrich Nietzsche einmal formulierten Satz »Erst am Ende eines Jahres weiß man, wie sein Anfang war« darf auch der Blick zurück auf die bemerkenswertesten und kuriosesten Ereignisse in der Welt des Reisens im Jahr 2022 nicht fehlen. In einem Jahr, in dem sich nach der schrittweisen Normalisierung nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie der internationale Tourismus Stück für Stück zu erholen scheint, gab es wieder jede Menge Erstaunliches, aber auch vieles, das Kopfschütteln oder Schmunzeln hervorrief.

Januar: Italien führt die Helmpflicht für minderjährige Skifahrer sowie eine 0,5-Promille-Grenze auf den Pisten ein.

Die Deutsche Bahn fährt eine erschreckende Bilanz ein: Jeder vierte ICE- und IC-Zug war 2021 verspätet.

Australien leidet unter Rekordhitze. In Onslow nördlich von Perth werden am 13. Januar 50,7 Grad Celsius gemessen.

Februar: Gemäß einer Studie der Washington State University sprechen Hotelgäste lieber mit weiblichen als mit männlichen Servicerobotern. Die Tendenz sei umso deutlicher, je menschenähnlicher die Roboter seien.

Elf Jahre nachdem ein Brite seine dritten Zähne in einer feuchtfröhlichen Nacht verloren hatte, erhielt er seine Kauhilfe per Post aus Benidorm zurück. Das Gebiss war auf einer Müllkippe gefunden worden. Die Behörden wollen den Eigentümer mit Hilfe der DNA ausfindig gemacht haben.

Weil Kabinenpersonal fehlt, lässt British Airways Bürokräfte und Piloten einspringen, um Engpässe bei den Flugbegleitern auszugleichen.

März: Saudi-Arabien plant, bis 2026 50 Kilometer vom Golf von Aqaba auf 2600 Metern Höhe ein eigenes Skigebiet mit dem Namen Trojena zu bauen.

Für die Playa de Palma auf Mallorca gilt ein neuer Dress- und Benimmcode in Clubs, Bars und Restaurants: Wer ohne Schuhe oder mit freiem Oberkörper Party machen will, der darf nicht mehr eingelassen werden. Tätowierungen sollen danach kontrolliert werden, ob sie rassistische oder nazistische Symbole enthalten.

Die Çanakkale-1915-Brücke südlich von Istanbul, die mit 4,6 Kilometern längste Hängebrücke der Welt, wird ihrer Bestimmung übergeben.

April: Der Bundesgerichtshof urteilt: Landen Urlauber in einem Hotel in der Einflugschneise eines Flughafens, ohne dass dies in den Reiseunterlagen und Kataloginformationen ausgewiesen wird, haben sie Anspruch auf Minderung des Reisepreises.

In Vietnam wird eine spektakuläre Glasbodenbrücke ihrer Bestimmung übergeben: Die 632 Meter lange Bach-Long-Brücke im Bezirk Moc Chau ist zugleich die längste Glasbodenbrücke der Welt.

Weil das spanische Gesetz vorschreibt, dass normales Handgepäck ohne Aufpreis bleiben muss, hat die Balearen-Regierung Bußgeldverfahren gegen Easyjet, Eurowings, Ryanair, Vueling und Volotea eingeleitet. Die Firmen kassierten von Kunden auch für kleine Trolleys in der günstigsten Buchungsklasse zusätzlich.

Mai: Am Münchener Flughafen entdecken Zollbeamte im Gepäck eines Reisenden aus Thailand einen Beutel mit getrockneten Fröschen. Der Besucher habe sie als Suppenbeilage verwenden wollen, hieß es.

Wegen des Verdachts auf Brandstiftung werden 13 Deutsche auf Mallorca festgenommen. Sie sollen brennbare Flüssigkeit und brennende Zigarettenkippen auf die Terrasse einer Bar geworfen haben. Ein Mann und ein Kind wurden bei dem Feuer verletzt.

Juni: Laut Europäischem Gerichtshof müssen Fluggesellschaften nachweisen, dass ein Fluggast, der beim Ein- oder Aussteigen stürzt und sich verletzt, durch sein Verhalten zum Unfall beigetragen hat.

Ein 43-jähriger Kölner, der nicht existente Hausboote und Ferienwohnungen zur Vermietung angeboten und dafür Anzahlungen in Höhe von 120 000 Euro kassiert hatte, wurde vom Landgericht Neubrandenburg zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

Das Oberlandesgericht Frankfurt entscheidet, dass es diskriminierend sei, wenn die Deutsche Bahn bei Anreden nur zwischen männlich und weiblich unterscheide. Die Bahn müsse künftig entweder auf die Anrede verzichten oder eine Form finden, mit der sich auch Menschen angesprochen fühlen, die sich nicht als Mann oder Frau definieren.

Juli: Barcelona verbietet zum 1. Juli das Rauchen an allen öffentlichen Stränden. Verstöße werden mit bis zu 2000 Euro geahndet.

Am Flughafen Dublin kaufte sich ein Reiserückkehrer das günstigste Flugticket, um nach seinem verloren gegangenen Koffer zu suchen. 18 Euro zahlte er für einen Flug nach Glasgow. Nach stundenlanger Suche soll er das Gepäckstück aufgespürt haben.

Wer sich im März 2020 im österreichischen Ischgl mit Corona infiziert hat, kann auf Schadenersatz hoffen. Das Oberlandesgericht Wien hebt ein Urteil auf, das die Ansprüche eines Klägers auf Schmerzensgeld, Heilungs- und Pflegekosten sowie Verdienstausfall abgewiesen hatte. Staatliche Informationen über drohende Gefahren müssten richtig und vollständig sein.

August: Für umgerechnet 0,027 Euro bietet ein Hotel in Chiang Mai im Norden Thailands eine Übernachtung an, um die schwache Nachfrage für das vor Corona beliebte Reiseziel zu beleben.

Auf Spitzbergen in Norwegen dringt ein Eisbär in ein Zeltlager ein und verletzt eine Französin am Arm. Das Tier wurde mit Schüssen verjagt und dabei so schwer verletzt, dass es getötet werden musste.

Mit 200 Euro will das kroatische Krk künftig Besucher zur Kasse bitten, die sich eine Liege oder den Platz am Strand mit dem Handtuch reservieren.

Am Strand von Garden City in South Carolina löst sich ein Sonnenschirm aus seiner Befestigung, fliegt durch die Luft und trifft eine Frau mit der Spitze am Brustkorb. Die 63-Jährige stirbt im Krankenhaus an der Folge der Verletzung.

September: Im Juni, Juli und August hatte jeder dritte in Europa gestartete Flug Verspätung oder fiel ganz aus. Betroffen sind 68 Millionen Reisende.

Ein Flugzeug der Tap Air Portugal stößt am Airport Conakry in Guinea mit einem Motorrad zusammen, das die Landebahn kreuzt. Fahrer und Beifahrer kommen ums Leben, am Airbus entsteht nur Sachschaden.Zu vier Monaten Gefängnis wird in den USA eine Frau verurteilt, die auf einem Flug von Dallas nach Los Angeles andere Passagiere beleidigt, bedroht und bespuckt hat. Ihretwegen landete der Flieger in Phoenix, wo sie von Bord geholt wurde. Außerdem wurden ihr umgerechnet 9200 Euro für die Flugumleitung in Rechnung gestellt.

Oktober: Eine kaputte Klimaanlage im Flugzeug stellt keine Verletzung der Gesundheit dar, urteilt das Amtsgericht Frankfurt und lehnt die Forderung einer Familie nach Schmerzensgeld ab. Die Familie hatte in Italien bei angeblich 50 Grad Celsius in einer verspäteten Maschine ausharren müssen.

Am Flughafen München will ein Reisender einen lebenden Alligator in einen Flieger nach Singapur schmuggeln. Kontrolleure entdecken das mit Frischhaltefolie umwickelte Tier in einem Koffer.

Weil sie aus dem Lausanner Hotel verwiesen wurde, verletzte eine 44-jährige Deutsche die Rezeptionistin mit einem Gasbrenner schwer. Sie übergoss das Opfer mit einer brennbaren Flüssigkeit und zündete es an.

November: Der US-Carrier United blockt auf 757-Flügen bis zum 30. April jeweils bis zu sechs Sitze. Grund sei das höhere durchschnittliche Wintergewicht der Kunden.

British Airways stellte neue »Richtlinien für Haarpflege, Schönheit und Accessoires« für das Flugpersonal vor. Demnach dürfen Crew-Mitglieder nun Make-up, Nagellack, Dreitagebart und modische Accessoires tragen – und das unabhängig vom Geschlecht.

Ein 28-Jähriger, der vom Kreuzfahrtschiff Carnival Valor in den Golf von Mexiko gefallen ist, kann nach 18-stündiger Suche gerettet werden.

Dezember: Um die Umwelt zu schonen, beginnt Frankreich damit, inländische Kurzstreckenflüge zu untersagen. In einem ersten Schritt wird der Flugverkehr zwischen Paris-Orly und Bordeaux, Nantes sowie Lyon eingestellt. Hier gebe es schnelle Alternativen mit dem Zug, hieß es.

Nach mehr als 50 Jahren hat die letzte Boing 747 das Werk in Seattle verlassen. Hintergrund ist, dass die meisten Airlines eher auf kleinere Maschinen mit zwei statt wie bei der 747 auf vier Triebwerke setzen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.