- Politik
- Banken und Sparkassen
Abheben mit der Brechstange
Neuer Höchststand der Zahl von Geldautomatensprengungen in Nordrhein-Westfalen
Geldautomatensprengungen haben die Polizei im vergangenen Jahr bundesweit besonders stark beschäftigt. Dies gilt etwa für Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, besonders aber für Nordrhein-Westfalen. Dort hat die Zahl der Attacken auf Automaten, vor allem von Sparkassen und Volksbanken, einen neuen Höchststand erreicht. 182 Angriffe verzeichneten die Behörden im bevölkerungsreichsten Bundesland für 2022. Das sind nochmals 32 Taten mehr als 2021, wie das dortige Landeskriminalamt (LKA) auf Anfrage des »nd« mitteilt.
Noch am frühen Silvestermorgen kam es zur Sprengung eines Automaten in Geldern, unweit der Niederlande. In Nettetal, ebenfalls nahe der Grenze, hatte die Polizei zuvor nach einer solchen Attacke zwei Verdächtige festnehmen und eine Tasche mit Geld sicherstellen können.
Im bisherigen Rekordjahr 2020 waren in NRW 176 Geldautomatensprengungen registriert worden. Allein für die erste Hälfte 2022 wird der Schaden auf fast 11 Millionen Euro beziffert.
Bei den Sprengungen fällt auf: Die Täter setzen immer stärkere Sprengstoffe ein, um die immer besser gesicherten Automaten zu knacken. Angesichts der zunehmenden Explosionskraft und der anschließenden halsbrecherischen Verfolgungsfahrten sei es ein »glücklicher Zufall«, dass noch kein Unbeteiligter ernsthaft verletzt worden sei, betont NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).
Zwar gelangen die Täter keineswegs immer an die Scheine in den Automaten, laut Bundeskriminalamt (BKA) waren diese beispielsweise im Jahr 2021 nur in der Hälfte der Fälle erfolgreich. Doch die Wucht der Sprengungen in den Filialen von Banken und Sparkassen ist immens. Nicht nur Teile der Innenräume werden oft zerstört, auch die Außenfassade der Gebäude, und in den darüber liegenden Etagen werden nicht selten auch Wohnungen unbewohnbar.
Die Spur der in NRW immer brutaler vorgehenden Täter führt fast immer in die benachbarten Niederlande. Bei den Tätern soll es sich laut LKA um 500 bis 600 niederländische Staatsangehörige mit marokkanischen Wurzeln aus den Großstädten Utrecht und Amsterdam handeln.
Auf Bundesebene ist die Entwicklung ähnlich: 2021 registrierte das Bundeskriminalamt (BKA) 124 Tatverdächtige (2020: 168). Entsprechend den Jahren zuvor handelte es sich auch hier in der Mehrzahl um niederländische Staatsangehörige (50,8 Prozent), erfährt man auf der BKA-Webseite. Dabei sei von einem »Verdrängungseffekt« auszugehen, da »in den Niederlanden in den vergangenen Jahren sowohl der Strafverfolgungsdruck wie auch Präventionsmaßnahmen im Hinblick auf dieses Kriminalitätsphänomen intensiviert« worden seien.
Republikweit sind laut BKA über die vergangenen fünf Jahre steigende Fallzahlen festzustellen. 2021 ging die Zahl der registrierten Geldautomatensprengungen zwar um rund fünf Prozent auf 392 zurück. Zugleich war dies der zweithöchste Wert seit Beginn der statistischen Erfassung durch das BKA im Jahr 2005.
Um die Automatensprenger künftig zu stoppen, hat das Bundesinnenministerium im November den bundesweiten »Runden Tisch Geldautomatensprengungen« ins Leben gerufen. Das Gremium, dem neben Sicherheitsbehörden auch Banken und Branchenverbände angehörten, empfiehlt, die Automaten nachts unter Verschluss zu halten, Vernebelungsanlagen zu installieren und die Bargeldbeträge in den Automaten so zu präparieren, dass sie bei einer Explosion eingefärbt und verklebt werden.
Alle knapp 10 000 Geldautomaten in NRW wurden inzwischen einer Gefahrenbewertung unterzogen, heißt es in einem Bericht. Nicht nur eine Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen, auch ein Abbau von Automaten an besonders gefährdeten Standorten ist im Gespräch.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.