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Republikaner lassen McCarthy auflaufen

Der designierte Sprecher des US-Repräsentantenhauses scheitert in gleich drei Wahlgängen

  • Julian Hitschler
  • Lesedauer: 4 Min.

Kevin McCarthy macht gute Miene zum bösen Spiel – doch die Klatsche war deutlich. Der konservative Parteiflügel der Republikaner, der mehrheitlich Ex-Präsident Donald Trump nahesteht, verweigerte ihm am Dienstag in Washington D.C. spektakulär die Gefolgschaft. Statt der notwendigen absoluten Mehrheit von 218 Stimmen erhielt der republikanische Kandidat für den Vorsitz des US-Repräsentantenhauses im ersten Wahlgang nur 203, obwohl seine Partei insgesamt 222 Abgeordnete stellt. 19 republikanische Kolleginnen und Kollegen brachen mit McCarthy und votierten zunächst für verschiedene andere Mitglieder ihrer eigenen Fraktion. Im unmittelbar darauf folgenden zweiten Wahlgang konsolidierten sich die Stimmen der 19 Abweichler auf den Abgeordneten Jim Jordan aus Ohio – ein einigermaßen kurioser Vorgang, denn Jordan strebt das Amt offiziell gar nicht an und stimmte selbst für McCarthy.

Der Posten des Sprechers des Repräsentantenhauses ist im politischen System der USA äußerst wichtig: Der Vorsitzende der zweiten Kammer hat enormen Einfluss auf das Gesetzgebungsverfahren und tritt das Amt des Staatsoberhaupts an, sollten sowohl Präsident als auch Vizepräsidentin zurücktreten oder versterben. Zwar gehen mit der Position keine Exekutivbefugnisse einher, doch innerhalb des legislativen Betriebs gleicht die Rolle des Sprechers der eines Ministerpräsidenten in parlamentarischen Systemen.

Nachdem McCarthy zweimal durchgefallen war, kam es im dritten Wahlgang noch schlimmer für den 57-jährigen Republikaner aus Kalifornien: Der Abgeordnete Byron Donalds aus Florida, der ihn bis dahin unterstützt hatte, lief ins Lager von Jordan über, McCarthy erhielt nur mehr 202 Stimmen und ist von einer Mehrheit weiter entfernt als je zuvor. Die Demokraten standen in allen drei Wahlgängen geschlossen hinter ihrem Kandidaten, dem designierten Minderheitsführer Hakeem Jeffries, der in allen drei Wahlgängen 212 Stimmen erhielt – die volle Fraktionsstärke der Demokraten.

McCarthy ist Teilen des konservativen Parteiflügels der Republikaner ein Dorn im Auge. Zu nahe steht er dem Parteiestablishment, wie es etwa durch den Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, verkörpert wird. »Wir können den Sumpf nicht trockenlegen, wenn wir den größten Alligator zum Herrn über das Prozedere machen«, so der Trump-Vertraute Matt Gaetz aus Florida. Viele Konservative, die im Stillen so denken mögen, stimmten wohl dennoch für McCarthy. Prominente Trump-Republikaner wie die Abgeordnete Marjorie Taylor Greene aus Georgia hatten sich vorab demonstrativ hinter McCarthy gestellt – allein, es nützte ihm nichts.

Die umfangreichen Zugeständnisse, die McCarthy vor der Abstimmung an seine konservativen Kritiker gemacht hatte, zeigten keine Wirkung. McCarthy hatte unter anderem zugesagt, das in der Geschäftsordnung festgeschriebene Quorum für ein Misstrauensvotum gegen den Parlamentssprecher herabzusetzen. Bei den knappen Mehrheitsverhältnissen in der Kammer – die Republikaner haben nach den Wahlen im November lediglich eine Mehrheit von fünf Sitzen im Repräsentantenhaus mit 435 wahlberechtigten Mitgliedern – wäre er ein Sprecher auf Abruf, jederzeit erpressbar durch eine kleine Gruppe rechter Hardliner. Die Konservativen fordern auch mehr Einfluss für ihren Parteiflügel bei der Besetzung wichtiger Ausschussposten und wollen umfangreiche Untersuchungen zur Regierungsarbeit von US-Präsident Joe Biden, aber auch zum Privatleben und zu den Geschäftsbeziehungen seines Sohns Hunter Biden vornehmen.

Wie es in Washington weitergeht, ist bislang unklar. Das Repräsentantenhaus kann seine Arbeit nicht aufnehmen, bis eine Sprecherin oder ein Sprecher gewählt ist. Da für eine erfolgreiche Wahl nur die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen benötigt wird, ist denkbar, dass McCarthy irgendwann gewählt wird, wenn genügend Abgeordnete der Sitzung fernbleiben oder sich enthalten. Bei 20 fehlenden Stimmen ist dies aber eher unwahrscheinlich, denn die Fraktionsdisziplin bei den Demokraten war am Dienstag eisern. Auch eine Änderung des Wahlverfahrens wäre theoretisch möglich, doch für die Republikaner birgt dies das Risiko, dass der Demokrat Jeffries mit einfacher Mehrheit gewählt werden könnte.

Eher wahrscheinlich ist, dass McCarthy einige Skeptiker noch überzeugt oder dass sich die Parteiflügel der Republikaner auf einen Kompromisskandidaten einigen. Jordan, aber auch McCarthys designierter Vize, Steve Scalise, wären mögliche Ersatzkandidaten. Doch die grundsätzliche inhaltliche Entscheidung, ob sie mit Biden zusammenarbeiten oder Fundamentalopposition betreiben wollen, müssen die Republikaner wohl trotzdem fällen – ob als Kollektiv oder individuell. Falls die Fraktion weiter so zerstritten bleibt, wäre es für den Präsidenten wohl einfacher, einzelne Abgeordnete für Gesetzgebungsverfahren auf seine Seite zu ziehen. Die organisatorischen Hürden, Beschlüsse gegen den Willen des Sprechers zu treffen, sind zwar hoch, doch ist dies grundsätzlich möglich.

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