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Auf der nächsten Welle reiten
Alba Berlin hat nach einer Pleitenserie in der Basketball-Euroleague mit dem Sieg über Tabellenführer Baskonia die Wende geschafft
Erster gegen Letzter – im Profisport ist das fast immer eine vorhersehbare Sache. Wer in der Tabelle ganz oben steht, gewinnt derlei Duelle in der Regel ohne viel Spannung. Das dachten sich vermutlich auch viele Gelegenheitsfans von Alba Berlin, denn die Arena am Ostbahnhof war am Donnerstagabend ohne sie nicht einmal zur Hälfte gefüllt, als der deutsche Meister – mit zwölf Niederlagen bei nur vier Siegen Letzter in der Euroleague – die mit 11:5 Erfolgen beste Klubmannschaft Europas empfing. Doch in dieser Liga gibt es Überraschungen, und eine solche gelang Alba gegen Baskonia Vitoria-Gasteiz. Mit 85:84 siegten die Berliner in einer spannenden Endphase, in der knapp 6000 Zuschauer so laut wurden wie 15 000 in einer vollen Arena.
Die Vorleistungen hatten einen solchen Ausgang kaum möglich erscheinen lassen. In Europa hatte Alba von Oktober bis Ende Dezember zwölfmal in Serie verloren. Erst am Tag vor Silvester gelang Berlin der erlösende vierte Saisonsieg bei Asvel Villeurbanne. »Wir hatten eine sehr schwierige Phase mit Verletzungen und Krankheiten und oft verloren. Aber jetzt haben wir es geschafft, zurückzukommen und mal ein Spiel zu gewinnen«, erinnerte Nationalspieler Maodo Lô an den Sieg beim französischen Meister. »Das hat uns Motivation und ein bisschen Rhythmus gegeben.«
Es war offensichtlich eine Art Knotenlöser in einer Sportart, in der wie in kaum einer anderen oft das Team als Sieger vom Platz geht, das eine Partie mit mehr Selbstvertrauen und Intensität bestreitet. Wie wichtig der Sieg in Frankreich war, bestätigte auch Nationalmannschaftskollege Johannes Thiemann: Zuvor sei es immer schwieriger geworden, »die Überzeugung zu haben: Heute ist der Tag, an dem wir wieder gewinnen. Bei Villeurbanne zu sehen, dass wir auch in der Euroleague bestehen können, hat uns wieder einen Push gegeben.«
Alba hofft nun, dass der Pleitenserie eine Erfolgswelle folgt, so eine, wie sie Baskonia seit November geritten hatte: Wettbewerbsübergreifend hatten die Spanier seit November zwölf Siege in Folge gefeiert – bis sie von den Berlinern gestoppt wurden. »In den ersten drei Vierteln hat Alba in allen Situationen, in denen es um den größeren Willen geht, besser agiert als wir«, musste Baskonias Trainer Joan Peñarroya danach konstatieren. »Ich bin zumindest glücklich darüber, dass wir im letzten Viertel mit viel Charakter endlich dagegengehalten haben. Um so ein Spiel zu gewinnen, musst du aber vier solche Viertel zeigen und vor allem deinen letzten Ballbesitz besser ausspielen. Wir hatten am Ende zwei Chancen zum Sieg, die wir nur leider nicht getroffen haben. So ist das manchmal.«
In der Tat hätte Alba den Sieg trotz einer Zehn-Punkte-Führung Anfang des letzten Viertels beinahe noch aus der Hand gegeben. Erneut schlichen sich Fehler ins eigene Spiel. »Vor einer Woche hätten wir das Ding wahrscheinlich noch verloren«, mutmaßte Thiemann später. »Der Glaube daran, dass wir das schaffen können, war wohl das kleine Quäntchen, das gefehlt hatte.« Jetzt war es plötzlich wieder da.
Dabei hatte der Erfolg vor dem Jahreswechsel noch keinen sichtbaren Einfluss auf die Trainingsarbeit, wie Albas Trainer Israel González feststellte. »Da sind sowieso alle immer voll dabei. Die Jungs sind immer positiv geblieben. Aber im Spiel habe ich schon eine Änderung gespürt.« Auch im letzten Heimspiel kurz vor Weihnachten gegen Maccabi Tel Aviv habe man drei gute Viertel gezeigt. Als der Gegner dann aufholte, habe sich sein Team zurückgezogen, offenbar aus Angst vor der nächsten Niederlage. »Nicht so heute! Heute haben wir in der gleichen Situation weiter clever und hart verteidigt.« Herausragend war dabei der Block von Center Ben Lammers gegen Baskonias Top-Scorer Markus Howard drei Sekunden vor dem Ende. »Klar hätte das auch anders ausgehen können. Aber um gegen den Tabellenführer erst mal die Chance zu bekommen, mit einer letzten Abwehraktion zu gewinnen, muss man kämpfen und an sich glauben, und das haben wir heute getan.«
Die Mannschaft habe sich diesen Erfolg redlich verdient, so González. »Wir haben mit viel Pech einige knappe Niederlagen einstecken müssen. In anderen Klubs wären die Spieler vielleicht nervös geworden, aber hier haben alle die Ruhe bewahrt. Ich habe es schon oft gesagt: Wenn alle ihr Potenzial erreichen, können wir jedes Team in der Euroleague schlagen, aber wir können auch gegen jedes Team verlieren. Wir arbeiten nun mal am Limit.«
Der Zeitpunkt für den Wandel zum Positiven könnte kaum besser gewählt sein. Schließlich steht am Sonntag in der Bundesliga das Spitzenspiel gegen den langjährigen Hauptkonkurrenten an: Bayern München. »Das ist natürlich perfektes Timing«, freute sich Center-Spieler Thiemann. Doch auch die Münchner siegten am Donnerstagabend – sogar mühelos mit 84:68 gegen Panathinaikos Athen. »München ist immer ein starker Gegner, von daher wird das wieder schwer für uns, aber gegen die Bayern sind wir immer heiß auf einen Sieg.«
Der ist Theimann allerdings noch nicht besonders wichtig, auch wenn Alba seit dem Gewinn der Meisterschaft im Juni des vergangenen Jahres nicht mehr gegen die Münchner gewinnen konnte. »Das kann auch gern so bleiben. Hauptsache, wir gewinnen in den Playoffs am Ende das letzte Duell.« Die Formkurve der Berliner nimmt zumindest schon mal Ähnlichkeit mit jener aus der vergangenen Saison an. Trainer González wollte hingegen noch nicht einmal bis zum Sonntag denken. »Die Bayern sind mir noch egal. Erst mal feiere ich diesen Sieg. Wer weiß schon, wann der nächste kommt.«
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