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Fünf Punkte sind eine Faust

Nach den Silvesterkrawallen soll ein Maßnahmenpaket des Senats Repression und Prävention stärken

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 4 Min.
Auch zehn Tage nach der Silvesternacht wird noch aufgeräumt. Der Senat verkündete am Dienstag ein Maßnahmenpaket.
Auch zehn Tage nach der Silvesternacht wird noch aufgeräumt. Der Senat verkündete am Dienstag ein Maßnahmenpaket.

Nach den Angriffen auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht geht die Debatte um notwendige Konsequenzen weiter. In der Senatspressekonferenz am Dienstag stellte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) zusammen mit Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) ein Maßnahmenpaket mit fünf Punkten vor, auf die sich der Senat zuvor geeinigt hatte.

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Der erste Punkt: konsequente Strafverfolgung. In den vergangenen Tagen waren Rufe nach harten Strafen laut geworden. Besonders die Opposition forderte die Staatsanwaltschaft auf, schnelle Urteile zu sprechen. Doch auch die Innensenatorin bekräftigte noch im Innenausschuss am Montag: »Dass wir sehr schnelle Verfahren wollen, das steht außer Frage.«

In der Pressekonferenz stellte Justizsenatorin Kreck klar, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungsverfahren aus der Silvesternacht mit Priorität behandle. Eine eigene Spezialabteilung kümmere sich »zügig und ohne Pirouetten« um die aktuell 25 Verfahren, die Angriffe gegen Einsatzkräfte betreffen. Die zuständigen Staatsanwält*innen seien auf Gewalttaten bei sportlichen Großereignissen spezialisiert. »Die kennen die rechtlichen Fragen, wenn es um Menschenmassen oder den Einsatz von Pyrotechnik geht«, so Kreck.

Bereits am Montag hatte Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, die öffentlichen Ermahnungen der Justiz kritisiert. »Natürlich müssen die Angriffe bestraft werden, aber die Legende weiterzustricken, dass das in Berlin nicht passiert, ist gefährlich für den Rechtsstaat.« Kreck betonte in der Konferenz, dass insbesondere bei Jugendgewalt ohnehin eine rechtliche Verpflichtung zum beschleunigten Verfahren bestehe.

Nicht nur was die Strafverfolgung betrifft, auch bei Fragen der Polizeiausstattung setzt die Innensenatorin auf Law and Order. In der Pressekonferenz kündigte sie einmal mehr an, Bodycams flächendeckend einzuführen – zusammen mit Autokameras für die Feuerwehr ist das der zweite Punkt im Maßnahmenpaket. Mit 4000 Stück wolle sie Polizei und Feuerwehr ausstatten, am liebsten sofort, und die laufende Testphase mit lediglich 300 Kameras verkürzen. »Sachverstand ist immer sehr wichtig, dagegen habe ich nichts, aber wir müssen zu dem Mut kommen«, hatte sie am Montag gesagt.

Am Dienstag äußerte sie sich zumindest auf Nachfrage etwas verhaltener. »Wenn wir jetzt mitten im laufenden Doppelhaushalt mehr Bodycams anschaffen, brauchen wir außerplanmäßige Ausgaben«, gab sie zu. Und ja, diese Ausgaben müssten vom Haushaltsgesetzgeber, also vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Selbst wenn sie die geschätzten vier Millionen Euro für 4000 Bodycams bekäme, stünde zusätzlich eine Gesetzesänderung an. Aktuell erlaubt das Allgemeine Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) den Einsatz von Bodycams bis zum 1. April 2025. Giffey zitierte Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne), der vor einer entsprechenden Verlängerung ungern in die Kameras investieren würde. »Er wünscht sich natürlich, dass die Dinger nicht nach dem 1. April 2025 in der Asservatenkammer landen«, so Giffey.

Ob Spranger für das Geld sowie die ASOG-Änderung eine notwendige Mehrheit findet, ist nicht klar. Die Unterstützung aus den Koalitionsfraktionen hält sich bisher in Grenzen. »Wenn die Innensenatorin vier Millionen Euro sinnvoll investieren möchte, sollte sie die Landeskommission gegen Gewalt für konkrete Projekte in den betroffenen Quartieren stärken«, sagte etwa Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher der Grünen, zum nd-Newsletter »Muckefuck«. Abgesehen von den Kosten ist die Nutzung von Bodycams aus datenschutzrechtlicher Perspektive umstritten. In Hessen etwa, wo sie seit 2013 zum Einsatz kommen, sprechen Datenschützer*innen mittlerweile von einer Dauerüberwachung.

Weniger umstritten ist die Reform des Dienstunfallrechts, ebenfalls ein Vorschlag aus Sprangers Haus. Aktuell kann nur ein singuläres Ereignis als Ursache für eine Traumatisierung und anschließende Belastungsstörung dienen. »Aber wir wissen, dass eine Belastungsstörung auch aus einer Summe von Ereignissen kommen kann«, sagte der Feuerwehrchef Karsten Homrighausen im Innenausschuss.

Nach den ersten zwei Punkten folgen mit Punkt drei die bereits breit diskutierten Vorschläge für die Innenministerkonferenz. Berlin will dafür sorgen, dass auf Bundesebene zum einen das Waffenrecht so verschärft wird, dass es den Zugang zu Schreckschusspistolen deutlich einschränkt. Zudem soll ein flexibleres Sprengstoffgesetz den einzelnen Bundesländern erlauben, den Verkauf und Einsatz von Pyrotechnik selbständig zu limitieren.

»Nicht nur die Repression, auch die Prävention muss eine große Rolle spielen«, leitete Giffey schließlich zu den zwei letzten Punkten über. Auf einem kurzfristig einberufenen Jugendgipfel am Mittwoch sollen Ansätze diskutiert werden, um Jugendliche nicht zu Gewalttätern werden zu lassen. Denn dass drei Viertel der 154 Festgenommenen in der Silvesternacht unter 25 Jahre alt und in 27 Fällen sogar minderjährig gewesen seien, das gebe zu denken. Über das Treffen hinaus plane der Senat bereits Unterstützungsmöglichkeiten für Großsiedlungen und Quartiere mit hoher Armut, so Giffey. Wohin genau welche Gelder fließen sollen, stehe noch nicht fest, aber sie gehe von einer mehrstelligen Millionenhöhe aus.

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