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Verdi will Betriebsrat bei Ryanair
Billigflieger versucht, mit juristischen Tricks ein Mitbestimmungsgremium bei sich zu verhindern
Verdi lässt bei Ryanair nicht locker. Die Dienstleistungsgewerkschaft hat Anfang der Woche für den 24. Januar zu einer Beschäftigtenversammlung am Berliner Standort des irischen Billigfliegers eingeladen, wie »nd.derTag« aus Gewerkschaftskreisen erfuhr. Ziel der Veranstaltung ist es, einen Wahlvorstand zu wählen, um Betriebsratswahlen einzuleiten. Es wäre der erste Betriebsrat in dem Unternehmen.
Ryanair gilt als ein besonders gewerkschafts- und mitbestimmungsfeindliches Unternehmen. »Es ist überfällig, dass dem fliegenden Personal bei Ryanair und seinen diversen Fluggesellschaften das Recht auf betriebliche Mitbestimmung nicht länger vorenthalten wird. Nur so lassen sich auch die Arbeitsbedingungen bei diesen Billig-Airlines wirksam verbessern«, sagte der gewerkschaftspolitische Sprecher der Linken im Bundestag, Pascal Meiser, gegenüber »nd.derTag«. »Die mutigen Flugbegleiterinnen, die jetzt in Berlin einen Betriebsrat gründen wollen, haben daher meine volle Unterstützung.«
Auch bei der SPD macht man sich für eine Betriebsratsgründung bei dem Billigflieger stark. »Die Firmenphilosophie bei Ryanair besteht aus Angst und Druck. Bereits 2019 wurde bekannt, wie das Unternehmen systematisch das deutsche Arbeitsrecht aushöhlt und untergräbt«, erklärte die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe. Ryanair habe sich »an die Spielregeln in unserem Land zu halten, die Beschäftigten brauchen schnellstmöglich einen Betriebsrat«.
So beschloss der Bundestag im Jahr 2018 eine »Lex Ryanair«. Dies war eine Änderung des Paragrafen 117 des Betriebsverfassungsgesetzes, die bei Fluggesellschaften Betriebsratsgründungen auch gegen den Willen der Konzerne ermöglichte. Zuvor war dafür ein Tarifvertrag nötig, was eine Besonderheit der Branche war.
Verdi hatte bereits im Dezember zu einer Beschäftigtenversammlung eingeladen. Dagegen ging die Airline, die in Deutschland unter ihrer Tochtergesellschaft Malta Air firmiert, juristisch vor. Nachdem das Arbeitsgericht Cottbus den Antrag von Ryanair auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückwies, gab das Landesarbeitsgericht Berlin dem Konzern recht. Auch bei der jetzigen Einladung ist laut Verdi mit einer juristischen Reaktion zu rechnen.
»Wir müssen uns leider darauf einstellen, dass die Arbeitgeberin erneut ein rechtliches Katz-und-Mausspiel betreiben wird«, sagte Verdi-Sekretärin Antje Dieterich gegenüber »nd.derTag«. Für die Aktiven vor Ort könnten solche Manöver sehr ermüdend sein. »Wir erleben aber zur Zeit, dass den Kolleginnen und Kollegen viel Solidarität gezeigt wird, von Betriebsräten und Beschäftigten aus ganz unterschiedlichen Betrieben«, so Dieterich. Dieses Taktieren, mit dem die demokratische Mitbestimmung verhindert werden soll, habe in dem Fall Malta Air eher noch mehr Beschäftigte motiviert.
Ryanair betreibt an verschiedenen Flughäfen in Deutschland sogenannte Basen. Am Standort des Flughafens Berlin-Brandenburg sind rund 50 Cockpit- und 270 Beschäftigte stationiert. Trotzdem argumentiert das Unternehmen unter anderem, dass es keinen Betrieb in Deutschland unterhalte und deswegen eine Wahl eines Betriebsrats nach deutschem Recht nicht infrage komme, wie aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts Cottbus hervorgeht. »Als es um finanzielle Hilfe in Form von Kurzarbeitergeld ging, hat Malta Air, wie Ryanair in Deutschland formal heißt, wortreich dargelegt, dass sie einen Betrieb in Deutschland haben. Daran mögen sie sich jetzt nicht mehr erinnern«, kommentiert Gewerkschafterin Dieterich diese Argumentation.
Das Landesarbeitsgericht Berlin wiederum begründete seinen Spruch zugunsten des Konzerns damit, dass die Einladung für die Beschäftigtenversammlung im Dezember zu kurzfristig erfolgt sei. Es sei glaubhaft, dass die Airline keine ausreichende Möglichkeit hatte, ihren Flugbetrieb entsprechend anderweitig zu organisieren, so das Gericht. Ryanair hatte diesbezüglich behauptet, dass die Durchführung der Veranstaltung an einem Nachmittag zehn Flüge unmöglich gemacht hätte und so ein Schaden in Millionenhöhe entstanden wäre.
Diesem Argument will Verdi nun entgegnen, indem sie längerfristig zur neuen Belegschaftsversammlung einlädt. »Für unsere erneute Einladung haben wir jetzt 14 Tage Vorbereitungszeit gewählt«, so Dieterich. »Vor dem Hintergrund, dass das Unternehmen bei den letzten Streiks etwa zwei Tage brauchte, um ausreichend Beschäftigte aus seinem europäischen Netzwerk nach Deutschland zu bringen, können diese 14 Tage eigentlich nicht erneut kritisiert werden.«
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