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Polnische Justiz verlängert U-Haft
Dem spanischen Journalisten Pablo González Yagüe wird Spionage für Russland vorgeworfen
Die Frau des baskischen Journalisten Pablo González hat »nichts anderes als ein Nein« angesichts des bisherigen Verhaltens der polnischen Justiz erwartet. Das erklärte Oihana Goiriena im Interview mit Radio Euskadi. Dass das Berufungsgericht im polnischen Rzeszów die Untersuchungshaft ihres Mannes am Dienstag bis zum 23. Februar verlängert hat, überraschte sie nicht. Das Gericht lehnte den Antrag der Verteidigung gegen die letzte Verlängerung der U-Haft ab. Der Journalist, der am 27. Februar 2022 in Polen festgenommen wurde und seither inhaftiert ist, wird also mindestens ein Jahr in Isolationshaft verbringen, ohne dass Anklage gegen ihn erhoben oder Beweise für die Vorwürfe vorgelegt wurden. Seit seiner Inhaftierung unterliegt er einer strengen Kontaktsperre und die Ermittlungen werden geheim geführt. Die polnische Justiz wirft ihm vor, er habe für Russland spioniert, wofür ihm in Polen bis zu zehn Jahre Haft drohen.
Bei den Haft-Verlängerungen ist unter anderem mit »Fluchtgefahr« angesichts der hohen Haftstrafe argumentiert worden. Nun werde vor allem auf »Verdunkelungsgefahr« abgestellt, erklärt sein Madrider Vertrauensanwalt Gonzalo Boye gegenüber »nd«. Die polnische Justiz sieht das »Risiko, dass Pablo die Ermittlungen behindern könnte«. Der Vertrauensanwalt, dem die polnische Justiz bisher jegliche Kommunikation mit seinem Mandanten untersagt, erklärt: »Das ist nach einem Jahr absurd, denn entweder haben sie etwas ermittelt oder sie haben nichts.« Für Boye ist deshalb klar, dass die polnische Justiz »nichts« gegen seinen Mandanten hat.
So sieht das auch dessen Frau. »Die haben Mist gebaut und wissen jetzt nicht mehr, wie sie aus der Sache herauskommen sollen.« Das ist auch die Einschätzung von Piotr Niemczyk. Der Ex-Direktor des polnischen Geheimdienstes hatte schon bald nach der Verhaftung in einem Beitrag für die »Gazeta Wyborcza« geschrieben, dass sich seine ehemaligen Kollegen »lächerlich« machen würden. Kein russischer Dienst würde es einem Spion erlauben, zwei Pässe mit sich zu führen, schon gar keinen für ein Land, für das er spioniert.
Auf der Tatsache, dass der 1982 in Moskau geborene Journalist einen russischen und einen spanischen Pass hat, basiert das Spionage-Konstrukt. Dabei ist längst geklärt, dass die Pässe nicht gefälscht sind, wie zunächst behauptet wurde. Im russischen Pass wird González unter dem Namen seines Vaters als Pavel Rubtsov geführt. Geklärt ist längst auch, dass die monatliche Überweisung aus Russland von seinem Vater stammt. Der hat in Moskau eine Wohnung vermietet und unterstützt mit einem Teil der Einnahmen seinen freischaffenden Sohn.
Sein Vertrauensanwalt ist überzeugt, dass der Journalist dafür inhaftiert wurde, weil er Informationen verbreitet hat, die nicht zur politischen Linie passen. Vor seiner Verhaftung hatte er ab 2014 sieben Recherchereisen unternommen, die ihn seit Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen auch in den Osten der Ukraine geführt haben, wo er auf beiden Seiten recherchierte. Dabei war stets der galicische Fotograf Juan Teixeira. »Es hätte auch mich treffen können«, erklärt Teixera. Seit fast einem Jahr hat er keinen Kontakt mehr zu seinem Freund. Er hat ihm Briefe geschrieben, von denen er nicht weiß, ob sie jemals angekommen sind. Dass die beiden im Osten recherchiert und von dort berichtet haben, hat in der Ukraine vielen nicht gefallen, weshalb González auch schon vom ukrainischen Geheimdienst vernommen worden war.
Zehn Monate war die Kontaktsperre fast absolut. Nicht einmal zu Geburtstagen oder zu Weihnachten durfte der Journalist mit seinen drei Kindern telefonieren. Die polnischen Behörden hatten im November auch »ohne jede Begründung« einen Besuchsantrag des Linke-Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko abgelehnt. Er wollte González im Rahmen seiner Tätigkeit für den Europarat besuchen und kündigte gegenüber »nd« an: »Ich werde den Fall als europapolitischer Sprecher sowohl in der EU als auch in Europaratsdebatten ansprechen.«
Der wachsende internationale Druck führte dazu, dass Frau González ihren Mann nach zehn Monaten erstmals besuchen durfte, erzählt Boye. Die berichtete, dass ihr Mann abgemagert sei und unter der Isolation und der Kälte stark leide. Boye hatte sie nach Polen begleitet und dort eine neue Verteidigungsmannschaft aufgestellt. »Jetzt haben wir eine flüssige Kommunikation«, erklärt er. Er geht davon aus, dass »eher früher als später alles aufgeklärt wird«. Der Blick der Familie und der Verteidigung richtet sich nun auf den Haftprüfungstermin am 23. Februar.
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