Wiedereinstieg mit Wellness

Winterurlaub nach drei Jahren Pause. Wie fühlt sich das an?

  • Geraldine Friedrich
  • Lesedauer: 4 Min.
Blick auf Laax vom Baumwipfelpfad aus
Blick auf Laax vom Baumwipfelpfad aus

Wie gehen bloß diese Schuhe zu?», flucht die Mutter. Vor fünf Jahren fing die 51-jährige mit Ski alpin an, kam seinerzeit die blaue Piste einigermaßen anständig im Parallelschwung hinab. «Seinerzeit» war vor drei Jahren in Bernau im Schwarzwald. Danach war entweder keine Zeit, kein Schnee oder Corona. Nun steht sie auf 1644 Meter Höhe an der Station Curnius oberhalb des Örtchens Laax und soll die vielleicht 200 Meter bis zum Sessellift, der sie auf den gut 2200 Meter hohen Crap Sogn Gion bringt, überwinden – per Ski, versteht sich. Der Vater hilft dem zwölfjährigen Sohn, der am liebsten gleich lospesen will. Kleines Zwischenfazit: Wenn Interessen und Können zu unterschiedlich sind, hilft nur eins: sich aufteilen. Die Männer düsen vorneweg, Mama Geraldine lässt es gemütlich angehen und fährt ab Crap Sogn Gion (= Felsen des heiligen Johannes) über die Alp Dado 600 Höhenmeter zum Curnius in ihrem Tempo hinab. Man sieht sich schließlich wieder beim Mittagessen im Berg-Restaurant Capalari. Tipp: Dort die «Raveuls grischuns cun sdremas da puolpa» bestellen. Das ist rätoromanisch und bedeutet so viel wie «Bündner Ravioli mit Bündnerfleisch-Streifen», die Ravioli enthalten zudem Kartoffeln, Birne, Bergkäse und Eier.

Reiseinfos
  • Allgemein: www.graubuenden.ch, www.laax.com
  • 1 Euro = 1 Schweizer Franken
  • Anreise: Per Bahn ab Berlin 10 Stunden, per Auto etwa 9 Stunden. Vignette für Schweizer Autobahnen 40 CHF (erhältlich am Zoll).
  • Übernachten: Ü/F im »Wellnesshostel 3000« pro Erwachsenen ab 60 CHF im Vierbettzimmer, pro Kind zwischen 6 und 12 J. ab 28 CHF, zwischen 2 und 5 J. ab 15 CHF. Parken: 15 CHF pro Tag. Hallenbad mit 25-Meter-Becken, Kleinkindbereich und Rutsche sind inklusive, Wellness und Fitnessstudio pro Person und Tag 13 CHF. Auch tageweise vor Ort buchbar. Einlass ab 14 J. www.youthhostel.ch/de/hostels/laax-wellness-hostel-3000
    Ferienwohnung: www.flimslaax.com/ferien-buchen/ferienwohnungen
  • Essen + Trinken: Familien fahren günstig mit der Halbpension im Hostel. Kosten pro Erw. 19,50 CHF, für Kinder zwischen 6 und 12 J. 14,50 CHF, 2 bis 5 J. 8,50 CHF.
  • Baumwipfelpfad: Eintritt 16 CHF für Erwachsene, 8 CHF für 6 bis 17 J. www.flimslaax.com/naturerlebnisse/baumwipfelpfad
  • Skipass: 3 Tage ab 154 CHF, Kinder bis 12 J. 67 CHF; 6 Tage ab 360 CHF; Kinder bis 12 J. 144 CHF
    www.flimslaax.com/oeffnungszeiten-tickets

    Graubünden, flächenmäßig der größte Kanton der Schweiz, ist neben dem Wallis, der beliebteste Ferien-Kanton und übrigens der einzige mit drei Amtssprachen: Deutsch, Rätoromanisch und Italienisch. Im Sommer sind mit der Buchung einer Unterkunft meist die Bergbahnen vor Ort in der Gästekarte enthalten. Das ist praktisch, wenn man gerne bergauf wandert, aber beispielsweise wegen der Knie bergab lieber fährt. Im Winter kosten die Ski-Pässe logischerweise Geld, dafür erhält man neben dem Transport nach oben auch gepflegte Pisten und eine ausgefeilte Gondel- und Liftlogistik. Wer es beispielsweise als Anfänger oder bekennender Langsam-Fahrer geschickt anstellt, kann im Skigebiet Flims-Laax-Falera mit insgesamt 224 Pistenkilometern von 2810 Meter Höhe ausschließlich blaue Pisten bis zur Talstation Falera, dem Nachbarort von Laax, fahren und damit fast 1600 Höhenmeter meistern. Eine Besonderheit des Skigebiets ist, dass man auf gut 3000 Metern auf einem Gletscher – dem Vorabgletscher – fahren kann. Den Pistenplan gibt’s per App, aber bei Minusgraden schont die Papier-Variante Finger und Handy vor Kälte.

    An einem Vormittag lässt die Familie aber die Ski im Keller der Jugi, wie die Schweizer ihre Jugendherbergen liebevoll nennen, stehen und mietet sich stattdessen drei Schlitten, um ab der Station Curnius sitzend, wahlweise in Bauchlage, eine präparierte Schlittelpiste hinabzubrettern. Dauer: 20 bis 30 Minuten. Tempo und Fahrtrichtung lassen sich in Sitzposition per Füße (bei Bauchlage per Hände) regulieren. Der Trick: Anders als etwa beim Paddeln fährt der Schlitten nicht in die entgegengesetzte Richtung, sondern in Richtung des Fußes, der steuert. Die Sichtweite dank Nebel von nur 10 bis 15 Metern bietet zusätzlichen Nervenkitzel oder wie Tim es formuliert: «Wir fahren in die Schneehölle.»

    Falls der Nachwuchs abends noch nicht müde gespielt ist, steht natürlich das Hallenbad an. Das der Gemeinde Laax gehörende Bad klebt direkt an der Jugendherberge mit dem Namen «Wellnesshostel 3000». Eigentlich ist es aber umgekehrt, denn «die Badi» existiert schon seit den 1980er Jahren und damit lange vor der Unterkunft. Als das Hallenbad in die Jahre kam und eine Sanierung unausweichlich wurde, entschloss sich die Gemeinde gemeinsam mit den Schweizer Jugendherbergen zum ganz großen Wurf: Sie investierten neben der Badsanierung in eine Edel-Jugendherberge samt 835 Quadratmeter großem Wellnesstempel mit dem Namen «Aua grava». Kosten insgesamt: 17,5 Millionen Franken. Der Zugang liegt nur eine Etage unterhalb des erst im Dezember 2020 eröffneten Hostels und bietet in schlicht-elegantem Naturstein-Ambiente zwei Saunen, ein Dampfbad, Eisregen, Eisbecken und Heißbecken. Tim darf mit seinen zwölf Jahren zwar noch nicht rein, weiß sich aber durchaus im Familienzimmer zu beschäftigen, während die Eltern abends das lila durchflutete Wellness-Areal besuchen.

    Das familienfreundliche Hostel hat übrigens so gar nichts gemein mit den Jugendherbergen, wie man sie aus eigener Kindheit vielleicht noch kennt. Klar gibt es ein Stockbett auf dem Familienzimmer, dessen oberes Bett der Junior umgehend okkupiert. Natürlich gibt es auch keinen Fernseher. Und natürlich zieht jeder seine Betten am Ende ab. Damit hat es sich dann auch. Die schicke Lobby der Jugendherberge ist zugleich auch Aufenthaltsraum für abends, die Rezeption verleiht kostenlos Gesellschaftsspiele, und für Bücherwürmer gibt es eine Lounge-Ecke mit kleiner Bibliothek und riesigen Panoramafenstern auf die Bündner Bergwelt.

    Stichwort Panorama: Gemütlich begeht die Familie den erst im Juli 2021 eröffneten Baumwipfel-Pfad, der mit knapp 1,6 Kilometern sogar bis dato der längste der Welt sein soll. Der Weg startet nur zehn Gehminuten von der Jugendherberge entfernt, ist dank Aufzug barrierefrei und lässt sich in beide Richtungen begehen. Prompt kommt auch eine Mutter mit Kinderwagen entgegen. Der Eintritt enthält einmal Rutschen in der Spiral-Rutsche, die sich im Turm Murschetg und damit aus Jugendherbergs-Perspektive am Ende des Baumwipfelpfads befindet. Der liegt übrigens direkt neben der Talstation in Laax am Ende der Skipiste. Auf zur nächsten Abfahrt!

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