- Politik
- Klimaaußenpolitik der Ampel
Lackmustest im Senegal
Ampel erarbeitet Strategie für Klimaaußenpolitik und will Förderung von Gasprojekten nicht ausschließen
Eine Neuerung der Ampel-Koalition ist, dass die Zuständigkeit für die internationale Klimapolitik ins Außenamt gewandert ist. Beim letzten Weltklimagipfel schwärmte manches Magazin schon vom »Power-Duo« von Ministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihrer Klima-Sonderbeauftragen, der ehemaligen Greenpeace-Aktivistin Jennifer Morgan. Das Außenamt will bald einen Entwurf für eine deutsche Strategie zur Klimaaußenpolitik vorlegen. Das kündigte Morgan vergangene Woche bei einem Fachgespräch der Grünen an. Der Text soll im Februar in die Ressortabstimmung gehen und Anfang Mai vor dem nächsten Petersberger Klimadialog vom Kabinett beschlossen werden. Die Strategie decke, so Morgan, den Zeitraum bis 2035 ab und stehe gleichberechtigt neben der Nationalen Sicherheitsstrategie. Querbezüge werde es auch zu den Leitlinien für eine feministische Außenpolitik geben.
Verankert sind im Entwurf bis dato sechs Handlungsfelder, darunter, das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten und die Klimaemissionen bis 2030 global zu halbieren. Weiter gelte es, die Verletzlichsten vor Klimarisiken zu schützen, Wirtschaft, Industrie und Handel zukunftsfähig und klimagerecht zu machen, globale Finanzströme umzulenken sowie öffentliches wie privates Kapital für den Übergang zu sichern. Nicht zuletzt sollen natürliche Ökosysteme geschützt und nachhaltig genutzt werden.
Wer öffentlich über deutsche Klimaaußenpolitik spricht, stößt aber auf etwas anderes: das Erdgasprojekt im Senegal, das als Lackmustest gilt, wie ernst diese Politik zu nehmen ist. Beim Fachgespräch wich Morgan einer direkten Stellungnahme aus. Zur Öl- und Gasförderung im Ausland gebe es derzeit keine detaillierte Position der Bundesregierung, sagte sie und verwies auf die Elmauer G7-Erklärung, die Kriterien für Ausnahmen bei fossilen Investitionen im Ausland bestimmt habe, darunter die Bedingung, solche Projekte dürften das 1,5-Grad-Ziel nicht gefährden. Offen sei unter den G7-Staaten aber noch, räumte die Staatssekretärin ein, ob es dabei kriegsbedingte Ausnahmen geben könne.
Bisher rechtfertigt die Bundesregierung das geplante Projekt damit, dass sich aus der Gasförderung vor der Küste für das westafrikanische Land eine Infrastruktur entwickelt, über die sich seine Bürger mit eigenem Erdgas versorgen könnten. Das hält Kira Vinke für nicht glaubhaft. Laut der Expertin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik würde es Deutschland gut anstehen, auch international auf die Erneuerbaren-Karte zu setzen, selbst wenn es in manchen Ländern Gas-, Öl- oder Kohlevorkommen gebe. Vinke, die das Zentrum für Klima und Außenpolitik der Berliner Denkfabrik leitet, meint, die Klimaaußenpolitik-Strategie müsse die gegebene Zusage bekräftigen, dass es keine Außenförderung fossiler Infrastrukturen durch deutsche Kredite oder Ähnliches geben wird. Deutschland bekenne sich zum 1,5-Grad-Limit, schaffe es aber nicht, die nötigen Emissionsminderungen innen- wie außenpolitisch herbeizuführen, kritisierte Vinke.
Jürgen Trittin, außenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, wies bei dem Fachgespräch indirekt auf die Fragwürdigkeit des Senegal-Projekts hin. Die Wirksamkeit der Strategie werde sich auch daran zeigen, ob die G7 ihren Beschluss vom Glasgower Klimagipfel 2021 erst nehme, keine Investitionen in fossile Infrastruktur im Ausland zu tätigen, sagte er. Allerdings schloss auch Trittin nicht aus, dass es kriegsbedingte Ausnahmen vom 1,5-Grad-Ziel geben könne.
Seine Fraktionskollegin Lisa Badum erklärte, die Grünen-Fraktion heiße den Senegal-Deal nicht gut. Ähnliches gelte für das Wirtschaftsministerium. Minister Robert Habeck war bei einer öffentlichen Fragestunde des Portals »Europe Calling« ebenfalls zum Senegal befragt worden. Schaue man sich die für den Weltmarkt prognostizierten Erdgas-Mengen und deren Zuwächse an, würden zusätzliche Projekte wie im Senegal nicht gebraucht, antwortete der Minister.
Badum will den Senegal-Deal stoppen. Dazu werde sie eine politische Initiative starten. Sie setze sich für eine Energiepartnerschaft mit Senegal ein, die zu 100 Prozent auf erneuerbaren Energien basiert. Es gehe ihr nicht nur um die in Glasgow eingegangene Verpflichtung, die Finanzierung fossiler Energieträger zu beenden, gegen die Kanzler Olaf Scholz verstoßen wolle. »Wenn das 1,5-Grad-Ziel noch erreichbar bleiben soll, müssen Kohle, Öl und Gas im Boden bleiben«, betonte Badum.
Auch das Entwicklungsversprechen an die senegalesische Bevölkerung überzeugt Badum nicht, die im Januar das Land besucht hat. »Die Gespräche vor Ort – unter anderem mit der Energieministerin des Landes, mit Fischern und Wissenschaftler*innen der Universitäten – ergaben, dass wir dem Senegal keine Entwicklungschancen nehmen, wenn es keinen Gasdeal mit Deutschland gibt«, bilanziert sie. Der Grünen-Politikerin schwebt eine »Just Energy Transition Partnership« der G7 mit dem Senegal vor. Diese könnte bald abgeschlossen werden. Deutschland und Frankreich sollten dabei als G7-Verhandlungsführer auf eine Energiepartnerschaft abzielen, die auf 100 Prozent Erneuerbare hinarbeitet.
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