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  • Fußball-WM der Frauen

Geschacher um die Fußballerinnen

Absurder Kampf um die Übertragungsrechte für die WM 2023

  • Frank Hellmann, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 4 Min.
Chloe Kelly (2.v.r.) erzielte Englands Siegtor gegen die DFB-Frauen. Das EM-Finale hatte in Deutschland mehr TV-Zuschauer als jedes WM-Spiel der Männer in Katar.
Chloe Kelly (2.v.r.) erzielte Englands Siegtor gegen die DFB-Frauen. Das EM-Finale hatte in Deutschland mehr TV-Zuschauer als jedes WM-Spiel der Männer in Katar.

Regelmäßig sendet der Fußballweltverband Fifa Nachrichten rund um den Erdball, um das nächste Großereignis unter seiner Hoheit zu bewerben. So seien bereits mehr als eine halbe Million Tickets für die Weltmeisterschaft der Frauen 2023 in Australien und Neuseeland verkauft. Generalsekretärin Fatma Samoura beschwor »die fantastische Anziehungskraft des Frauenfußballs und die Leidenschaft, die er auf der ganzen Welt hervorruft«.

Unter den zehn Nationen mit dem höchsten Interesse befindet sich nach den beiden Gastgebern, USA, England und Katar sogar Deutschland an sechster Stelle. Die deutschen Fußballerinnen wollen als Vizeeuropameister im kommenden Sommer, vom 20. Juli bis zum 20. August, in Down Under nach dem dritten Stern greifen. Allerdings ist bis heute nicht einmal gesichert, dass ARD und ZDF diese WM auch übertragen.

Für die europäischen Kernmärkte in England, Frankreich und Deutschland kam noch kein Abschluss für das erstmals mit 32 Teams ausgespielte Turnier zustande. Erst am 12. Januar hatte der Weltverband zur Ausschreibung in Deutschland verkündet, dass die Medienunternehmen doch »durch finanzielle Mittel zur schnelleren Entwicklung und Förderung des Frauenfußballs beitragen« sollten. Die Angebotsfrist endet Mitte Februar. Dass ein halbes Jahr vor einer WM die Fernsehverträge noch nicht stünden, sei »sehr ungewöhnlich«, heißt es. Im Herbst hatte die Fifa einen Abschluss mit 28 europäischen Gebieten vermeldet, darunter fast überwiegend kleinere Länder, etwa die Schweiz und Österreich.

Klar ist, dass die Öffentlich-Rechtlichen in Deutschland die Vergabe herbeisehnen. »Natürlich interessieren wir uns für die Rechte«, sagt ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Doch ein Erwerb müsse auch »wirtschaftlich darstellbar« sein. Es könnte noch auf einen zähen Poker hinauslaufen, der sich über mehrere Runden erstreckt. ARD und ZDF sollen rund 215 Millionen Euro für das Paket der WM der Männer 2022 in Katar bezahlt haben, in dem die WM der Frauen 2019 in Frankreich enthalten war.

Durch die erstmalige separate Vergabe will der Weltverband offenbar die Einnahmen signifikant nach oben schrauben. Fifa-Präsident Gianni Infantino hatte im vergangenen Oktober am Rande der Auslosung in Auckland bereits die angeblich zu niedrigen Gebote kritisiert. Diese seien »100 Mal weniger, manchmal sogar mehr als 100 Mal weniger« als für die Männer-WM 2022 in Katar. »Das ist nicht akzeptabel«, schimpfte der Schweizer.

Doch was ist ein marktüblicher Preis? Zumal, wenn am anderen Ende der Welt und wegen der weit entfernten Spielorte immense Produktionskosten entstehen und wegen der Zeitverschiebung die Spiele nicht zur Primetime laufen. Die drei Gruppenspiele der DFB-Fußballerinnen gegen Marokko in Melbourne, gegen Kolumbien in Sydney und gegen Südkorea in Brisbane werden zwar Ortszeit um 18.30, 19.30 und 20 Uhr angepfiffen – in Deutschland ist es dann aber 8.30, 9 und 10 Uhr morgens. Eine Rekordquote wie beim EM-Finale England gegen Deutschland aus dem vergangenen Sommer mit 17,9 Millionen Zuschauern in der ARD – mehr Zuspruch als jedes Spiel der Männer-WM in Katar – ist damit völlig utopisch.

Wo die Schmerzgrenze für ARD und ZDF liegt, ist nicht bekannt. Aber es zeichnet sich ab, dass Bezahlsender wie Sky oder Magenta mitbieten, die beide vermehrt in den Fußball der Frauen investieren. Juristisch ist nicht ganz eindeutig geklärt, ob für die Frauen dasselbe gilt wie für die Männer: Der Rundfunkstaatsvertrag schreibt vor, dass bei einer WM die Spiele mit deutscher Beteiligung, das Eröffnungsspiel, die Halbfinalpartien und das Endspiel im frei empfangbaren Fernsehen gezeigt werden müssen. Auch die Fifa kann eigentlich kein Interesse haben, dass eine Frauen-WM in reichweitenstarken Nationen im Nischenprogramm und Pay-TV verschwindet.

Zum ersten Mal hatten ARD und ZDF 2011 in Deutschland alle Spiele einer Frauen-WM live gezeigt. Von der jüngsten Europameisterschaft in England gab es alle Partien entweder im Fernsehen oder im Livestream bei ARD und ZDF. Käme es mit diesen Anstalten zu keiner Einigung, würde das Streben nach mehr Sichtbarkeit einen schweren Rückschlag erleiden. Gerade hat der DFB erreicht, dass Länderspiele möglichst nicht mehr im Nachmittagsprogramm, sondern in den Abendstunden laufen. So wird das nächste Freundschaftsspiel gegen Schweden am 21. Februar live im ZDF um 18.15 Uhr ausgestrahlt. Zudem hat die Sportrechteagentur SportA für ARD und ZDF kürzlich das Recht zur Übertragung von zehn Livespielen aus der Frauen-Bundesliga ab der kommenden Saison erworben. Da würde es noch weniger passen, wenn ausgerechnet im Sommer die Fußballerinnen bei der WM nicht im Ersten und Zweiten zu sehen wären.

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