Wo ist der FC Bayern?

Der Rekordmeister aus München und seine Fußballer suchen sich gerade selbst

  • Maik Rosner, München
  • Lesedauer: 4 Min.
Gerade nicht obenauf: Serge Gnabry und der Rekordmeister aus München
Gerade nicht obenauf: Serge Gnabry und der Rekordmeister aus München

Am Dienstag konnte der FC Bayern nach seinem Fehlstart in der Bundesliga mit den drei Unentschieden in Leipzig sowie gegen Köln und Frankfurt mal wieder einen Erfolg vermelden, allerdings nur auf dem Transfermarkt. Außenverteidiger João Cancelo wurde am letzten Tag der Wechselperiode von Manchester City ausgeliehen, obwohl Hasan Salihamidzic jüngst angekündigt hatte, nichts mehr zu unternehmen. Doch nun fühlte man sich dazu offenbar gezwungen. »Kreativität, Spielwitz, Dynamik und Vorwärtsdrang« soll der 28-jährige Portugiese dem Sportvorstand zufolge einbringen – also all das, was den Münchnern zuletzt fehlte.

»Wir erhoffen uns Großes von João Cancelo«, sagte Salihamidzic. Er wolle mehr spielen als zuletzt unter Pep Guardiola, erklärte Cancelo, er fühle sich sofort »absolut startbereit«. Dass Trainer Julian Nagelsmann die Leihe als »sehr spontan« bezeichnete, fügt sich in den jüngsten Eindruck von Hektik und Unruhe beim FC Bayern. Cancelo schließt sich den Münchnern zunächst bis zum Saisonende an. Darüber hinaus besteht eine Kaufoption, die die Bayern teuer zu stehen käme. Angeblich wurden mit Manchester City 70 Millionen Euro als Ablöse vereinbart, sofern es zu einer festen Verpflichtung des portugiesischen Nationalspielers kommen sollte.

Schon an diesem Mittwoch im Achtelfinale des DFB-Pokals in Mainz könnte Cancelo spielen. Er ist nach dem vereinslosen und ablösefreien Defensiv-Allrounder Daley Blind und Torhüter Yann Sommer, der für acht Millionen Euro Ablöse plus möglicher Boni aus Mönchengladbach geholt worden war, der dritte Neuzugang in diesem Winter. Das Trio wurde als Reaktion auf die langfristigen Ausfälle von Manuel Neuer, Lucas Hernández und Noussair Mazraoui verpflichtet. Blind ist, anders als Sommer, bislang noch nicht eingesetzt worden. Nun hoffen die Münchner, mit Cancelo ihre Dauerbaustelle hinten rechts geschlossen zu haben.

Die Debatte um die Rechtsverteidiger ist aber nur eines der vielen Themen, die den Rekordmeister beschäftigen. Zum umfangreichen Diskussionsstoff zählt der Skiunfall von Nationalkeeper und Kapitän Neuer nach der WM und die Sorge, in welcher Verfassung er nach seiner schweren Verletzung zurückkehren wird. Es folgte jüngst die Freistellung des Torwarttrainers Toni Tapalovic, zugleich Neuers engster Vertrauter. Der 42-Jährige war 2011 mit Neuer vom FC Schalke 04 zu den Bayern übergelaufen. Der Torwart hatte den Verbleib von Tapalovic vor seiner letzten Vertragsverlängerung zur Bedingung gemacht.

Nun gab es sogar Spekulationen, ob die langjährige Nummer eins demontiert werden soll. Der Verein widersprach energisch. Man habe sich von Tapalovic getrennt, weil es wiederholt zu Differenzen zwischen dem Torwarttrainer und Nagelsmann gekommen sei. Der Chefcoach ließ ein gestörtes Vertrauensverhältnis durchblicken. Und dann war da ja noch die öffentliche Rüge für Serge Gnabry. Der Offensivspieler hatte einen freien Tag genutzt, um die Fashion Week in Paris zu besuchen und sich dort als Fotomodel zu versuchen. »Amateurhaft«, tadelte Salihamidzic bemerkenswert scharf. Es wirkte, als wolle da jemand öffentlich Stärke demonstrieren. Manche Beobachter und Experten vermissten das Maß dabei.

Neben dem erkennbar angekratzten Selbstvertrauen stützt das Bild eines aufgewühlten Vereins auf der Suche nach Orientierung und sich selbst auch, dass Oliver Kahn das Team nicht mehr wiedererkennen wollte, nachdem es gegen Frankfurt kaum Torchancen erspielt hatte. Es sei eine völlig andere Mannschaft als vor der WM, befand der Vorstandsvorsitzende. Das Pokalspiel »kommt zum richtigen Zeitpunkt« und sei »genau das, was die Mannschaft jetzt braucht«, meint Kahn. Er habe »vollstes Vertrauen, dass wir relativ schnell wieder auf unseren Erfolgsweg zurückkommen«. Das klang etwas bedrohlich. Thomas Müller sagte, man wolle versuchen, »den Wutmotor anzuwerfen«, man habe »ja gar keine andere Wahl, als zu gewinnen«. Präsident Herbert Hainer erinnerte daran, dass das Spiel in Mainz eine »große Bedeutung« für den FC Bayern habe, der Pokal sei »unheimlich wichtig«.

Zuletzt waren die Münchner zweimal in Runde zwei rausgeflogen. In der vergangenen Saison folgte der 0:5-Klatsche in Mönchengladbach das ebenfalls frühe und schmerzhaftere Aus im Viertelfinale der Champions League beim FC Villarreal. In zwei Wochen steht das diesjährige Achtelfinale der Königsklasse an – bei Paris Saint-Germains Weltauswahl mit Weltmeister Lionel Messi und WM-Torschützenkönig Kylian Mbappé. Also sollte der FC Bayern besser schon in der ersten K.o.-Prüfung in Mainz wieder zu sich finden.

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