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Christian Wück sorgt sich um Bayern, Wolfsburg und das DFB-Team
Der Bundestrainer schaut wenig hoffnungsvoll von Champions und Nations League bis zur EM
Die Reise nach Barcelona oder Lyon hatte Christian Wück ohnehin nicht geplant, obwohl beide Städte im Frühjahr durchaus lohnende Reiseziele wären. Doch der Bundestrainer bleibt daheim, wenn die Flaggschiffe des deutschen Fußballs der Frauen international wohl untergehen werden. Sowohl der FC Bayern an diesem Mittwoch bei Olympique Lyon als auch der VfL Wolfsburg einen Tag später beim FC Barcelona sind krasse Außenseiter in den Viertelfinal-Rückspielen der Champions League.
Gegen Probleme ankämpfen
»Man hat schon gesehen, dass die Vereine recht wenige Mittel hatten«, erklärte Wück dazu am Dienstag. In der digitalen Medienrunde ging es eigentlich um die Nominierung seines Kaders für die Spiele in der Nations League gegen Schottland am 4. April in Dundee und vier Tage später in Wolfsburg. Aber die Probleme betreffen ja alle, auch das DFB-Team und den Bundestrainer, der sagte: »Gegen die Entwicklung, die wir da sehen, müssen wir natürlich ankämpfen. Das geht nur zusammen. Wir als Verband profitieren von Mannschaften, die international auf gutem Niveau spielen können. Und die Vereine profitieren von einer dominanten Nationalmannschaft.«
Diese wechselseitige Befruchtung funktioniert nicht mehr, in Sachen Handlungsschnelligkeit, Durchsetzungsvermögen und Spielverständnis ist die Konkurrenz aus Spanien, England und Frankreich weiter. Deshalb hatte der Bundestrainer ein Weiterkommen von Meister und Pokalsieger als »unheimlich wichtig für den Fußball-Standort Deutschland« bezeichnet. Doch nachdem im Vorjahr kein deutscher Klub die K.o.-Runde erreicht hatte, ist für die besten Bundesligisten nun vermutlich im Viertelfinale Schluss. Doch auch wenn die internationalen Auftritte der Vereine »ernüchternd« gewesen seien, will Wück vor der EM im Juli in der Schweiz nicht schwarzmalen. Immerhin hätte das DFB-Team bei seinem Einstand mit dem 4:3-Sieg in Wembley gegen England bewiesen, was mit einem aktiven und mutigen Spielstil zu erreichen ist.
Wenig Überzeugendes
Dennoch sind keine 100 Tage vor dem EM-Start die Sorgenfalten bei Wück größer geworden. Das 4:1 der deutschen Fußballerinnen zuletzt gegen Österreich habe ihm »von der ersten bis zur letzten Minute nicht wirklich gefallen«, gab er zu: »Wir sind von einigen nicht zu 100 Prozent überzeugt.« Der Bundestrainer wäre mit seinen Fußballerinnen gern »schon weiter.« Doch ein Gerüst zu finden, brauche längere Zeit. »Das Einspielen muss später kommen.« Nun wird sein Aufgebot noch einmal kräftig durchgemischt. Erstmals berufen wurde Franziska Kett, »die körperlich und athletisch ein gutes Niveau« mitbringe. Die 20-jährige Stürmerin kommt nach einer längeren Verletzungspause beim FC Bayern wieder in Schwung. Auch die vielseitig einsetzbaren Paulina Krumbiegel von Juventus Turin und die Freiburgerin Cora Zicai, die demnächst ihren Wechsel zum VfL Wolfsburg verkünden dürfte, kehren in den Kader zurück.
Klar ist, das Ann-Katrin Berger als Nummer eins für die EM eingeplant ist. »Damit machen wir den nächsten grünen Haken in den Diskussionen«, sagte der Bundestrainer, der mit Stina Johannes, Ena Mahmutovic und Sophia Winkler auf dieser Position viel getestet hatte. Alle Torhüterinnen seien aber »nicht fehlerlos geblieben«. Das Vertrauen in die 34-jährige Berger ist insofern logisch, dass wenigstens zwischen den Pfosten einen Ruhepol steht: »Sie strahlt Sicherheit aus.« Außerdem spielt die zu Deutschlands »Fußballerin des Jahres« gekürte Olympia-Heldin in der US-Profiliga, deren beste Klubs es locker mit Barcelona und Lyon aufnehmen könnten.
Wie eine Hütchen-Spielerin
Von Duellen auf diesem Niveau berichtete die stellvertretende DFB-Kapitänin Janina Minge nichts Gutes. Sie habe sich vergangene Woche »wie ein Hütchen« gefühlt, so oft sei die Wolfsburgerin von den Barca-Spielerinnen überlaufen worden. Auch die DFB-Spielführerin Giulia Gwinn vom FC Bayern hatte erstaunlich oft das Nachsehen gegen die vor der WM 2023 aus dem Nationalteam zurückgetretene Dzsenifer Marozsan. Nach dem 0:2 auf dem Bayern-Campus braucht es in Lyon ein kleines Wunder. Noch schlechter stehen die Chancen für Wolfsburg nach einem 1:4 gegen Titelverteidiger Barcelona.
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