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Herzenssache Wohnungskonzerne

Franziska Giffey (SPD) will Steuererleichterungen für den Sozialwohnungsbau

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.

Nachdem Vonovia angekündigt hat, vorerst alle geplanten Neubauprojekte zu stoppen, schlägt Franziska Giffey (SPD) vor, privaten Unternehmen mit Steuererleichterungen unter die Arme zu greifen. Um Inflation und Baupreissteigerungen abzufedern, solle die Mehrwertsteuer auf den Bau bezahlbaren Wohnraums gesenkt werden, so die derzeit noch Regierende Bürgermeisterin. Das sei ein »faires Angebot an alle, die Wohnungen errichten wollen«, verkündete Giffey am Dienstagabend auf Twitter. Das Echo folgte prompt.

»Im Gegensatz zur Vergesellschaftung hat Berlin nicht die Gesetzgebungskompetenz für eine Mehrwertsteuersenkung«, sagt Niklas Schenker. »Giffey lenkt davon ab, dass sie keine eigenen Lösungen vorzuweisen hat«, so der Wohnungsexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus zu »nd«. Auch seine Kollegin von der Grünen-Fraktion, Katrin Schmidberger, ist irritiert. »Statt Vorschläge über Twitter zu verbreiten, hätte sie ihren guten Kontakt zum Bundeskanzler dafür nutzen können, dass es im Bund endlich vorangeht. Dafür war jetzt ein Jahr Zeit«, so Schmidberger. Wenn man nun Wunschzettel abgeben könne, habe sie auch noch etwas auf ihrer Liste stehen: »Wenn sich Frau Giffey etwas vom Bund wünschen darf, dann wünschen wir uns auch etwas: Die Mieten- und Bodenpreise müssen gedeckelt werden.«

Eine Steuersenkung begünstige finanzstarke Unternehmen und helfe den gemeinwohlorientierten Akteuren kaum, erklärt sie. Auch Linke-Politiker Schenker hält es für fraglich, ob Steuersenkungen bei den Mietern oder am Ende doch bei den Aktionären ankommen. Am Dienstag hatte Vonovia angekündigt, den Neubau auf Eis zu legen. Betroffen seien davon 1500 Wohnungen in Berlin. Vonovia begründete den Schritt mit den Zins- und Baupreissteigerungen. »Bei Objekten, die wir früher für zwölf Euro Kaltmiete pro Quadratmeter anbieten konnten, müssten wir jetzt eher Richtung 20 Euro gehen, um unsere Kosten von 5000 Euro pro Quadratmeter hereinzuholen«, sagte Unternehmens-Vorstand Daniel Riedl der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung«.

Vonovia selbst scheint auch nicht so viel von Giffeys Vorschlag zu halten. »Einzelne Maßnahmen genügen nicht«, heißt es von einem Unternehmenssprecher auf nd-Anfrage. Stattdessen müsste bei allen Rahmenbedingungen etwas unternommen werden. »Finanzierungsbedingungen, Fachkräfte, Baupreise, Genehmigungsverfahren und Digitalisierung, Vorgaben für Neubau«, zählt er an Baustellen auf.

Angesichts der Teuerung kommt das private Baugeschehen aufgrund fehlender Renditeerwartungen derzeit zum Erliegen. Die Linke hatte deshalb kürzlich ein Konzept vorgestellt, das die Stärkung des kommunalen Neubaus durch eine Direktfinanzierung vorsieht. »Giffey verkennt den Ernst der Lage. Die explodierenden Kosten lassen sich nicht mit ein bisschen mehr an Fördermitteln oder Steuererleichterungen kaschieren«, begründet Linke-Politiker Schenker die Notwendigkeit eines Umdenkens.

Giffey hingegen will weiterhin auf die Kooperation mit den privaten Unternehmen setzen. Es sei »völlig absurd« zu sagen, die Zusammenarbeit sei gescheitert, angesichts äußerer Umstände, für die man nichts könne. »Ich bin froh, dass wir wenigstens ein Bündnis haben in Berlin, wo wir das besprechen können, was wir jetzt gemeinsam machen«, sagte sie am Mittwoch am Rande eines Termins zu »nd«. Katrin Schmidberger kann sich nicht erklären, warum Giffey noch immer am Wohnungsbündnis festhält. »Es gibt nach wie vor keine wirkungsvollen Maßnahmen, sondern nur Lippenbekenntnisse. Wir brauchen bessere Mieterschutzgesetze. Dafür müsste sich Franziska Giffey stark machen.«

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