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- Beschränkung der Kunstfreiheit in Russland
Madonna nur mit Kopf
Larissa Kunert über die Beschränkung der Kunstfreiheit in Russland
Wer glaubt, dass von vielen geschätzte gesellschaftliche Errungenschaften nicht mehr rückgängig zu machen sind, wird regelmäßig eines Besseren belehrt – sei es in Hinblick auf das Abtreibungsrecht in den USA, den Umweltschutz in Brasilien oder LGBTIQ-Rechte in Russland.
Aktuell gilt dies auch für die Haltung der russischen Regierung gegenüber moderner Kunst: Hätte man es noch vor ein paar Jahren für möglich gehalten, dass das russische Kulturministerium die Moskauer Tretjakow-Galerie, wie jüngst geschehen, dazu anhalten würde, sich an die geistig-sittlichen Werte der Regierung anzupassen und daher weniger Darstellungen von Begräbnissen, Alkoholexzessen und »marginalen sozialen Elementen« zu zeigen? Immerhin gehört die Kunst, die in der renommierten Institution zu sehen ist, zu einem weltweit anerkannten Kanon. Anlass für die Mahnung des Ministeriums war die Beschwerde eines Galerie-Besuchers, der seine Gefühle von mehreren Werken verletzt gesehen hatte. Unter anderem werde nach Auffassung des Mannes das Christentum verunglimpft – zum Beispiel in einer Abendmahlszene der Malerin Tatjana Nasarenko, aus der nicht klar hervorgehe, wer Judas sei, oder in einer kopflosen Madonnenskulptur des Bildhauers Alexandr Burganow.
Wie derzeit mit der Kunst in Russland umgegangen wird, lässt Assoziationen mit der Zeit des Stalinismus aufkommen. Damals wurde die russische Kunst, die während der Oktoberrevolution die Avantgarde der Welt dargestellt hatte, zu einer ideologisch genormten Kulturproduktion zurechtgestutzt. Anders als Stalin, der im Namen des Kommunismus auch die Religion bekämpfte, nutzt Putin allerdings gegenwärtig die orthodoxe Kirche zur Bildung einer nationalen Identität. Die Brandmarkung weiterer moderner Kunstwerke als ketzerisch könnte also folgen. Doch Fortschritte lassen sich zwar gewaltvoll zurücknehmen, vergessen machen kann man sie nicht so schnell.
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