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Kriegspropaganda zu Klopapier

»Adbusting«: Broschüre zeigt mehr als 100 verfremdete Plakate von Bundeswehr und Polizei

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

Werbeplakate für die Bundeswehr gehören mittlerweile in deutschen Städten zum Straßenbild. Aber nicht alle haben sich daran gewöhnt. So nehmen Kollektive wie der »Berlin Busters Social Club« (BBSC) Reklame dieser Art immer wieder aufs Korn – indem sie die Plakate an Bushaltestellen und anderen Orten durch auf den ersten Blick täuschend echte Fälschungen mit satirischen Botschaften ersetzen. Bekannt ist diese Form der politischen Intervention unter dem Namen Adbusting.

Meist werden auf diese Art verfremdete Plakate von der Polizei schnell wieder entfernt. Jetzt gibt es die Möglichkeit, mehr als 100 dieser Politkunstwerke in Ruhe betrachten. Der BBSC hat jetzt eine Dokumentation dieser Plakate herausgegeben. Unterstützt wurde die 186-seitige Broschüre von der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und der ihr nahestehenden Bertha-von-Suttner-Stiftung. Die Herausgeber verstehen die Dokumentation als einen Akt des Antimilitarismus in kriegerischen Zeiten.

Auf dem Titelblatt ist ein Plakat mit der Parole »Kriegspropaganda zu Klopapier« zu sehen. Seine Verbreitung war ein Beitrag zu einer Kampagne gegen den »Tag der Bundeswehr«, der wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurde. Am 13. Juni wirbt die Truppe alljährlich bundesweit mit Veranstaltungen und Tagen der offenen Tür an ihren Standorten um Nachwuchs. Das Gegenplakat propagierte den »Tag ohne Bundeswehr«, zu dem verschiedene Initiativen aufgerufen hatten.

In der Broschüre lassen sich viele weitere Plakate bestaunen, die manchmal auch etwas Hintergrundwissen verlangen. So ist auf einem Poster mit Tarnfleck-Hintergrund zu lesen: »Bundeswehr macht den Franco A.«. Gemeint ist der Bundeswehroffizier Franco A., der im vergangenen Juli wegen Planung eines rechten Anschlags zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt wurde. »Mit dem Plakat soll daran erinnert werden, dass er kein Einzelfall war. Schließlich ist die Bundeswehr von Nazigenerälen gegründet worden und war seit jeher ein Anziehungspunkt für Soldat*innen mit rechtem Weltbild«, erklärt ein BBSC-Aktivist, der anonym bleiben möchte.

Die Freund*innen der satirischen Plakatverfremdung sind stets Ziel von juristischer Verfolgung. Dafür scheuen Polizei und Staatsanwaltschaften keinen Aufwand. So wurde ein verfremdetes Plakat in Erfurt sogar auf DNA-Spuren untersucht. Selbst das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum (GTAZ) von Bund und Ländern hat sich mit der selbsternannten Kommunikationsguerilla befasst. Die hat sich gegen ihre Kriminalisierung »mit kreativen Aktionen, parlamentarischen Anfragen und rotzfrecher Öffentlichkeitsarbeit« gewehrt, heißt es in der Einleitung der Broschüre. Und das mit Erfolg: Staatsanwaltschaften mussten in mehreren Städten einräumen, dass das politisch motivierte Kapern von Werbevitrinen nicht strafbar ist, solange nichts gestohlen und beschädigt wird.

Der Dokumentation ist eine Anleitung zum gesetzeskonformen Öffnen von Vitrinen beigefügt. Aber Nachahmer*innen sollten wissen, dass die Polizei solche Aktionen vorzeitig beenden könnte.

Adbuster*innen ist das Präsentieren in Vitrinen wichtig, weil ihre Plakate dadurch viel mehr Aufmerksamkeit finden, als wenn sie einfach an Wände geklebt werden. Neben Bundeswehrplakaten ist auch Polizeiwerbung häufig Ziel von Verfremdungen. So heißt es auf einem Plakat, mit dem man männerbündische Strukturen bei der Polizei anprangern will: »Den Respekt der Wache muss man sich ermackern – 110 % Sexismus«.

Neben der Werkschau der Politkünstler*innen ist in der Dokumentation auch eine kleine Geschichte des Adbusting zu finden. Denn die Verfremdung von Propaganda spielte auch im Kampf gegen das Naziregime eine bisher zu wenig beachtete Rolle. So werden in dem entsprechenden Kapitel unter anderem Adbusting-Aktionen der antifaschistischen Widerstandsgruppe Rote Kapelle vorgestellt.

Die Broschüre »Mega Unerhört – Adbusting mit Polizei, Militär und Geheimdiensten« wird am 7. Februar um 20 Uhr in Berlin im Großen Saal in den Mehringhöfen, Gneisenaustraße 2a (2. Stock) vorgestellt. Infos zu Bestellung und weiteren Terminen: bbsc.blackblogs.org

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