- Wirtschaft und Umwelt
- Mietenwahnsinn
Linke dringt auf Verbot von Indexmieten
Linke-Mietenexpertin Caren Lay wirft Ampel-Koalition Untätigkeit bei Indexmieten vor
Angesichts der Debatte um eine mögliche strengere Regulierung von Indexmieten wirft die Linke im Bundestag der Ampel-Koalition Untätigkeit vor. »Bei hoher Inflation sind Indexmietverträge sozialer Sprengstoff«, sagte die wohnungspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, Caren Lay, gegenüber »nd.DerTag«. Wann würden Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) und die Grünen begreifen, »dass sie die Regierung sind und konkrete Verbesserungen für Mieterinnen und Mieter angehen könnten, statt immer wieder lediglich schlaue, aber folgenlose Pressezitate zu liefern«, fragt sich Lay.
Es geht um Verträge, laut denen der Mietpreis an die Entwicklung eines bestimmten Parameters wie der Inflationsrate gekoppelt ist. Es gibt Wortmeldungen von den Grünen, solche Indexmieten strenger zu regulieren. »Sie sind ein Problem, das wir angehen müssen«, sagte Fraktionschefin Katharina Dröge. »Die Inflation ist so stark gestiegen, dass es für viele Mieter ein Schock wird, wenn die Erhöhung kommt.« Auch Bauministerin Geywitz zeigte sich in der Vergangenheit offen für Eingriffe. So könne sie sich vorstellen, Indexmieten an die allgemeine Mietpreisentwicklung zu koppeln oder eine Kappungsgrenze festzulegen, erklärte sie jüngst.
Einen Antrag der Linken im Bundestag auf ein Verbot von Indexmieten lehnten die Koalitionsparteien im November allerdings mit den Stimmen von Union und AfD ab. »Lange Zeit galt die Indexmiete als vergleichsweise faire und vor allem transparente Vertragsvereinbarung«, hieß es damals im Antrag der Partei. In jetziger Zeit der hohen und schnellen Inflation aber offenbare sich eine Anfälligkeit gegenüber wirtschaftlichen Krisenlagen, die Mieterinnen und Mieter in besonderem Maße belasten, da sich die Inflation sowohl auf die Grundversorgung mit mobilen Gütern und Energie auswirkt als auch auf die Nettokaltmiete der Mietwohnung.
So verteuerte sich das Leben vergangenes Jahr im Schnitt um 7,9 Prozent. Die Inflationsrate war damit so hoch wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Vor allem Lebensmittel und Haushaltsenergie verteuerten sich mit 13,4 beziehungsweise 39,1 Prozent besonders stark. Letzteres treibt bei Miethaushalten auch die Nebenkosten nach oben.
Dabei leiden arme Familien besonders stark unter der hohen Inflationsrate, wie Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zeigen. Demnach lag die Inflationsrate – gemessen an den jeweils repräsentativen Warenkörben – im Dezember bei Familien mit niedrigem Einkommen bei 9,8 Prozent gegenüber 7,1 Prozent bei Alleinlebenden mit sehr hohem Einkommen, da Familien mit niedrigem Einkommen einen besonders großen Anteil ihres Geldes für Lebensmittel und Energie ausgeben müssen.
Miethaushalte, denen im Herbst vom Vermieter eine Erhöhung ihrer Indexmiete ins Haus geflattert war, hatten besonders viel Pech. Denn damals stieg der Verbraucherpreisindex, der für die Entwicklung der Indexmieten maßgeblich ist, um rund zehn Prozent. »Eine Mietsteigerung von zehn Prozent kann sich kein Mensch leisten, zumal alles andere auch teurer wird«, erneuerte Mietenexpertin Lay deshalb gegenüber »nd« ihre Forderung nach einem Verbot dieser Mietverträge. Gegen diese Armutsfalle müsse schnell gehandelt werden, um Mieterinnen und Mieter zu schützen. »Wir brauchen dringend ein Verbot von Indexmieten und einen Mieterhöhungsstopp für bestehende Verträge«, so Lay.
Auch der Deutsche Mieterbund (DMB) hat die Bundesregierung beim Thema Indexmieten zum Handeln aufgerufen. »Die Ampel-Koalition sollte die Möglichkeit, neue Indexmietverträge abzuschließen, verbieten«, sagte der DMB-Präsident Lukas Siebenkotten den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben). Zudem sei eine »Kappung bei der Höhe der Mietsteigerung der Indexmietverträge im Bestand« nötig.
»Es heißt immer, dass in Jahren ohne Inflation die Mieter profitiert hätten«, erklärte Siebenkotten. Das sei in der Theorie richtig. »In der Praxis beobachten wir aber, dass Indexmietverträge vor allem dann abgeschlossen wurden, wenn die angebotene Miete bereits sehr hoch gewesen ist.« So folgert der DMB aus seiner Beratungspraxis, dass in den sechs großen Metropolen des Landes jeder dritte neue Mietvertrag eine Indexmiete beinhaltet. In Berlin sind es sogar bis zu 70 Prozent der Mietverträge. Dieser Trend hat 2022 massiv zugenommen; die Beratungszahlen dazu haben sich laut dem Mieterbund mindestens verdoppelt. Die Mieterhöhungen betrugen laut dem DMB bei seinen Mitgliedern mit Indexmietvertrag im Schnitt zwischen 5 Prozent und 15 Prozent, lagen in einigen Fällen aber auch bei bis zu 30 Prozent.
Derweil sieht man bei der FDP, neben SPD und Grünen ebenfalls Teil der Ampel-Koalition, in Sachen Indexmieten keinen Handlungsbedarf. Es helfe nicht, die Preise zu regulieren, wenn der Wohnungsbestand nicht vergrößert werde, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr. »Es ist daher unerlässlich, dass jetzt endlich die Hausaufgaben gemacht werden: Bauen, bauen, bauen«, forderte er.
Dabei macht in Sachen Mieterschutz ausgerechnet ein FDP-Minister offenbar nicht seine Hausaufgaben. So verschleppt Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) einem Medienbericht zufolge offenbar wichtige Neuregelungen zum Schutz von Mietern vor hohen Kosten, die im Koalitionsvertrag 2021 zwischen SPD, Grünen und FDP vereinbart wurden. So liegt dazu zwar anscheinend bereits ein fertiger Referentenentwurf vor, dieser ist aber bislang nicht in den weiteren Gesetzgebungsprozess geleitet worden.
Ausgerechnet beim Thema Mietrecht verkenne Buschmann »offensichtlich die enorme Bedeutung für Millionen Mieterinnen und Mieter im Mieterland Deutschland«, echauffierte sich bereits die SPD-Verbraucherschutzexpertin Zanda Martens über den Bundesjustizminister. Nach mehr als einem Jahr in dieser Koalition habe Buschmann noch nicht einmal einen ersten Gesetzesentwurf vorgelegt, mit dem die zentralen Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zum Thema Mieten umgesetzt werden könnten.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.