• Politik
  • Unabhängigkeitskampf in Indonesien

Papuas Rebellen melden sich zurück

Flugzeug der indonesischen Susi Air aus dem Mutterland gekapert

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Das kleine Passagierflugzeug befand sich auf einem Inlandsflug zwischen den Städten Mimika an der Küste, wo es am Dienstagmorgen um 5.30 Uhr lokaler Zeit gestartet war, nach Nduga im zentralen Hochland. Kurz nach der Landung dort brachte eine Einheit der Nationalen Befreiungsarmee von Westpapua (TPNPB), bewaffneter Arm der Bewegung Freies Papua (OPM), die Maschine in ihre Gewalt. Das Flugzeug selbst, so übereinstimmende Berichte, wurde von den Rebellen in Brand gesetzt. 

Zudem nahmen sie mindestens den Piloten als Geisel. Es handelt sich um einen 37-jährigen Neuseeländer namens Philip Mehrtens, der für die Fluggesellschaft Susi Air den Flug durchführte. Unklar ist, was mit den fünf Passagieren, offenbar eine Familie, geschah. Der indonesische Service der BBC beruft sich in seiner Meldung auf eine Erklärung von Sebby Sambon, einem Pressesprecher der TPNPB. Demnach seien die Passagiere als Einheimische freigelassen worden. Von anderen Quellen bestätigt ist diese Nachricht bisher nicht, der Informationsfluss in dem abgelegenen Gebiet ist schwierig. Für den neuen Regierungschef Neuseelands, Chris Hipkins, der erst vor einigen Tagen der zurückgetretenen Jacinda Ardern im Amt nachfolgte, ist die Geiselnahme eines Staatsbürgers gleich eine unerwartete Belastungsprobe. Die neuseeländische Botschaft in Jakarta sei in die Lösungsbemühungen eingebunden, heißt es aus Wellington. 

Dieser jüngste Vorfall wirft abermals ein Licht auf einen jahrzehntealten separatistischen Konflikt, der im Ausland nur selten an die Öffentlichkeit gelangt. Zu kolonialen Zeiten war die westliche Hälfte der Insel als Niederländisch-Neuguinea separat verwaltet. Sie wurde nicht gleich in den neuen Staatsverband integriert, als Indonesien, das schon 1945 seine Unabhängigkeit proklamiert hatte, Ende 1949 tatsächlich in die Eigenständigkeit entlassen wurde. Erst mit der Vereinbarung von New York, unter dem Druck der USA zustande gekommen, kam das Gebiet 1962 schließlich doch noch zu Indonesien.

2002 wurde aus dem vormaligen Irian Jaya durch Namensänderung Papua, im Folgejahr die Inselhälfte in die Provinzen Papua und Westpapua mit besonderen Autonomierechten unterteilt. Mit einem Gesetzesakt Mitte 2022, umgesetzt im November, erfolgte zuletzt eine zusätzliche, kleinteiligere Grenzziehung mit den neuen Provinzen Süd-, Südost-, Zentral- und Hochland-Papua.

Seit 1963 führt die OPM einen bewaffneten Kampf gegen die Zentralmacht, beruft sich auf den von USA, Niederlanden und Indonesien negierten Versuch vom 1. Dezember 1961, einen eigenen Staat West-Papua zu etablieren. Die Vorbereitungen waren so weit fortgeschritten, dass es schon Nationalhymne, Flagge und Wappen gab. Die symbolische Unabhängigkeitserklärung erfolgte in den von der Guerilla kontrollierten Gebieten genau zehn Jahre darauf, 1971. Der indonesische Staat geht seit Jahrzehnten mit aller Härte gegen die separatistischen Bestrebungen vor; auch der Zugang ausländischer Medienschaffender auf den Inselteil ist extrem reglementiert.

Mit lediglich 5,5 Millionen Menschen auf einer Fläche von 415 000 Quadratkilometern ist das Gebiet nur spärlich besiedelt, allerdings von einem besonders diversen Vielvölkergemisch. Die lokale Bevölkerung zerfällt in Hunderte kleine indigene Gemeinschaften, die kulturhistorisch nur wenig mit dem Rest Indonesiens verbunden sind, dafür enge Bindungen über die Grenze ins östlich benachbarte Papua-Neuguinea mit ähnlicher ethnischer und sprachlicher Diversität haben. Viele Stämme gerade im Inselzentrum leben bis heute weitgehend zurückgezogen von der modernen Welt. Die OPM will mit der Geiselnahme abermals die Anerkennung der Unabhängigkeit durchsetzen, wie es heißt. Wie die Zeitung »Jakarta Globe« meldete, sollen die Rebellen diese Woche als zusätzliches Druckmittel auch 15 Bauarbeiter in ihre Gewalt gebracht haben.

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