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Auf dem Dach die Hakenkreuzfahne
Am 17. Februar 1933 besetzte die Polizei das Berliner Karl-Liebknecht-Haus, den Sitz der KPD
Am 30. Januar 1933 hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg, gedrängt von einflussreichen Kräften aus Politik und Wirtschaft, die verborgen, aber wirksam im Hintergrund agierten, Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Zwei Tage später, am 1. Februar 1933, löste Hindenburg, wie von Hitler gefordert, den Reichstag auf und setzte Neuwahlen für den 5. März 1933 an.
Am 4. Februar 1933 folgte die Verordnung des Reichspräsidenten »Zum Schutze des deutschen Volkes«, mit der der Hitler-Regierung umfassende Rechte zur Verfolgung politischer Gegner und zum Eingriff in die Presse- und Versammlungsfreiheit eingeräumt wurden. Die SA, toleriert und oftmals sogar unterstützt von der Polizei, überzog das Land mit einer Welle blutigen Terrors, dem innerhalb weniger Tage Dutzende Menschen zum Opfer fielen.
Bereits am 2. Februar 1933 hatte die Polizei das Berliner Karl-Liebknecht-Haus besetzt, den Sitz der KPD. Es blieb jedoch zunächst bei einer oberflächlichen Durchsuchung, die nur wenige Stunden dauerte und – wie zu erwarten war – ergebnislos verlief. Die Polizei musste unverrichteter Dinge wieder abziehen.
Die maßgeblichen Funktionäre der KPD hatten ihre Arbeitsräume im Karl-Liebknecht-Haus längst aufgegeben. Wichtige Materialien waren ausgelagert worden, und Waffenlager gab es im Karl-Liebknecht-Haus ohnehin nicht. Seit Beginn des Winters 1932/33 war das Haus schrittweise geräumt worden. Nach außen hin hatte die Parteizentrale ihre gewohnte Geschäftigkeit bewahrt, doch tatsächlich standen längst zahlreiche Büroräume leer. Mitte Januar 1933 hatten die verbliebenen Mitarbeiter damit begonnen, auch die restlichen Unterlagen und notwendigen Arbeitsmittel aus dem Haus zu schaffen und in Privatwohnungen unterzubringen, ohne dass das den stets wachsamen Polizisten auf dem Bülowplatz aufgefallen war.
Am 17. Februar 1933 stürmte die Polizei mit mehreren Hundert Mann erneut das Karl-Liebknecht-Haus, und diesmal zog sie nicht wieder ab: Das Haus blieb auf Dauer polizeilich besetzt. Wenige Tage später, nach der Ablösung des nationalliberalen Berliner Polizeipräsidenten durch einen ausgewiesenen Nazi, wurde die Polizei »plötzlich« fündig. Beim Amtlichen Preußischen Pressedienst las sich das so: »Im Karl-Liebknecht-Haus, dem Zentralhaus der KPD, das seit zwei Tagen polizeilich geschlossen ist, wurden zahlreiche unterirdische Gewölbe mit großen Mengen hochverräterischem Material gefunden. (…) In den Druckschriften wird zum bewaffneten Umsturz, zur blutigen Revolution aufgerufen. (…) Das Ergebnis der Durchsuchung des Karl-Liebknecht-Hauses ist als sensationell zu bezeichnen. Es hat sich gezeigt, daß die KPD und ihre Unterverbände ein zweites illegales Dasein unter der Oberfläche führten.« Dass es sich bei den »Gewölben« und den an anderer Stelle erwähnten »Katakomben« lediglich um die ganz gewöhnlichen Kellerräume eines vormaligen Fabrik- und Geschäftshauses handelte, verschwieg der Pressedienst.
Am 1. März 1933 ließ Hermann Göring, zu dieser Zeit amtierender preußischer Innenminister, verkünden, dass er in »allerkürzester Frist« dokumentarische »Beweise« für die »hochverräterischen Handlungen« der KPD vorlegen würde, die angeblich im Karl-Liebknecht-Haus gefunden worden seien. Doch weder dieses leere »Versprechen«, dem aus naheliegenden Gründen keinerlei Taten folgten, noch die Reichstagsbrandprovokation vom 27. Februar 1933, für die gleichfalls »den Kommunisten« die Verantwortung zugeschoben wurde, konnten verhindern, dass die KPD bei den Reichstagswahlen am 5. März 1933 – trotz des massiven Terrors – fast fünf Millionen Stimmen erhielt und die Nazis ihr Ziel, die absolute Mehrheit, deutlich verfehlten.
Am 8. März 1933 wurde das Karl-Liebknecht-Haus »in einem exorzistisch anmutenden Ritus« (Till Kösler) in Horst-Wessel-Haus umbenannt, auf dem Dach wurden die Hakenkreuzfahne und die Reichskriegsflagge gehisst. Der Platz vor dem Karl-Liebknecht-Haus wurde zum Horst-Wessel-Platz.
Am gleichen Tag zog in das Haus eine auf Befehl Görings neu gegründete Abteilung der Politischen Polizei des Berliner Polizeipräsidiums ein, deren Aufgabe schon an ihrem Namen deutlich wurde: »Sonderabteilung zur Bekämpfung des Bolschewismus«. Nach umfangreichen Umbauten übernahm schließlich die preußische Finanzverwaltung im Herbst 1933 das Haus.
Es dauerte zwölf Jahre, bis zum 24. April 1945, bis auf dem Dach des Karl-Liebknecht-Hauses wieder die rote Fahne wehte.
Mehr zum Thema in: Ronald Friedmann, Die Zentrale. Geschichte des Karl-Liebknecht-Hauses (Karl-Dietz-Verlag).
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