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Equal Pay: Erfolg für Gleichberechtigung
Frauen und Männer müssen bei gleicher Arbeit gleich verdienen – unabhängig vom Verhandlungsgeschick
Es ist egal, wie gut jemand verhandeln kann: Männer und Frauen müssen bei gleicher Arbeit auch gleich bezahlt werden. Das entschied am Donnerstag das Bundesarbeitsgericht in Erfurt in Übereinstimmung mit dem Europarecht und stärkte damit bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre die Rechte von Frauen auf dem deutschen Arbeitsmarkt.
Geklagt hatte Susanne Dumas, die von 2017 bis 2021 als Außendienstmitarbeiterin für das Metallunternehmen Photon Meissener Technologies GmbH gearbeitet hatte. Durch Zufall erfuhr sie, dass sie in der Einarbeitungsphase 1000 Euro weniger verdient hatte als ihr männlicher Kollege, der zwei Monate vor ihr eingestellt worden war. Sie ging den Rechtsweg bis in die höchsten Instanzen für gleiche Bezahlung. Die Richter*innen am Bundesarbeitsgericht gaben ihr recht und sprachen ihr knapp 15 000 Euro entgangenen Lohn und eine Entschädigung in Höhe von 2000 Euro zu.
»Dieses Urteil ist ein Meilenstein auf dem Weg zur gleichen Bezahlung von Frauen und Männern. Gleiche Bezahlung kann nicht wegverhandelt werden – diese Klarstellung war überfällig«, sagt Sarah Lincoln, Prozessbevollmächtigte und Verfahrenskoordinatorin der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die die Klage unterstützt hatte.
Das Unternehmen hatte argumentiert, dass es beiden Mitarbeiter*innen im Vorstellungsgespräch 3500 Euro Einstiegsgehalt angeboten hätte, der männliche Kollege aber mehr verlangt und 4500 Euro für die Einarbeitungszeit ausgehandelt habe. Das Arbeitsgericht Leipzig und das Landesarbeitsgericht Sachsen hatten dies als legitimen Grund für eine ungleiche Bezahlung akzeptiert.
In der Europäischen Union gilt seit 1957 das Prinzip »gleicher Lohn für gleiche Arbeit« (Equal Pay). Doch in der Praxis ist das längst nicht angekommen. In Deutschland besteht eine Lohnlücke von 18 Prozent zwischen Männern und Frauen. Selbst wenn man ungleiche Bezahlung aufgrund der ungleich verteilten Sorgearbeit und schlechteren Bezahlung von Berufsgruppen, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden, herausrechnet, bleibt eine Lücke von 7 Prozent.
Das 2017 eingeführte Entgelttransparenzgesetz sollte dazu beitragen, diese Lücke zu schließen, wird von vielen Expert*innen aber als unzureichend erachtet. Es regelt einen Auskunftsanspruch für Unternehmen erst ab 200 Mitarbeiter*innen und auch keine konkreten Vergleichslöhne einzelner Kollegen, sondern lediglich einen Median.
Schon 2018 hatte das Bundesarbeitsgericht die Rechte von Frauen gestärkt, indem es entschied, dass bereits die ungleiche Bezahlung allein ein Indiz für Diskriminierung sei. Dieses Urteil wurde von Gabriele Gamroth-Günther erstritten. Seitdem müssen Unternehmen im Streitfall objektiv nachvollziehbare Gründe für eine ungleiche Bezahlung angeben, beispielsweise Qualifikation oder Erfahrung. Nun stellten die Richter*innen klar: Verhandlungsgeschickt zählt nicht dazu. Studien haben gezeigt, dass es nicht ausreicht, Frauen ans Herz zu legen, auch »besser zu verhandeln«. Auch wenn sie dies umsetzten, erzielten sie oft geringere Erfolge, weil Chef*innen sie dann als »nicht nett« oder »zu fordernd« wahrnähmen.
»Seit 1949 steht es im Grundgesetz; heute ist es endlich in der Arbeitswelt angekommen: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Ich widme diesen Erfolg meinen beiden Töchtern und stellvertretend allen Frauen in Deutschland. Seid mutig, seid laut, und lasst euch niemals die Butter vom Brot nehmen!«, sagte Susanne Dumas.
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Was heißt das für künftige Lohnverhandlungen? »Die Vertragsfreiheit wird eingeschränkt, um Equal Pay zu gewährleisten. Verhandeln Männer künftig bessere Gehälter, verhandeln sie für die Frauen im Unternehmen mit: Die Gehälter müssten dann angepasst werden«, sagt Lincoln. Das würde eine grundsätzliche Veränderung der aktuell üblichen Verhandlungspraxis in vielen Unternehmen bedeuten. »Auf Fortschritte durch den Gesetzgeber oder Arbeitgeber*innen warten wir leider seit Jahren vergeblich. Der heutige Durchbruch ist einmal mehr der Ausdauer einer mutigen Frau zu verdanken, die den Rechtsweg nicht gescheut hat«, sagt die Rechtsanwältin Susette Jörk, die die Klägerin gemeinsam mit Sarah Lincoln vertreten hat.
Eine Voraussetzung dafür, dass die Entscheidung des Gerichts auch umgesetzt wird, ist mehr Transparenz der Gehälter. Sarah Lincoln hofft daher auf eine neue EU-Richtlinie, die Ende März vom EU-Parlament verabschiedet werden soll. Damit sollen Unternehmen verpflichtet werden, Mitarbeiter*innen Auskünfte über das Vergütungsniveau aufgeschlüsselt nach Geschlechtern zu geben; bei Verstößen gegen den Grundsatz »Equal Pay« könnte es Sanktionen geben. Außerdem sollen Geheimhaltungsklauseln in Arbeitsverträgen verboten werden. Deutschland hat sich bei der Abstimmung in der Kommission darüber enthalten. In spätestens vier Jahren muss die Richtlinie umgesetzt sein.
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