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- »Manifest für den Frieden«
Wagenknecht und Schwarzer: Mit Rechten marschiert man nicht
Lafontaine und Wagenknecht mobilisieren die Querfront mit der AfD. Ihr Aufruf hat mit ehrlichem Pazifismus nichts mehr zu tun
Kriege sind immer eine Katastrophe. Wer nicht erstmal für Frieden ist, hat kein Herz. Jede Person, die im Ukraine-Krieg stirbt, ist eine zu viel. Das gilt für die Ukrainer*innen, die unter dem russischen Angriff leiden, genauso wie für die russischen Soldaten, die von Russlands Präsident Wladimir Putin als Kanonenfutter an die Front geschickt werden. Auch birgt dieser Krieg immer die Gefahr einer Eskalation über die Grenzen der Ukraine hinaus. Am Ende wird es letztlich zu Diplomatie und Verhandlungen kommen müssen. Das weiß vermutlich ein Wolodymyr Selenskij sogar besser als manch ein*e deutsche Bellizist*in. Dennoch ist das »Manifest für Frieden« von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer abzulehnen – allein schon wegen Oskar Lafontaines expliziter Einladung an Rechtsaußen. Da gibt es nichts zu diskutieren. Mit ehrlichem Pazifismus hat ihr Aufruf nichts zu tun.
Zwar erkennen Wagenknecht und Schwarzer am Anfang ihres Manifestes das Leid an, das Putin mit seinem Überfall über die Menschen in der Ukraine gebracht hat. Aber mit keinem Wort fordern sie den Aggressor auf, sich zurückzuziehen. Stattdessen schreiben sie: »Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten.« Doch was soll das heißen? Dass Putin sich aus einem Teil der von ihm derzeit besetzten Gebiete zurückzieht, den Rest aber behalten darf? Damit sprechen Wagenknecht und Schwarzer den Menschen in der Ukraine das Recht ab, sich zu verteidigen, und fordern sie auf, lieber unter Fremdherrschaft zu leben, als gegen den Aggressor zu kämpfen.
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Stattdessen wollen sie Bundeskanzler Olaf Scholz in die Pflicht nehmen, »Schaden vom deutschen Volk« abzuwenden. Genau solche Sätze sind eine Einladung an Rechte. Zwar hat Wagenknecht zunächst verlautbart, dass sie angeblich mit der AfD nicht demonstrieren wolle, nachdem deren Vorsitzender Tino Chrupalla ihr Manifest unterschrieben und auch zur Demonstration am 25. Februar aufgerufen hat. Doch ist ihre Distanzierung nur das Mindeste, was sie tun musste.
Dass nun ausgerechnet Wagenknechts Ehemann Oskar Lafontaine AfD-Wähler*innen und -Politiker*innen explizit zur Kundgebung einlud, macht ihre Distanzierung absolut unglaubwürdig. Eine »Gesinnungsprüfung« soll es ihm zufolge nicht geben, auch solle nicht nach dem Parteibuch gefragt werden. Da reicht es auch nicht aus, wenn er behauptet, dass Reichsbürger-Fahnen oder ähnliches nicht willkommen seien. Damit entpuppt sich der Aufruf als das, was er im Grundsatz von Anfang an war: eine Mobilisierung der Querfront. So wird der offene Schulterschluss mit der Rechten gemacht – etwas, das Wagenknecht in dieser Form noch nicht gewagt hat.
Auch wenn durchaus integre Personen Wagenknechts und Schwarzers Manifest zunächst unterschrieben haben: Spätestens nach Lafontaines Einladung nach rechts außen sollten sich diese distanzieren. Rechte bekämpft man, man marschiert nicht mit ihnen. Auch nicht für den Frieden.
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