- Politik
- Energiekosten
Die Wohnung bleibt warm
In München hilft der Wärmefonds Mietern mit geringem Einkommen, die gestiegenen Energiekosten zu bezahlen
Ein Sozialwohnungsblock im Münchner Westen. In einer Erdgeschosswohnung hat Anni Eimann im Wohnzimmer die Heizung auf Stufe drei aufgedreht. »Ich möchte es schon warm haben«, sagt die 70-Jährige. Einmal hat sie es mit Stufe null probiert, »aber das geht nicht, da wird man schnell krank«.
Für ihre Sozialwohnung zahlt sie 355 Euro Miete, eigentlich günstig für die bayerische Landeshauptstadt. Aber die Senorin hat lediglich 1038 Euro Rente zur Verfügung. Zu viel, um die Grundsicherung im Alter zu erhalten, bei der auch die Miete und die Heizkosten übernommen werden. Mit 40 Jahren konnte sie wegen einer schweren Krankheit nicht mehr arbeiten, seitdem muss sie mit ihrer Rente auskommen. Und jetzt hat der Vermieter die Heizkosten verdoppelt. Anni Eimann hat einen Antrag auf Geld vom sogenannten Wärmefonds der Stadt München gestellt. Und der wurde genehmigt.
Seit dem 16. Januar gibt es Geld für bedürftige Haushalte, um die seit Beginn der neuen Wirtschaftssanktionen gegen Russland enorm gestiegenen Energiekosten auszugleichen. 20 Millionen Euro haben die Stadt und die Stadtwerke München in den Topf gegeben. Ein Recht auf Anspruch haben alle, die Wohngeld oder einen Kinderzuschlag beziehen oder den grauen München-Pass besitzen, der verschiedene Vergünstigungen gewährt.
Den Ausgleich bekommen auch jene, deren Einkommen unter der Münchner Armutsgefährdungsschwelle liegt, die aber noch kein Geld vom Sozialamt in Form der Grundsicherung beziehen. Diese Schwelle liegt derzeit bei 1540 Euro netto für Alleinstehende, für einen Zwei-Personen-Haushalt bei 2310 Euro netto und für eine Familie mit einem Kind unter 14 Jahren bei 2770 Euro netto.
Das Münchner Sozialreferat rechnet mit 10 000 bis 20 000 Haushalten, die Geld aus dem Wärmefonds beanspruchen könnten. Einzelpersonen erhalten 700 Euro, für jede weitere Person im Haushalt gibt es 300 Euro. Für diese Hilfen aber gelten auch Vermögensgrenzen: Erwachsene dürfen 10 000 Euro im Sparstrumpf haben, Kinder jeweils 500 Euro.
Die notwendigen Formulare kann man sich im Internet herunterladen. Anni Eimann hat keinen Computer. Sie hat den Antrag in einem der Alteninformationszentren der Stadt ausgefüllt. »Die waren sehr nett und haben mir geholfen«, erzählt die Seniorin. Und woher wusste sie, dass es diese Hilfe gibt? »Das war von Rentner zu Rentner«, antwortet Anni Eimann. Sie besucht alle 14 Tage ein Kaffeekränzchen am Münchner Ostbahnhof. Das wird vom Verein »Ein Herz für Senioren« organisiert, der bundesweit Rentner, die sich trotz jahrelanger Arbeit nicht das Nötigste zum Leben leisten können, finanziell unterstützt.
Der Verein ermöglicht Soforthilfen für Medikamente, Brillen oder Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen oder Gasherde. Alle 14 Tage wird eine Obst- und Gemüsebox an die Haustür geliefert. Und um der Einsamkeit der Senioren entgegenzuwirken, werden Theater- oder Konzertbesuche oder eben Zusammenkommen bei Kaffee und Kuchen organisiert.
Die 700 Euro aus dem Wärmefonds hat Anni Eimann inzwischen bekommen. Sie legt das Geld zusammen mit den 300 Euro Energiepauschale für Rentner auf die Seite, bis nächstes Jahr die Heizkostenabrechnung kommt. Dann möchte die Rentnerin nämlich keine böse Überraschung erleben. Sie hat bereits jetzt »richtig Angst vor den Nachzahlungen«.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.