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Die Gasindustrie ist die neue fossile Gegnerin der Klimabewegung
Mit der CCS-Technologie und blauem Wasserstoff will die Gasindustrie klimaschädliche Geschäfte machen
Nicht nur Gashandel mit Russland und Flüssiggas, sondern auch »blauer« Wasserstoff und CCS: Als neue Kontrahentin der Klimabewegung bewirbt sich die Gasindustrie. Sie war lange Zeit eine für die breite Öffentlichkeit eher unscheinbare Branche. Während Kohlekonzerne wie RWE oder Ölriesen wie Shell den meisten Menschen ein Begriff sind, konnten wenige die Gasriesen Wintershall Dea oder Uniper einordnen – bis der russische Angriff auf die Ukraine fossiles Gas zum Politikum machte. Ein Bericht von LobbyControl zeigt die stabilen Netzwerke der Gasindustrie in die deutsche Politik auf. Spürbar ist dieser Einfluss vielfach: in der geräuschlos vertieften Abhängigkeit von fossilem Gas und dessen Lieferanten, bei den Milliardengeschenken des Bundes für überzählige Flüssiggasterminals und in der Renaissance gasbasierter Klima-Scheinlösungen.
Längst bastelt die Gasindustrie an ihrer Zukunft. »Blauer« Wasserstoff ist das gleich doppelt natürlich klingende Zauberwort. Doch diese Energie fließt eben nicht aus eiskalten Gebirgsquellen, sondern ist fossilen Ursprungs. Wie konventioneller Wasserstoff wird auch »blauer« per Dampfreformierung aus Erdgas hergestellt, nur dass das frei werdende CO2 anschließend über die Technologie des »Carbon Capture and Storage« (CCS) abgeschieden und gespeichert wird.
Hinter dem europaweiten Wasserstoffhype steckt, wie die Organisation Corporate Europe Observatory dokumentiert, maßgeblich das Geflecht an Verbänden der Gasindustrie – die so das Feld für das nächste Geschäft bestellt. Während öffentlich der »grüne« Wasserstoff aus erneuerbaren Energien vorangestellt wird, verfolgt die Gasindustrie neben der nur teilweise plausiblen Weiternutzung ihrer Infrastrukturen noch ein größeres Ziel: Je großflächiger auf Wasserstoff gesetzt wird, für den das »grüne« Angebot knapp ist, desto größere Lücken kann sie mit ihrem »blauen« Produkt füllen.
Dabei spricht einiges gegen »blauen« Wasserstoff: Schon auf dem Transportweg des Erdgases entweicht hochgradig klimaschädliches Methan. Bei der Umwandlung in Wasserstoff gehen 30 bis 40 Prozent der Energie verloren – und dazu kommt noch der Energieaufwand für die CO2-Abscheidung. Auch diese erfordert aufwendige neue Infrastrukturen, die sich nur bei langjähriger Nutzung rentieren. Die ökonomische Gesamtrechnung ist so fragwürdig wie die ökologische, zumal hohe Gaspreise »blauen« Wasserstoff umso teurer werden lassen.
Dennoch will die Bundesregierung, anders als bislang vorgesehen, in ihrer überarbeiteten Nationalen Wasserstoffstrategie wohl auch »blauen« Wasserstoff fördern. Solche neuen fossilen Subventionen, verteilt von einem grün geführten Wirtschaftsministerium, zeugen vom anhaltenden politischen Einfluss der Gasindustrie.
Und wohin nun mit dem CO2? Das Ministerium plant in einer bemerkenswerten Abkehr von langjährigen grünen Positionen, die nach Protesten verbotene CCS-Anwendung in Deutschland zu legalisieren und gleichzeitig CO2 nach Skandinavien zu exportieren, um es unter dem Meer verpressen zu lassen. CCS, längst totgeglaubt, mit Gesundheits- sowie Umweltrisiken behaftet und auch nach jahrzehntelangen Pilotprojekten nicht großflächig marktbereit, wird plötzlich als alternativlos deklariert. Dabei betont das Umweltbundesamt, dass CCS grundsätzlich nur für sogenannte unvermeidbare Restemissionen infrage käme, nicht für vermeidbare Emissionen aus Verkehr, Gebäuden oder dem Energiesektor. Doch wer treibt den CO2-Export voran? Der Gaskonzern Wintershall Dea, mit Verweis auf seine eigenen Klimaziele.
Dass die Gasindustrie nicht mehr im Verborgenen agieren kann, zeigt sich an der internationalen Mobilisierung der Klimabewegung zur Europäischen Gaskonferenz in Wien Ende März. Diese Bewegung will keine Märchen mehr hören – weder über die vermeintliche Unverzichtbarkeit neuer fossiler Anlagen noch über »blauen« Wasserstoff oder den Scheinausweg CO2-Verpressung. Die Herausforderung zum Duell ist also angenommen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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