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Querfront: Gegen Waffen und Corona-Maßnahmen

Wie gut kann man rechte und linke Argumente unterscheiden?

  • Kirsten Achtelik
  • Lesedauer: 4 Min.

Links ist es, die Schwachen und gesellschaftlich Abgehängten in eine bessere Position bringen zu wollen, Rechte wollen vermeintlich Schwache in letzter Konsequenz aus der Bevölkerung entfernen. Dieses Schema mag etwas simpel erscheinen, erweist sich aber bei den großen politischen Fragen wie der Corona-Pandemie als recht nützlich.

Unbestritten gab es am Umgang mit der Corona-Pandemie und an bestimmten Maßnahmen auch von Linken und emanzipatorischen Kräften nachvollziehbare, richtige und wichtige Kritik. Dass weite Teile der Bevölkerung und Politiker*innen zwar während der ersten Welle für Krankenpfleger*innen geklatscht haben, sich aber nicht für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen und der Finanzierung des Gesundheitssystems eingesetzt haben, stieß vielen Beschäftigten sauer auf. Die linke Kampagne Zero Covid kritisierte die massive Einschränkung des Privatlebens im Unterschied zur kaum reglementierten Weiterführung der wirtschaftlichen Sektoren und forderte einen solidarischen Lockdown. Zwar haben AfD-Politiker*innen immer mal wieder die Kritik der Gesundheitsarbeiter*innen zitiert, Arbeitskämpfe multiethnischer Belegschaften zu unterstützen, ist aber nicht Teil des politischen Repertoires der Partei.

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Im Spektrum der maßnahmenkritischen Querdenker etablierte sich allerdings schnell ein linker Flügel, der von kritischen Ärzt*innen, der neu gegründeten Gruppe Freie Linke und einigen Prominenten aus der Linkspartei gebildet wurde. Die Freie Linke bezeichnet sich als »die einzige Linke gegen das Notstands-Regime«, auf Demonstrationen gegen das Infektionsschutzgesetz und die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-Pandemie tauchte sie mit roten Fahnen mit Stern auf.

Die Freie Linke verteilt Aufkleber mit Slogans wie »Kapitalismus ist der Virus!« oder »Zusammen gegen die Corona-Diktatur!«, die während der Pandemie in linksalternativen Vierteln auftauchten. Diese suggerieren eine antikapitalistische Maßnahmenkritik, beinhalten aber eine derart falsche Analyse der Situation, dass sie nicht als linke Kritik taugen. Sie müssen vielmehr als gefährliche Verharmlosung des Problems und als völlig übertriebene Zuspitzung der Kritik verstanden werden. Wenn der Kapitalismus, also das bestehende Wirtschaftssystem der Virus sein soll, mit dem sich alle anstecken und von dem alle krank werden, was ist dann mit dem Sars-CoV-19-Virus? Dieser erscheint in der Analyse der Aktivist*innen als weit harmloser als das bestehende Wirtschaftssystem, wenn sie die Pandemie überhaupt für real halten. Die einvernehmliche zeitweilige Umgehung des Parlaments als Gesetzgeber für eine schnelle Reaktion auf die Pandemie zur Diktatur zu erklären, passt besser in die Diskurse von Reichsbürgern als in linke Kritik an bürokratischen und intransparenten Entscheidungsprozessen. In ihrem Eintreten »für alle Menschen, die unter den Maßnahmen zu leiden haben«, vergessen diese Linken komplett alle Menschen, die unter dem Virus und dessen Folgen leiden und denen die Maßnahmen ein Weiterleben erlauben. Stattdessen haben sie sehr viel Mitgefühl mit dem leidenden Mittelstand entwickelt. Hier ist dann auch ein Ruf nach unbedingter Freiheit der Gesunden auf Kosten der Vorerkrankten und Alten anschlussfähig.

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Linke Querdenker*innen knüpfen in ihrer Kritik häufig an tatsächliche Probleme an, übersteigern, instrumentalisieren und verzerren diese allerdings so, dass sie von rechter Kritik nicht mehr zu unterscheiden sind, etwa wenn die berechtigte Kritik an unzureichendem medizinischen Datenschutz in Überwachungsphantasien per Chip in der Impfung umschlägt oder die Problematisierung der tatsächlichen Unterfinanzierung der WHO zu antisemitischen Fantasmen über Bill Gates als Strippenzieher einer neuen Weltordnung führt.

Auch das Spektrum der Linken, das sich schon seit längerem mit einer Kritik der Gesundheitsfürsorge mit ihrem rationalen Expert*innentum befasst und sich um ganzheitlichere Ansätze bemüht, ist teilweise ins Esoterische gekippt. Viele alternative Heilmethoden können evidenzbasiert nicht verifiziert werden. Die Suche nach sanften Alternativen, deren Wirkungsweise man nicht erklären kann, führte dann in der Pandemie verstärkt zum Misstrauen gegen die »Schulmedizin« und zur Offenheit für unwissenschaftliche Erklärungen und schlecht gemachte Studien.

Einige prominente Mitglieder der Linkspartei ließen in den vergangenen drei Jahren Zweifel daran aufkommen, ob ihre Kritik eine solidarische ist. Sahra Wagenknecht und Diether Dehm entpuppten sich als Impfskeptiker*innen, der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko nahm immer mal wieder als Redner an Querfront-Demonstrationen in seinem Wahlbezirk Aachen teil und teilte sich dabei das Mikrophon mit AfDlern. Dass sich die Linkspartei in einer FAQ zur Corona-Pandemie und den staatlichen Gegenmaßnahmen genötigt sieht, auch Fragen wie »Wird die WHO von Bill Gates kontrolliert?« zu beantworten, zeigt, dass im Feld der Maßnahmenkritik verschwörungsideologische Diskurse die Deutungshoheit haben. Solidarität mit den am meisten Gefährdeten hat auch für Linke nicht immer Priorität.

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