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Globaler Klimastreik: Wichtiges Bündnis mit den Gewerkschaften
Klimaaktivistin Annika Rittmann über notwendigen Straßenprotest, den Ruf nach einer Mobilitätswende und das Bündnis mit der Gewerkschaft Verdi
Wie stressig waren die letzten Tage vor dem globalen Klimastreik an diesem Freitag?
Die Jugendbewegung Fridays for Future ruft für diesen Freitag wieder zum globalen Klimastreik auf, in einigen deutschen Orten gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi. Warum dies so wichtig ist, erklärt Annika Rittmann von Fridays for Future. Die 20-Jährige studiert in Hamburg Mensch-Computer-Interaktion.
Immer stressiger, als man dachte. Am Mittwoch war ich mit Luisa Neubauer an zwei Schulen, um über den Klimastreik zu reden. Die letzten Programmpunkte mussten festgelegt und Presseanfragen beantwortet werden. Und ganz am Schluss tauchten dann doch wieder 30 Sachen auf, die irgendwo auf der Strecke geblieben sind.
Mit wie vielen Menschen rechnen Sie am Freitag auf den Straßen?
Bundesweit ist das immer schwierig einzuschätzen. Aber die letzten Tage und Wochen gab es viel Zuspruch. Meine Erwartungshaltung ist, dass dieser Klimastreik noch einmal mehr Dynamik und Wirkung erzeugt als der im September. Inzwischen sind 250 Aktionen in der gesamten Republik angemeldet, davon in über 40 Orten gemeinsam mit Verdi.
Und warum haben Sie sich für den 3. März entschieden, um den Kampf für Klimaschutz wieder auf die Straße zu tragen?
Wir stimmen die Termine immer international ab. Wir wollen den Klimadiskurs das ganze Jahr über nicht einschlafen lassen. Unsere Erfahrung ist: Sobald niemand mehr auf der Straße für Klimaschutz kämpft, wird politisch so getan, als ob niemand mehr an Klimaschutz interessiert wäre. Außerdem stehen Entscheidungen an. Die Ampel-Regierung plant einige Gesetzgebungen, es sind bald Tarifverhandlungen und Verkehrsminister Volker Wissing blockiert die Mobilitätswende. Es ist also allerhöchste Zeit, um wieder zu zeigen, dass Menschen weiter für Klimagerechtigkeit kämpfen und dafür auf die Straße gehen.
Die Mobilitätswende ist eine der Kernforderungen dieses Streiks. Warum ist das Thema gerade jetzt so wichtig?
Der Mobilitätssektor schneidet bei der Emissionsreduktion von allen Sektoren am schlechtesten ab. Wenn man die Klimaziele für 2030 einhalten will, müssen die Emissionen in dem Sektor 14-mal schneller sinken, als das gerade der Fall ist. Für diese gigantische Aufgabe würde man erwarten, dass es eine Debatte darüber gibt, wie das zu schaffen ist. Stattdessen wird darüber diskutiert, wie Verbrennungsmotoren trotz Verbots auf EU‑Ebene auf den Straßen gehalten werden können. Dagegen müssen wir ein Zeichen setzen. Wer bestimmt eigentlich, wie unsere Mobilität aussieht – die großen Autokonzerne oder die Menschen?
Und was müsste jetzt ganz schnell passieren?
Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs muss verdoppelt werden, er muss in höherer Taktung fahren, und es braucht Lösungen für den ländlichen Raum. Außerdem, und das ist unsere gemeinsame Forderung mit Verdi, braucht es eine vernünftige Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen für Beschäftigte des ÖPNV.
Für faire Bezahlung hat Verdi in einigen Bundesländern große ÖPNV-Streiks angekündigt. Warum ist die Zusammenarbeit zwischen der Klimabewegung und den Gewerkschaften so wichtig?
Im öffentlichen Diskurs werden faire Bezahlung und Investitionen in den Schienenverkehr oft gegeneinander ausgespielt. Dagegen können wir, die Klimabewegung und Verdi, nur gemeinsam ein Zeichen setzen. Das Geld ist da, wenn man es nicht in Autos investiert. Man kann den ÖPNV ausbauen und die Mitarbeiter*innen trotzdem fair bezahlen. Klimaschutz muss in eine gute Sozialpolitik eingebunden werden. »Wer bezahlt den Klimaschutz?«, ist eine wichtige Frage. Die Antwort darf aber nicht sein, dass man keinen Klimaschutz macht, weil er zu teuer ist. Klimaschutz und Sozialpolitik schließen sich nicht aus.
Sehen Sie Verdi und auch andere Gewerkschaften als Verbündete im Kampf für eine klimagerechte Zukunft?
Natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen uns, einer relativ dynamischen Bewegung, und einer Gewerkschaft. Mit Verdi befinden wir uns in einem ständigen Aushandlungsprozess darüber, was man wann und wie fordert. Aber am Ende ist die Kooperation mit Gewerkschaften und Sozialverbänden superwichtig, um zu verhindern, gegeneinander ausgespielt zu werden. Wir als Jugendbewegung haben in sozialpolitischen Fragen natürlich teilweise andere Perspektiven und je nach Thema eine andere gesellschaftliche Legitimation, wenn wir uns äußern.
Die Forderungen heute sind weitestgehend dieselben wie schon beim ersten globalen Klimastreik vor vier Jahren: Ausbau der Erneuerbaren, Mobilitätswende und schlussendlich die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens. Was bringt es, diese Forderungen immer wieder auf die Straße zu tragen?
Sobald Menschen nicht mehr auf der Straße stehen, kommt irgendwer und sagt, die Menschen wollen keinen Klimaschutz. Deshalb ist es wichtig, unsere Anliegen immer und immer wieder auf die Straße zu bringen. Außerdem hat sich seit dem ersten Klimastreik schon einiges verändert. Das wird nur gerne übersehen. In den letzten Jahren hat eine massive Diskursverschiebung stattgefunden. Vor einigen Jahren hatte man das Gefühl, dass einige Politiker*innen im Zweifel »Klima« kaum buchstabieren konnten.
In welchen Ländern ist der Protest diesmal besonders relevant?
Es lohnt sich immer der Blick in Länder, die am stärksten von der Klimakrise betroffen sind, und den Leuten dort zuzuhören. Viele Länder sind auf sehr unterschiedliche Art und Weise schon heute tagtäglich von der Klimakrise betroffen. Demonstrationen sind in diesen Ländern oft nicht so gut besucht wie zum Beispiel in Deutschland. Das kann an einem repressiven Regime liegen oder daran, dass Leute es sich nicht leisten können zu streiken. Deshalb ist es auch unsere Aufgabe im reichen Deutschland, mit diesen Menschen solidarisch zu sein und gegen ihre Unterdrückung einzustehen. In Hamburg etwa trägt eine Person vor, die selbst vor den Auswirkungen der Klimakrise geflohen ist. Diese Sichtbarkeiten zu schaffen, ist unheimlich wichtig.
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