- Politik
- Vietnam
Vo Van Thuong: Der Parteisoldat
Vo Van Thuong ist neuer Staatspräsident in Vietnam
Er ist das jüngste Staatsoberhaupt Vietnams seit dem Ende der Kolonialzeit: der 52-jährige Vo Van Thuong. Das Parlament in dem Einparteienstaat wählte ihn mit nur einer Gegenstimme, nachdem vor rund sechs Wochen sein Amtsvorgänger Nguyen Xuan Phuc wegen eines Korruptionsskandals zurückgetreten war. Mit Thuong betritt ein Vertreter einer Generation die erste Reihe, für die der Vietnam-Krieg nicht mehr unmittelbar prägend war. Zum Kriegsende 1975 war er vier Jahre alt.
Thuong hatte in Ho-Chi-Minh-Stadt marxistisch-leninistische Politische Theorie studiert. Seine Berufserfahrungen beschränken sich auf Jobs im Apparat von Jugendverband und Partei. Dabei war er zuständig für die Überwachung der staatlich kontrollierten Medien, für Personalangelegenheiten im Parteiapparat wie für die Aus- und Weiterbildung sowie für Kampagnen zur Bekämpfung der in Vietnam weit verbreiteten Korruption. Thuong ging gegen »Individualismus« von Parteikadern vor. In Außenpolitik und Wirtschaft ist er wenig erfahren.
Der australische Vietnam-Experte Carl Thayer rechnet unter Thuong nicht mit Änderungen in der Außenpolitik. Das knapp 100 Millionen Einwohner zählende Land orientiert sich weitgehend an China. Im Ukraine-Konflikt gehört es zu den wenigen Staaten, die den Aggressor Russland in UN-Gremien nicht verurteilten. Thayer rechnet damit, dass Thuong, wenn er als Staatspräsident Erfolg hat, in der Legislaturperiode ab 2026 ein Kandidat für das noch wichtigere Amt des Parteichefs wäre. Der jetzige Parteichef Nguyen Phu Trong ist 78 Jahre alt und gesundheitlich angeschlagen.
In sozialen Netzwerken wird die These verbreitet, Thuong sei ein Sohn des legendären früheren Premierministers Vo Van Kiet, der wegen seiner Wirtschaftsreformen als der vietnamesische Michail Gorbatschow gilt und nach seinem Rücktritt vom Amt 1997 mit seinen Thesen zur Umweltpolitik und zu einer demokratischen Kontrolle über den Geheimdienst zu einem der schärfsten Regierungskritiker wurde. Offiziell wird die Vaterschaft weder bestätigt noch dementiert. Marina Mai
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.