Investitionen in Klima- und Umweltfrevel

Französische Umweltverbände verklagen die Großbank BNP Paribas

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 4 Min.

Umwelt- und Hilfsorganisationen gehen juristisch gegen die größte Bank Frankreichs vor. Oxfam, Les Amis de la Terre und weitere Organisationen haben vor Kurzem die Großbank BNP Paribas verklagt, weil diese entgegen dem geltenden französischen und EU-Recht in neue Projekte zur Erschließung und Nutzung fossiler Energien investiert. Vor einem Vierteljahr hatten sie BNP aufgefordert, innerhalb von drei Monaten derartige Finanzierungen einzustellen, waren aber vom Management der Bank mit leeren Parolen hingehalten worden.

Nach einer Klage gegen den französischen Staat wegen nicht eingehaltener Zusagen zum Energiewandel und gegen den Energiekonzern Total, der in Afrika auf Kosten der Natur und der örtlichen Bevölkerung ein neues Erdölgebiet erschließt, ist es bereits der dritte Fall, dass französische Nichtregierungsorganisationen über die Justiz eine veränderte Energie- und Umweltpolitik einfordern. Die Kläger sind zuversichtlich, dass es aufgrund ihrer Klage gegen BNP »einen Prozess von historischer Bedeutung« geben wird. »Auf jeden Fall ist es das erste Mal nicht nur in Frankreich, sondern weltweit, dass Bürgervereine eine Bank wegen ihrer umweltschädigenden Investitionen vor Gericht zitieren«, sagt Justine Ripoll von der Organisation »Notre affaire à tous«.

In der Anklageschrift berufen sich die Verbände auf das Gesetz zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht, das nach dem Rana-Plaza-Drama in Bangladesh verabschiedet wurde. Dort war 2013 das so benannte mehrstöckige Fabrikgebäude zusammengestürzt, wobei mehr als tausend Beschäftigte ums Leben kamen, die dort für internationale Textilkonzerne und namhafte Modemarken gearbeitet hatten. Das Gesetz verpflichtet alle Unternehmen des Landes, nicht nur in Frankreich, sondern auch im Ausland Risiken zu identifizieren und Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen, die sich aus ihren Aktivitäten ergeben können, zu verhindern. Im Fall von BNP Paribas werfen die NGOs der Bank vor, weiter in Projekte zu investieren, mit denen neue Öl- und Gasprojekte entwickelt werden.

»Der Finanzsektor trägt eine enorme Verantwortung für unsere kollektive Fähigkeit, das Pariser Abkommen und damit die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad einzuhalten oder nicht«, erklärt Ripoll. BNP Paribas habe man ins Visier genommen, weil diese Bank »der größte europäische Finanzier der Expansion fossiler Energieträger« ist, begründet Lorette Philippot, Expertin für Klima- und Finanzfragen bei Friends of the Earth Frankreich, die Initiative. Seit dem Pariser Klimagipfel vom Dezember 2015 habe die Bank zwischen 2016 und 2021 insgesamt 55 Milliarden US-Dollar (51,77 Milliarden Euro) in Form von Krediten, Aktien oder Anleihen an internationale Öl- und Gas-Konzerne wie TotalEnergies, BP oder Shell vergeben. Damit gehört BNP Paribas zu den international führenden Geldgebern, noch vor den britischen Großbanken HSBC und Barcleys, die in diesen Sektor je 54 Milliarden US-Dollar investiert haben und weit vor den französischen Konkurrenten Société Générale und Crédit Agricole, die mit 33 beziehungsweise 32 Milliarden US-Dollar im internationalen Vergleich erst auf den Plätzen 16 und 17 folgen.

Die Verbände verweisen darauf, dass selbst die Internationale Energieagentur seit 2021 dazu aufruft, nicht mehr in neue Öl- und Gasanlagen zu investieren, um »eine kleine Chance zu wahren, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und bis 2050 CO2-neutral zu werden«. Wie viele andere international aktive Banken trat BNP Paribas 2021 der Net-Zero Banking Alliance bei und verpflichtete sich dabei, »bis 2050 eine kohlenstoffneutrale Welt zu finanzieren«. Um diesen Worten endlich Taten folgen zu lassen, wird die Bank von den Umweltverbänden aufgefordert, »jegliche finanzielle Unterstützung für Unternehmen, die neue Projekte im Bereich der fossilen Energien entwickeln, sofort einzustellen«.

Die Bank selbst verweist darauf, dass in ihrem Portfolio im Bereich Energien der Anteil der Investitionen in fossile Träger an den Gesamtinvestitionen innerhalb der letzten zehn Jahre von 95 Prozent auf 45 Prozent zurückgegangen sei und gleichzeitig der Anteil von Investitionen in kohlenstoffarme Energiequellen bis 2030 um mehr als 80 Prozent steigen werde. Aus der Kohle sei man »längst ausgestiegen« und diesen Weg schlage man mittelfristig auch beim Öl ein. Während dort die Finanzierung bis 2030 um 80 Prozent reduziert werden soll, ist die Bank bei Erdgas weniger ehrgeizig und nimmt sich hier nur eine Senkung um 30 Prozent vor. Diese Ziele werten die klagenden Organisationen als »völlig unzureichend«.

Um ihren Standpunkt zu untermauern, führen die Nichtregierungsorganisationen an, dass BNP Paribas erst Anfang Februar zusammen mit den US-Banken Citigroup und JP Morgan Anleihen im Wert von 2,5 Milliarden US-Dollar für den Ölriesen BP ausgegeben hat. Die für die nächste Zukunft geplanten Öl- und Gasprojekte von BP werden laut einem Bericht der NGO Oil Change International von 2021 über ihre gesamte Lebensdauer hinweg so viele Treibhausgase ausstoßen wie sechs neue Kohlekraftwerke. »Das beweist, dass BNP entgegen seinen Ankündigungen nicht wirklich die Absicht hat, seinen Kurs zu ändern«, meint Lorette Philippot. Dabei hätten andere Banken bewiesen, dass es auch anders geht. So hat die vom Staat getragene Banque Postale bereits 2021 angekündigt, dass sie bis 2030 die insgesamt 1,2 Milliarden Euro umfassenden Kredite, Beteiligungen und Anleihen, die mit fossilen Energieträgern in Verbindung stehen, ablösen wird.

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