»Freddy«: Ausdauerndster Sturm aller Zeiten

Seit mehr als einem Monat wütet der Zyklon. Im Südosten Afrikas richtete er schwere Schäden an

  • Barbara Barkhausen
  • Lesedauer: 5 Min.
Erstmals Land erreichte der Zyklon Mitte Februar in Madagaskar. Von dort zog er weiter nach Mosambik und anschließend zurück über den Indischen Ozean.
Erstmals Land erreichte der Zyklon Mitte Februar in Madagaskar. Von dort zog er weiter nach Mosambik und anschließend zurück über den Indischen Ozean.

Der tropische Wirbelsturm »Freddy«, der sich Anfang Februar im Meer zwischen Indonesien und Australien bildete, wütete 36 Tage lang. Am 11. März traf er zum zweiten Mal die Küste Mosambiks und zog dann nach Malawi weiter, wo er sich schließlich zu einem Tiefdruckgebiet abschwächte. Laut Angaben der Katastrophenschutzbehörde wurden allein in Malawi aufgrund starker Regenfälle, Fluten und Erdrutsche mindestens 20 000 Menschen obdachlos.
Aus meteorologischer Sicht bricht »Freddy« alle Rekorde: So lange wie er dauerte vermutlich noch kein Sturm zuvor, und auch die von ihm transportierten Energiemengen waren gewaltig.

Als sich in den frühen Morgenstunden des 6. Februar 2023 ein Tropensturm über dem Meer zwischen Indonesien und Westaustralien bildete, entschied sich die australische Wetterbehörde, ihm den Namen »Freddy« zu geben. Damals ahnten die Meteorologen noch nicht, dass der Sturm die Wettergeschichte neu schreiben sollte. Denn über einen Monat später war der tropische Wirbelsturm noch immer aktiv.

Seit Anfang Februar überquerte »Freddy« den Indischen Ozean und Madagaskar, um dann im Zickzackkurs zwischen der Insel und der afrikanischen Südwestküste zu pendeln. Am Wochenende wurde Mosambik nun zum zweiten Mal innerhalb eines Monats von »Freddy« und damit von Regen, starken Winden und Überschwemmungen heimgesucht. Das afrikanische Land erhielt in den letzten vier Wochen das Äquivalent von mehr als einem Jahr an Niederschlag. Mindestens 309 Menschen starben in den betroffenen Regionen Madagaskar, Mosambik und Malawi an den Folgen des Sturms.

Tropische Wirbelstürme können enorm groß werden und einen Durchmesser von mehreren hundert Kilometern haben. Ihre Energie beziehen die Stürme aus der Wärme des Ozeans. Damit sich ein tropischer Wirbelsturm bildet, sind Meeresoberflächentemperaturen von mindestens 26 Grad Celsius erforderlich. Laut der Klimaforscher Micheal Pillay und Jennifer Fitchett haben sich die Orte, an denen sich tropische Wirbelstürme bilden und intensivieren, in den letzten 30 Jahren verschoben, da die Weltmeere immer wärmer geworden sind.

Damit hat sich auch das Gebiet, in denen die Stürme ihr Unheil treiben, »mit einer Geschwindigkeit von etwa 50 bis 60 Kilometer pro Dekade in Richtung der Pole bewegt«, wie die beiden Wissenschaftler bereits 2019 in einem Aufsatz für das akademische Magazin »The Conversation« schrieben. »Die für die Entstehung tropischer Wirbelstürme notwendigen warmen Temperaturen finden sich heute in ehemals kühleren Meeresregionen.« Vor den 80er Jahren hatten sich tropische Wirbelstürme auf der Südhalbkugel in Breiten zwischen fünf und 20 Grad südlich des Äquators bewegt – tropische Regionen, wo das Meerwasser am wärmsten war. Dieses Band hat sich inzwischen in Richtung der Pole ausgedehnt.

Der Tropensturm »Freddy« ist ein besonders ausdauerndes Beispiel: Den Rekord des am längsten anhaltenden Zyklons brach er vermutlich bereits am 9. März. Schon da war er 32 Tage unterwegs und damit einen Tag länger als der bis dahin ausdauerndste Wirbelsturm. Der bisherige Rekordhalter aus dem Jahr 1994, der Hurrikan beziehungsweise Taifun »John«, wütete 31 Tage und überquerte dabei den Pazifik.

Auch »Freddy« hat einen Ozean überquert und somit an Stärke gewonnen. Von seinem Geburtsort in der Nähe von Australien ging es von Ost nach West über den gesamten Südindischen Ozean in Richtung Afrika. Insgesamt hat »Freddy« mehr als 8000 Kilometer zurückgelegt. Über Mauritius und La Réunion traf der Sturm am 21. Februar schließlich auf Madagaskar und am 24. Februar auf Mosambik. Diese Route ist eher selten. Die jüngsten vergleichbaren Fälle waren die tropischen Wirbelstürme »Leon-Eline« und »Hudah« im Jahr 2000, das wie 2023 ein La-Niña-Jahr war. La Niña ist ein Klimamuster, das meist alle drei bis fünf Jahre auftaucht – das Gegenstück zum Bruder El Niño. Zu Zeiten von La Niña ist das Wasser vor Asien besonders warm.

»Freddy« führte in Mosambik und im benachbarten Simbabwe zu schweren Regenfällen und Überschwemmungen. Dann drehte er und nahm in der Straße von Mosambik erneut Energie aus dem warmen Wasser auf. Er pendelte in Richtung der Südwestküste Madagaskars und wieder zurück nach Mosambik. Insgesamt nahm der Sturm gleich mehrmals neue Energie auf. Letzteres führte dazu, dass er eine sogenannte akkumulierte Zyklonenergie hatte, die einer durchschnittlichen vollen Hurrikansaison im Nordatlantik entspricht, wie die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) schrieb.

»›Freddy‹ hat große sozioökonomische und humanitäre Auswirkungen auf die betroffenen Gemeinden«, sagte Johan Stander von der WMO. Dass es nicht noch deutlich mehr Todesopfer gegeben habe, sei genauen Prognosen und Frühwarnungen zu verdanken. Dass »Freddy« ein ungewöhnlich ausdauernder Sturm ist, dies ist schon heute klar. Ob er jedoch wirklich den Rekord als längster tropischer Wirbelsturm aller Zeiten gebrochen hat, dies wird in den kommenden Wochen ein Expertenkomitee entscheiden, das die WMO zusammenstellt. »Eine Frage, die wir ansprechen werden, ist die Tatsache, dass der Sturm während seiner langen Lebensdauer regelmäßig unter den Status eines tropischen Sturms abgeschwächt wurde«, erklärte WMO-Experte Randall Cerveny.

Die tropischen Wirbelstürme, die in den vergangenen Jahren die meisten Schäden und Todesopfer forderten, waren die Zyklone »Idai« und »Kenneth«, die Mosambik im März und April 2019 besonders hart trafen. Allein »Idai« tötete mehr als 1500 Menschen in Mosambik, Malawi und Simbabwe. »Diese Stürme mit hoher Intensität wurden mit den sehr warmen Meeresoberflächentemperaturen im Indischen Ozean in Verbindung gebracht«, schrieb Jennifer Fitchett, eine Expertin der University of the Witwatersrand in Johannesburg, in einem Aufsatz für »The Conversation« im Jahr 2019. Temperaturen von 30 Grad Celsius träten inzwischen aufgrund der globalen Erwärmung häufiger und über längere Zeiträume hinweg auf. Und: »Wärmere Meerestemperaturen lassen stärkere Stürme entstehen«, so die Forscherin.

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