DSV gegen Johan Eliasch: Rückzug der Klage

Trotz Rückzug ihrer Klage kämpfen der DSV und andere Verbände weiter gegen Johan Eliasch

  • Elisabeth Schlammerl
  • Lesedauer: 5 Min.

Ein Ende ist oft gleichzeitig ein Anfang. Wenn an diesem Wochenende die letzten Entscheidungen der aktuellen alpinen Weltcup-Saison fallen, soll es hinter den Kulissen bereits um den nächsten Winter, wenn möglich sogar auch über die nächsten zwei, drei Winter gehen. Genau genommen muss aber erst einmal über etwas anderes gesprochen werden, nämlich darüber, wie künftig kommuniziert werden soll zwischen dem Internationalen Skiverband Fis und ein paar seiner wichtigsten Nationalverbände. Primär wolle man, sagt Stefan Schwarzbach, Vorstandsmitglied im Deutschen Skiverband (DSV), »ein paar Eckpunkte für die Gesprächsbasis in den kommenden Wochen und Monaten festlegen«. 

Die Basis für diese Annäherung legten der DSV und die Verbände aus Österreich, der Schweiz und Kroatien, indem sie in der vergangenen Woche die Klage gegen die umstrittene Wiederwahl des Fis-Präsidenten Johan Eliasch im vergangenen Mai zurückzogen. Die Delegierten hatten damals nur die Möglichkeit, für den schwedisch-britischen Geschäftsmann zu votieren oder sich zu enthalten. Gegenstimmen sieht die Satzung der Fis nicht vor. 

Einige Vertreter aus den Verbänden, deren Unterstützung Eliasch in seinem ersten Amtsjahr verwirkt oder noch nie gehabt hatte, verließen den Saal bei der Wahl. Deutschland, Österreich, die Schweiz und Kroatien zogen daraufhin vor den Sportgerichtshof Cas, weil sie der Meinung waren, dass dieses Prozedere nicht dem Schweizer Vereinsrecht entspreche. Das Urteil des Cas, so hieß es zuletzt, hätte in dieser Woche fallen sollen – allerdings war eine Entscheidung schon ein paarmal angekündigt gewesen und stets wieder verschoben worden.

»Unsere Rechtsauffassung hat sich nicht geändert«, stellte Schwarzbach klar. Man habe aber festgestellt, dass die Situation »das gesamte System gelähmt hat«. Nachdem von der Fis Gesprächsbereitschaft signalisiert worden war, habe man »als Zeichen des guten Willens« die Klage fallen gelassen, um den Dialog wieder aufzunehmen. »Wir müssen den Blick nach vorne richten und einen Fahrplan entwickeln für die anstehenden wichtigen Themen Kalenderplanung, Vermarktung und Weiterentwicklung der Sportarten«, sagte Schwarzbach. 

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Fis das etwas anders sieht – und als Erfolg für sich verbucht. Das bedeute, dass nicht länger Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Eliaschs Wiederwahl bestünden, teilte die Fis am vergangenen Mittwoch mit. Ohnehin habe der Verband stets betont, dass die vorgebrachten Anschuldigungen »leichtsinnig« und »unbegründet« gewesen seien. Die Fis sei interessiert daran, diese »unglückliche Episode« hinter sich zu lassen und sich auf das zu konzentrieren, »was wirklich zählt: demokratisch und weltoffen zusammenzuarbeiten und die besten Rahmenbedingungen für den, unseren Sport schaffen«.

Ein Neuanfang also? Da gibt es Zweifel, weil es genau jene von der Fis nun eingeforderte »demokratische und weltoffene Zusammenarbeit« unter Eliasch’ Führung bisher nicht gegeben hat. Eliasch hatte 2021 den Posten von Gian Franco Kasper übernommen – auch mit Unterstützung des damaligen Präsidenten des Österreichischen Skiverbandes, Peter Schröcksnadel. Er habe gehofft, dass der langjährige CEO des Skiherstellers Head, Eliasch, mit neuen Visionen den Skisport voranbringe, erklärte Schröcksnadel. Vermutlich war dem ÖSV-Boss aber mindestens genauso daran gelegen, einen der Gegenkandidaten von Eliasch an der Spitze des Weltverbandes zu verhindern: den Chef von Swiss Ski, Urs Lehmann. 

Als Eliasch kurz vor dem Wahlkongress 2022 mit seinen Ideen um die Ecke kam, die er zuvor nur im kleinen Kreis präsentiert hatte, aber nicht dem Fis-Council, regte sich Unmut. Es ging zum einen um die Vermarktung, die er zentralisieren will – ohne Rücksicht auf längerfristige Verträge der einzelnen Verbände mit Zwischenhändlern. Auch blieb er bisher Antworten auf die Fragen nach einem Konzept dafür schuldig. Ein anderes heikles Thema ist der Weltcup-Kalender. Zwar betont Eliasch stets, auf die Klimabilanz zu achten und nachhaltig zu operieren, plant aber gleichzeitig noch mehr Rennen in noch mehr Ländern. In diesem Jahr schickte er die Männer im Februar ein zweites Mal in die USA, er plant Weltcups in China und Ski-Hallen. Sogar Rennen in Saudi-Arabien hält Eliasch für vertretbar, »wenn sie ein klimaneutrales Resort anbieten können und es keinen Einfluss auf die Umgebung hat«. Die Konsequenz ist, dass wohl ein paar traditionelle Veranstaltungsorte künftig nicht mehr oder seltener berücksichtigt werden. Es könne aber nicht sein, »dass ein Fis-Präsident alleine bestimmt, wie ein Weltcup-Kalender aussieht«, kritisierte zuletzt DSV-Sportvorstand Wolfgang Maier in »Münchner Merkur« und »tz« das Geschäftsgebaren von Eliasch. Er sei 15 Jahre im Fis-Weltcup-Komitee gesessen. »Das höchste Gut war es, für die Veranstalter eine sichere Planung aufzustellen«, sagt Maier. Für ihn sitze mit Eliasch »eine völlig falsche Person auf diesem Posten«. 

Im Januar hatten die Verbände von Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Kooperation vereinbart unter dem Dach der schon seit gut 50 Jahren existierenden Organisation der Alpenländer-Skiverbände, zu der auch Frankreich und Italien gehören und demnächst vielleicht auch ein paar Nicht-Alpenländer. Sie demonstrierten den Schulterschluss am Rande des prestigeträchtigsten Skirennens der Welt. In Kitzbühel kündigten die Verantwortlichen von DSV, ÖSV und Swiss Ski eine engere Zusammenarbeit an und posierten im Zielraum ein paar Meter entfernt von Eliasch medienwirksam für ein Foto. 

Mit Ausnahme der Zentralvermarktung, die für alle Disziplinen in der Fis gelten soll und von Fis Games, die Eliasch im kommenden Jahr veranstalten will, konzentrieren sich seine umstrittenen Ideen auf die Alpin-Sparte. Für die anderen Sportarten mit Tradition – Langlauf, Skispringen oder Nordische Kombination – halten sich Visionen in Grenzen. Aus dem Ski-Weltcup will Eliasch allerdings eine Formel 1 des Wintersports machen. Während er bei der Ski-WM in Courchevel und Méribel die gesamten knapp zwei Wochen verweilte und regelmäßig die Siegerehrungen vornahm, stattete er den nordischen Titelkämpfen in Planica ebenso nur einen Kurzbesuch ab wie der Snowboard- und Freestyle-WM in Georgien. Dass sich Head, dessen Eigentümer Eliasch eigenen Angaben zufolge noch ist, vor allem auf die Produktion von Alpin-Skiern konzentriert, ist womöglich Zufall.

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