Milde Strafe für antisemitische Attacke bleibt bestehen

Polizei ermittelt vier weitere Tatverdächtige des Angriffs auf das Restaurant »Schalom« in Chemnitz

  • Felix Sassmannshausen
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Inhaber Uwe Dziuballa vor seinem koscheren Restaurant »Schalom« in Chemnitz.
Der Inhaber Uwe Dziuballa vor seinem koscheren Restaurant »Schalom« in Chemnitz.

Im Verfahren am Oberlandesgericht Dresden gegen Kevin A. für seine Beteiligung am Angriff auf den jüdischen Gastronomen Uwe Dziuballa und sein Restaurant »Schalom« in der Chemnitzer Innenstadt hat der Vorsitzende Richter Michael Gerhäusser am Freitag den Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Damit ist das vorherige Urteil des Landgerichts Chemnitz rechtskräftig, das den nunmehr 32-jährigen Kevin A. für Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung im Juli zu zehn Monaten auf Bewährung schuldig gesprochen hatte.

A. hatte im Spätsommer 2018 im Zuge rassistischer Ausschreitungen in Chemnitz gemeinsam mit mindestens neun Mittätern das »Schalom« in der Innenstadt mit Steinen, Flaschen und Stangen angegriffen. Der Gastronom Dziuballa wurde von einem Stein an der Schulter getroffen und leicht verletzt. Am Restaurant entstand Sachschaden. Noch vor Ankunft der Polizei war die Gruppe wieder verschwunden.

Nach langwierigen Ermittlungen führten DNA-Spuren auf einem der Steine die Ermittler des LKA Sachsen zu Kevin A. aus dem niedersächsischen Stade. Das Landgericht verurteilte den jungen Mann in zweiter Instanz. Damit reduzierte es das erstinstanzliche Strafmaß von einem Jahr auf Bewährung. Zur Begründung führte die Vorsitzende Richterin an, dass der Tatbestand des schweren Landfriedensbruchs nicht erfüllt sei. Der Stein, auf dem die Spuren gefunden worden waren, sei dafür zu klein.

Sichtlich überrascht über das milde Urteil hatte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden Revision eingelegt. »Es war ein antisemitisch motivierter Angriff aus einer Menschenmenge auf ein jüdisches Restaurant«, erklärte Staatsanwalt Norbert Metzger im Gerichtssaal am Dresdner Elbufer. Die Tat habe »vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte, der Verfolgung jüdischer Menschen in Zeiten des Nationalsozialismus, ein besonderes Gewicht«. Das habe die Vorsitzende Richterin am Landgericht nicht hinreichend berücksichtigt.

Das sah Jan-Hendrik Herms, Anwalt des Verurteilten, anders. Er plädierte dafür, das Urteil des Landgerichts aufrechtzuerhalten. Dann könne sein Mandant sich wieder auf sein familiäres und berufliches Leben konzentrieren, das er nunmehr führe. Er sei nicht mehr straffällig geworden und mit der rechten Szene habe A. auch nichts mehr zu tun, behauptete Herms vor Gericht.

Doch eine solche Distanzierung von der extremen Rechten ist mehr als zweifelhaft. Kevin A. hat weder ein Aussteigerprogramm durchlaufen, noch hat er im Verfahren Reue gezeigt oder ausgesagt und damit zur Aufklärung beigetragen. Zudem soll er im erstinstanzlichen Verfahren am Amtsgericht Chemnitz vom einschlägig vorbestraften Rechtsextremisten Leon R. aus Eisenach abgeholt worden sein. Dass R., gegen den in einem anderem Verfahren wegen mutmaßlicher Mitgliedschaft in der rechtsterroristischen Vereinigung »Atomwaffendivision Deutschland« ermittelt wird, auch im Kontext des Verfahrens wegen des Angriffs auf das Restaurant »Schalom« auftaucht, ist keineswegs zufällig. Denn er gilt auch hier als Tatverdächtiger.

Daneben ermittelt das LKA Sachsen gegen drei weitere Mitglieder der gewaltbereiten Neonaziszene in Thüringen und Sachsen-Anhalt. Dabei soll es sich laut Ermittlerkreisen um Oliver F., Dominic E. und Kevin N. handeln. Letzterer soll gemeinsam mit R. Mitglied der Eisenacher Neonazi-Kampfsportgruppe »Knockout 51« gewesen sein. Auch Dominic E. und Oliver F. sollen Teil der extrem rechten Kampfsportszene sein.

Erhärtet sich der Verdacht gegen die vier weiteren Beschuldigten, wäre dies für die Bewertung der Tat von erheblicher Bedeutung. Dann würde sich bestätigen, dass die antisemitischen Angreifer gegen das »Schalom« planvoll und konspirativ vorgegangen sind. Die Ermittlungen in dem Fall laufen weiter schleppend, heißt es aus den Ermittlerkreisen. Gut möglich, dass der Hintergrund und die weitere Tatbeteiligung deshalb unaufgeklärt bleiben.

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