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Gelungene Skiflug-Premiere für die Frauen
Die endlich erreichte Gleichberechtigung in der Luft sorgt für große Gefühle am Monsterbakken
Katharina Althaus hatte Tränen in den Augen, auch wenn sich nach vielen Jahren des Wartens gerade ihr großer Traum vom Skifliegen erfüllt hatte. Doch es war eben nicht der einzige, der an diesem Wochenende wahr werden sollte. »Ich wollte gern einmal über 200 Meter fliegen, davon habe ich schon als Kind geträumt«, beschrieb die dreimalige Weltmeisterin dieses Winters ihre Gefühlslage. Bei ihrem deutschen Rekord von 198,5 Metern im Probedurchgang fehlte an diesem historischen Tag für die Skispringerinnen nur eine Winzigkeit. Und ein paar Minuten später hatte Althaus auch ihr Lächeln am »Monsterbakken« von Vikersund wiedergefunden: »Es war cool, mit Geschichte schreiben zu dürfen.«
Dieses Gefühl einte die 15 Frauen, die an diesem Sonntagvormittag bei idealen Wetterbedingungen in Norwegen ihren ersten offiziellen Skiflugwettkampf bestreiten durften. Nach jedem gelungenen Sprung umarmten sich die Pionierinnen der Königsdisziplin des Skispringens, es wurde viel gelacht und es flossen jede Menge Freudentränen. Zudem gab es natürlich eine spektakuläre Weltrekordjagd am Tag, an dem auf der größten Anlage der Welt die »Schanzengleichheit« Realität wurde: Die Slowenin Ema Klinec holte sich letztlich mit 226 Metern die erste Bestmarke für die Frauen. Ihr überlegener Triumph brachte ihr zudem 40 000 Euro für den Gesamtsieg in der lukrativen Raw-Air-Tournee ein. Die beim Skifliegen viertplatzierte Althaus sicherte sich als Gesamtzweite 15 000 Euro, Selina Freitag als Dritte noch 5000.
Viel wichtiger war jedoch, dass die ersten insgesamt 90 Flüge für die Frauen an diesem Wochenende ohne einen einzigen Sturz über die Bühne gingen. Die besten Springerinnen der Welt bewiesen überzeugend, dass sie auch auf der größten Schanze bei gewaltigem Druck in der Luft und über 100 Stundenkilometern Landegeschwindigkeit bestehen können. Genau das hatten Kritiker wie der österreichische »Skisprung-Professor« Toni Innauer im vergangenen Sommer bezweifelt. »Der Unterschied zu den männlichen Kollegen liegt nicht so sehr in der sportlichen Leistungsfähigkeit, sondern in den zu erwartenden Problemen bei einem typischen Skiflugsturz«, schrieb Innauer in einem Brief an den Weltverband. Er sah »wichtige biomechanische, medizinische und ethisch-moralische Argumente« gegen die Einführung.
Der Internationale Skiverband Fis hatte die Premiere dennoch angesetzt und sorgfältig vorbereitet. Nur die besten 15 der Raw-Air-Tournee in Norwegen, bei der nur auf Großschanzen gesprungen worden war, durften teilnehmen. Die eigentlich qualifizierte Österreicherin Julia Mühlbauer verzichtete nach einer Bandscheibenverletzung im Herbst freiwillig: »Es ist für mich zu gefährlich, mein Flugsystem ist noch zu instabil.« Verantwortung zeigte auch die Jury: Das erste Training am Freitag wurde wegen unruhiger Wetterbedingungen abgesagt. Bei den folgenden sechs Durchgängen agierte sie in der Anlaufgestaltung mit viel Fingerspitzengefühl.
»Es war nur beim ersten Flug eine Überwindung, danach hat es einfach nur noch Bock gemacht«, lobte Team-Weltmeisterin Anna Rupprecht, Doppel-Weltmeisterin Freitag bekam das »Grinsen« nach den »geilen Flügen« gar nicht mehr aus ihrem Gesicht. Und Katharina Althaus unterstrich noch einmal, dass »Skifliegen für uns Frauen nicht gefährlicher als für die Männer ist. Unser Körper hält das aus.« Flugpionierin Eva Ganster hatte das als Vorspringerin im Februar 1997 am Kulm bereits bewiesen. Ihre damals 167 Meter schafften es sogar ins Guinness-Buch der Rekorde.
Auch danach blieb es aber ein bis heute harter Kampf um Gleichberechtigung. Eine Gruppe von Topspringerinnen wollte die Zulassung zu den Olympischen Spielen 2010 in Vancouver erstreiten. Damals erlitten sie noch eine Niederlage, doch ihr Vormarsch ließ sich nicht mehr aufhalten. 2009 wurde die erste Weltmeisterin der Geschichte gekrönt, 2011 feierten Frauen ihre Weltcup-Premiere. Den Durchbruch gab es am 11. Februar 2014, als sich Carina Vogt in Sotschi zur ersten Olympiasiegerin krönte.
Die letzte und wichtigste Männerbastion beim Flugsport ist jedoch an diesem Wochenende mit dem Skifliegen gefallen. Weltmeisterin Alexandria Loutitt brach mit 225 Metern sogar den kanadischen Landesrekord ihres Kollegen MacKenzie Boyd-Clowes (224 Meter). Ganz so weit ging es für Katharina Althaus noch nicht: »Jetzt muss ich auf jeden Fall weitermachen, damit ich im nächsten Winter über 200 Meter fliege.« Dann könnte das zweite Skifliegen in ihrer Heimat Oberstdorf stattfinden.
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