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Schleswig-Holstein: Höhere Hürden für Bürgerbegehren
Der Kieler Landtag will am Donnerstag Änderungen bei den Mitteln der direkten Demokratie beschließen.
Die Opposition spricht von einer »massiven Demokratieeinschränkung« (Bernd Buchholz, FDP), die schwarz-grüne Regierung in Schleswig-Holstein erklärt hingegen, Kommunalpolitik zu stärken. Unterschiedlicher könnten die Perspektiven auf die für Donnerstag im Kieler Landtag geplanten Änderungen der Gemeinde- und Kreisordnung kaum sein. Fakt ist auf jeden Fall: Die angedachte Reform bedeutet vor allem bei der Durchführung von Bürgerbegehren auf Ortsebene einige, teils erhebliche Änderungen.
Das beginnt mit der Unterschriftensammlung: Reichte es bisher aus, dass in Gemeinden bis 20 000 Einwohner*innen mindestens neun Prozent der Stimmberechtigten unterstützen, sollen es nun zehn Prozent sein, in Gemeinden bis 100 000 Einwohner*innen sind es acht statt sechs Prozent und in Orten mit noch mehr Bewohner*innen fünf Prozent. Ebenfalls angehoben werden sollen die Hürden, wenn es nach einem erfolgreichen Bürgerbegehren zu einem Bürgerentscheid kommt. Dabei reicht es bekanntlich nicht nur für einen erfolgreichen Entscheid, eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu erreichen, sondern es gilt auch ein Mindestquorum. So müssten etwa künftig in Gemeinden bis 20 000 Einwohner*innen mindestens 20 Prozent aller Stimmberechtigten Ja zu einem Antrag sagen, bisher reichten 18 Prozent. Bürgerbegehren gegen Beschlüsse einer Gemeinde- oder Stadtvertretung dürften in Zukunft zudem nur noch maximal drei Monate nach dem Beschluss gestartet werden. Solch eine Frist gab es bisher nicht.
Gemeinden können Bürgerbegehren per Beschluss verhindern
Besonders umstritten ist, dass gegen manche Gemeinderatsbeschlüsse keine Bürgerentscheide mehr möglich sein sollen. Konkret geht es um Entscheidungen zur Bauleitplanung. Werden diese mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gefasst, ist ein Bürgerentscheid unzulässig. Was sich nach einem abstrakten Begriff anhört, ist vor Ort oft der Ausgangspunkt für Vorhaben, die die Gemüter erhitzen. Hinter der Bauleitplanung steckt die Grundlage für Genehmigungsverfahren für die Errichtung von Infrastrukturprojekten wie Schulen, Krankenhäuser, Wohnhäuser oder Windräder. Die Bauleitplanung legt fest, was in einer Gemeinde wo errichtet werden darf.
Beim schleswig-holsteinischen Landesverband von »Mehr Demokratie« stoßen die schwarz-grünen Pläne auf deutliche Kritik. Erst Anfang März hatte der Verein in seinem Bürgerbegehrensbericht festgestellt, dass es aus seiner Sicht »keinen sachlichen Anlass gibt, die Verfahrensregeln bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden« einzuschränken. Belegen tut dies »Mehr Demokratie« mittels einer ausführlichen Statistik. So würden nach Zählung des Vereins in den rund 1100 Gemeinden im nördlichsten Bundesland pro Jahr durchschnittlich nur 17,3 Bürgerbegehren gestartet, von denen rund die Hälfte in Bürgerentscheiden mündet. »Das bedeutet pro Gemeinde alle 125 Jahre einen von unten angestoßenen Bürgerentscheid«, heißt es im Bericht.
»Mehr Demokratie«: Es gelten Fristen
Auch das Argument, Bürgerbegehren würden Planungsprozesse stark bremsen, trifft aus Sicht von »Mehr Demokratie« nicht zu, da schon jetzt Fristen, etwa bei der Unterschriftensammlung, den Zeitraum bis zu einer Entscheidung nur um wenige Monate verlängern. »Die Landesregierung vergrößert nur die Kluft zwischen Bürgern und Politik«, beklagt Vorstandssprecherin Claudine Nierth. »Wenn die Bürger der Politik vertrauen sollen, muss die Politik auch den Bürgern vertrauen.«
Offenbar erfolgt die Gesetzesänderung – der Beschluss durch die schwarz-grüne Mehrheit im Landtag am Donnerstag gilt als sicher – auf Druck der CDU. »Wir Grüne hätten die Bürger*innenbeteiligung in Schleswig-Holstein gelassen, wie sie bisher war«, erklärte Bina Braun, kommunalpolitische Sprecherin der Grünen, vor einigen Tagen. Allerdings hatten die Grünen bereits im Koalitionsvertrag Einschränkungen bei der direkten Demokratie zugestimmt. Diese fallen weniger drastisch als angedacht aus: Ursprünglich wollte die schwarz-grüne Koalition Bürgerbegehren über deutlich mehr Sachfragen stärker einschränken.
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