Verkehrswende ja, aber nicht für meine Kundschaft

Louisa Theresa Braun wundert sich über den Trotz der Gewerbetreibenden an der Friedrichstraße

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Abwehrhaltung der Anrainer*innen der Friedrichstraße gegenüber der neuen Fußgängerzone ist für Außenstehende schwer nachzuvollziehen. Womöglich ist die Kritik an mangelnder Partizipation gerechtfertigt: Reichen drei Treffen, um von Beteiligung zu sprechen? Hätte der Senat aktiver auf die Betroffenen zugehen können? Vielleicht.

Allerdings war bei der Veranstaltung des Bündnisses »Rettet die Friedrichstraße« am Mittwoch auch kein konstruktiver Vorschlag zu hören, wie die Straße alternativ gestaltet werden sollte. Wenn immer wieder betont wird, man habe nichts gegen Fußgängerzonen, sondern nur gegen die Vorgehensweise, muss es für den Fall einer echten Bürger*innenbeteiligung auch eine Idee geben, die man selbst einbringt. Welche konkreten Straßen(abschnitte) sollten denn anstelle von Friedrich- und Charlottenstraße Fußgänger*innen und Radfahrenden vorbehalten sein? Stattdessen wurde immer nur erklärt, was man nicht will: keine Sperrung für Autos, keine rot-weiße Absperrung.

Nun ist es aber so, dass Berlin bis 2045 klimaneutral sein will (an diesem Wochenende entscheidet sich, ob vielleicht sogar schon 2030), was mit dem aktuellen Autoverkehr nicht funktionieren wird. Wir brauchen eine Mobilitätswende und dazu gehören auch autofreie Straßen. Sicher kann man darüber streiten, ob es die Friedrichstraße sein muss oder nicht eher Unter den Linden in Frage käme. Auch über die ästhetische Gestaltung lässt sich diskutieren.

Wenn aber alle Argumente darauf hinauslaufen, dass Kund*innen ausbleiben, weil Kund*innen nun mal Auto fahren, dann würde ein Partizipationsprozess mit einer Mehrheit dieses Bündnisses wohl zu genau jenem Schluss kommen: Wir wollen gar keine autofreie Straße in Berlin – nirgendwo. Genau das ist angesichts der Klimakrise aber keine Lösung. Zukünftig kann nun mal nicht mehr jeder einzelne Hotelgast mit seinem eigenem Wagen anreisen. Egal wie hochpreisig das Hotel ist, die Leute müssen sich daran gewöhnen, den Nahverkehr zu nutzen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -