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Berliner Koalitionsvertrag: Fällt die Entfristung an Hochschulen?
Bei der Wissenschaft wollen die Koalitionäre mehr Geld ausgeben. Eine Passage im Koalitionsvertrag könnte einen alten Streit aufkochen.
Während die Hauptstadt in vielen Bereichen anderen Bundesländern hinterherhinkt, misst sie sich bei den Hochschulen mit den Besten. Groß waren daher die Erwartungen, wie der prestigeträchtige Bereich im Koalitionsvertrag berücksichtigt werden würde. Bereits im Vorfeld war durchgestochen worden, dass die Grundfinanzierung der Hochschulen in jedem Jahr um jeweils fünf Prozent ansteigen soll. Der zukünftige Regierende Kai Wegner (CDU) sprach von einem »Investment in kluge Köpfe«.
Kurz nach Bekanntwerden hatten die Unipräsidenten den Mittelaufwuchs zwar begrüßt, zugleich aber bezweifelt, dass er genügen wird, um die angesichts von Tarifabschlüssen absehbar steigenden Personalkosten aufzufangen. Aus dem Koalitionsvertrag geht nun hervor, dass CDU und SPD die Hochschulen auch bei Pensionszahlungen entlasten wollen. Weiter soll die Hochschulautonomie gestärkt werden, indem es Universitäten erlaubt werden soll, eigenständig Professoren zu berufen. Bisher war dies dem Land vorbehalten. Kurios: Die Koalitionäre wollen auch durchgehende Öffnungszeiten für mindestens eine Universitätsbibliothek. Die 24-Stunden-Bibliothek ist ein Herzensprojekt des wissenschaftspolitischen Sprechers der CDU-Fraktion, Adrian Grasse. Bisher stand er mit der Forderung allein. Nun wurde die Forderung in den Koalitionsvertrag aufgenommen, der im Wissenschaftskapitel ansonsten SPD-Handschrift trägt.
Der Teufel lauert jedoch im Detail: Besonders eine Passage des Koalitionsvertrags dürfte noch für kontroverse Diskussionen sorgen. Im Kern steht eine umstrittene Regelung im Berliner Hochschulgesetz. Laut ihr müssen aus Grundmitteln finanzierte Post-Doc-Stellen unbefristet sein. Die Hochschulleitungen kritisierten, dass die Regelung personelle Erneuerungen verhindere und die Hochschulen finanziell stark belaste. Auch Feministinnen kritisierten das Gesetz, weil Männer, die im Schnitt ihre Promotion schneller abschließen, so Stellen besetzt halten könnten. Der damalige rot-grün-rote Senat argumentierte dagegen, man müsse sichere Arbeitsbedingungen schaffen.
Im neuen Koalitionsvertrag heißt es nun, dass der Grundsatz, dass aus Grundmitteln finanzierte Stellen unbefristet sein sollen, auch weiterhin gelten soll. Dies soll allerdings nur für Stellen gelten, die nicht der wissenschaftlichen Qualifizierung dienen. Diese Qualifizierungsstellen wiederum sollen ausgebaut werden. Auf Twitter spricht Tobias Schulze, wissenschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion, daher davon, dass die Entfristungsregeln »geschliffen« werden sollen. »Entfristungen sollen offenbar freiwillige Entscheidung der Unis werden«, schreibt er.
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