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Heftige Schlacht

Das Vorgehen der Gendarmerie bei der Demonstration in Sainte-Soline ist beispiellos

  • Ian Briuzga
  • Lesedauer: 3 Min.
Leere Tränengasgranaten nach den Protesten am 25. März.
Leere Tränengasgranaten nach den Protesten am 25. März.

Schon bevor das Protestcamp im westfranzösischen Sainte-Soline gegen den Bau von riesigen Wasserbecken für die Agrarindustrie stattfand, hatte der französische Innenminister Gérald Darmanin vor einem »hohen Niveau an Gewalt« gewarnt. Tatsächlich überraschte am 25. März jedoch die massive Gewalt der eingesetzten Gendarmen, die im ländlichen Raum Frankreichs üblicherweise Polizeiaufgaben übernehmen.

Da eine Großdemonstration verboten worden war, hatten sich rund 3000 Soldaten um ein Méga-Bassin postiert und mit einer Kette von Fahrzeugen, je vier Panzern und Wasserwerfern sowie neun Hubschraubern gesichert. Auffällig waren die rund 20 geländegängigen Quads, auf denen jeweils zwei Gendarmen saßen.

Als der erste von drei Demonstrationszügen in die Nähe des Beckens kam, starteten die Gendarmen unverzüglich ihren Angriff. Zunächst wurden die in Frankreich üblichen Tränengasgranaten sowie Sprenggranaten mit Gummigeschossen eingesetzt. Sie werden auch »Hornissennest« genannt und enthalten 18 Hartgummistifte, die bei Zündung der Granate mit einer Geschwindigkeit von fast 500 Kilometern in der Stunde umherfliegen.

Die Gendarmen setzten weitere sogenannte nicht-tödliche Waffen ein, nachdem der zweite und dritte Demonstrationszug am Bassin eingetroffen war. Einige Hundert Teilnehmende hatten versucht, das Becken zu erreichen. Die Gendarmen warfen daraufhin Sprenggranaten des Typs »GM2L», die ebenfalls Tränengas freisetzen. Sie enthalten rund 50 Gramm des Sprengstoffs RDX, der 1,6 Mal stärker als TNT ist und Menschen bei der Explosion »betäuben« soll. 2014 wurde der 21-jährige Umweltaktivist und Biologe Rémi Fraisse durch eine ähnliche Granate getötet, 2018 wurde dem gleichaltrigen Studenten Maxime Peugeot durch ein Nachfolgemodell eine Hand abgerissen. Insgesamt sieben weitere abgerissene Hände folgten bei Demonstrationen der »Gelbwesten« und anderen Protesten. Verletzungen werden auch durch das laute Knallen oder umher fliegende Splitter hervorgerufen.

Nachdem Demonstranten vier Fahrzeuge der Gendarmerie in Brand gesetzt hatten, fuhren die Gendarmen mit ihren Quads in die Menge und schossen dabei mit Tränengas und Gummigeschossen. Insgesamt wurden in Sainte-Soline offiziellen Angaben zufolge mehr als 5000 Spreng- und Tränengasgranaten abgefeuert. Derart beschossen mit Aufstandsbekämpfungsmitteln, zogen sich die Protestierenden komplett zurück. Ärzteteams hatten nicht die Möglichkeit, die rund 200 Verletzten zu versorgen. Die Gendarmerie behinderte über beinahe zwei Stunden die herbeigerufenen Rettungskräfte.

Mindestens 40 Menschen wurden bei dem Einsatz schwer verletzt, zwei sind immer noch in Lebensgefahr. Einer der beiden liegt im Koma, eine Sprenggranate war neben seinem Kopf explodiert. Die massive Repression hinterließ jedoch auch Spuren bei den nicht äußerlich Verletzten: Auffällig viele Demonstranten verließen Sainte-Soline traumatisiert, das belegen die vielen Anrufe bei Gruppen und Organisationen, die psychologische Betreuung anbieten. Übersetzung: Matthias Monroy

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