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Abschiebungen in den Iran: Juristische Spitzfindigkeiten

Trotz eines eigentlich geltenden Verbots werden noch immer Menschen in den Iran zurückgeführt

  • Dorothée Krämer
  • Lesedauer: 4 Min.
Demonstrationen der Solidarität mit den Frauen im Iran und in Afghanistan wie diese zum Weltfrauentag am 08. März in Berlin gibt es viele. In konkreten Fällen wird bedrohten Frauen aus beiden Ländern von Bundesregierung und Behörden weiter Schutz und Solidarität versagt.
Demonstrationen der Solidarität mit den Frauen im Iran und in Afghanistan wie diese zum Weltfrauentag am 08. März in Berlin gibt es viele. In konkreten Fällen wird bedrohten Frauen aus beiden Ländern von Bundesregierung und Behörden weiter Schutz und Solidarität versagt.

Der Asylantrag als »offensichtlich unbegründet« abgelehnt, die Einreise nach Deutschland verweigert, stattdessen die Zurückweisung in den Iran. Das geschah einer Frau aus Afghanistan vor wenigen Tagen. Vom Iran aus wurde sie wenig später nach Afghanistan abgeschoben, wo ihr die Zwangsverheiratung mit einem Taliban-Kämpfer drohen soll. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sieht kein Problem in der Praxis der Zurückweisungen in den Iran.

Über den Fall der Afghanin hatte Pro Asyl zuerst berichtet. Die Frau war mit dem Flugzeug aus Teheran nach Frankfurt am Main gekommen. Um aus Afghanistan fliehen zu können, hatte sie sich falsche iranische Reisedokumente besorgt.

Ihr Asylantrag wurde in Frankfurt im Rahmen des sogenannten Flughafenverfahrens bearbeitet. Dabei handelt es sich um eine verkürzte Verfahrensform, die von Menschenrechtsorganisationen scharf als Aushöhlung des Asylverfahrens kritisiert wird.

Der Fall der Afghanin ist besonders skandalös, weil sie durch die Zurückweisung in den Iran Opfer einer sogenannten Kettenabschiebung wurde – also unmittelbar weiter nach Afghanistan abgeschoben wurde. Außerdem war den deutschen Behörden ihre wahre Identität bekannt. Dennoch wurde ihr Antrag aufgrund der falschen Reisedokumente abgelehnt. Die Frau wurde in den Iran zurückgewiesen, obwohl ihr Bruder und weitere Verwandte im Zuge des Eilantrags gegen die Entscheidung des Bundesamtes für Asyl und Flüchtlinge (Bamf) eidesstattliche Erklärungen bezüglich der Identität der Frau abgegeben hatten.

Ihr Fall ist nicht der einzige dieser Art. In den letzten Monaten wurden wiederholt Menschen nach einem negativen Bescheid im Rahmen des Flughafenverfahrens in den Iran zurückgeführt. Und das trotz der desaströsen Menschenrechtslage und der offiziellen Regelungen, nach denen aktuell weder in den Iran noch nach Afghanistan abgeschoben werden soll.

Offiziell gilt seit der Innenministerkonferenz Ende November 2022 ein Abschiebestopp in den Iran. Aufgrund des brutalen Vorgehens des dortigen Regimes werden Menschen, deren Asylantrag hier abgelehnt wurde, aktuell nicht in den Iran abgeschoben. Innenministerin Faeser hatte sich für diesen Schritt stark gemacht und bereits im Oktober auf Twitter erklärt: »Abschiebungen in den Iran halte ich aktuell für nicht verantwortbar. Ein Abschiebestopp in den Iran ist der richtige Schritt, über den die Länder schnellstmöglich entscheiden sollten.«

Doch seitdem sind vier Personen in den Iran zurückgeführt worden. Auf die Frage der Bundestagsabgeordneten und flüchtlingspolitischen Sprecherin der Linken, Clara Bünger, warum es trotz des Abschiebestopps zu Rückführungen in den Iran komme, antwortete Faeser mit juristischen Spitzfindigkeiten. Der Beschluss der Innenministerkonferenz beziehe sich auf das Rechtsinstitut der Abschiebung, nicht auf das Rechtsinstitut der Zurückweisung, erklärte sie. Rechtlich ist das zwar richtig, aber für die Menschen, die gegen ihren Willen zurück in den Iran gebracht werden, macht das keinen Unterschied.

Der Unterschied zwischen beiden ergibt sich aus der Besonderheit des sogenannten Flughafenverfahrens. Das wird angewendet bei Menschen, die per Flugzeug einreisen, ein Schutzgesuch stellen und aus sogenannten sicheren Herkunftsländern kommen oder sich nicht mit einem gültigen Pass ausweisen können. Sie werden im Transitbereich des Flughafens festgehalten. Noch vor der tatsächlichen Einreise wird dann ein beschleunigtes Asylverfahren durchgeführt, während die Menschen faktisch in Haft sind.

Das Verfahren dauert maximal 19 Tage. Sowohl die Vorbereitungszeit auf die Anhörung als auch die Zeit, in der Rechtsmittel eingelegt werden können, sind verkürzt. Im Falle einer Ablehnung des Asylantrags im Flughafenverfahren erfolgt dann rein juristisch keine Abschiebung, sondern eine Zurückweisung, also eine Verweigerung der Einreise und Rückführung in das Land, in dem die Person abgeflogen ist.

Clara Bünger kritisierte das Vorgehen gegenüber »nd« scharf: »Es ist ungeheuerlich, dass trotz der desaströsen Menschenrechtslage im Iran Schutz suchende Personen nach einem Schnellverfahren am Frankfurter Flughafen zurück in den Iran geschickt werden. Noch schlimmer ist, dass Bundesinnenministerin Faeser dies mitträgt, obwohl sie die Bundesländer aufgefordert hatte, nicht in den Iran abzuschieben.«

Die Begründung des Ministeriums hält Bünger für befremdlich. »Diese rechtlichen Feinheiten des deutschen Aufenthaltsrechts dürften das Regime im Iran herzlich wenig interessieren. Wie erbärmlich ist eine solch bürokratische Argumentation, wenn Leben und Freiheit von Menschen auf dem Spiel stehen? Von den Ländern einen Abschiebestopp zu verlangen, die eigenen Bundesbehörden aber ungeniert weiter abschieben zu lassen, ist zutiefst inkonsequent.«

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