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Kommunistische Partei will Linksbündnis erweitern
Für 83 Prozent der Franzosen ist der Klassenkampf weiter aktuell, auch viele Republikaner sind dieser Meinung
Der 39. Parteitag der Französischen Kommunistischen Partei (FKP), der am Wochenende in Marseille abgehalten wurde, stand weitgehend im Zeichen des gegenwärtigen Kampfes gegen die Rentenreform. Doch der Widerstand beschränkt sich nicht auf die von zwei Dritteln der Bevölkerung abgelehnten Reformpläne, sondern ist viel breiter und richtet sich vor allem gegen die sozialen Ungerechtigkeiten, die durch die Politik von Präsident Emmanuel Macron und seiner Regierung sogar noch zunehmen.
Im Kampf gegen diesen Kurs sei die FKP unverzichtbar und habe eine gewichtige Rolle zu spielen, erklärte ihr Nationalsekretär Fabien Roussel. Wer vor 30 Jahren das »Ende der Geschichte« und das Verschwinden der Kommunistischen Partei vorhersagte, habe sich schwer getäuscht. Zwar seien die Ideen des Kommunismus durch die negativen Erfahrungen mit den Versuchen ihrer Umsetzung im 20. Jahrhundert belastet, aber sie seien im Kern nach wie vor gültig, sagte Roussel. Die zügellose Herrschaft des Kapitalismus sei zum Scheitern verurteilt.
Die Kommunisten sehen sich in dieser Prognose durch eine für die Zeitung »L’Humanité« durchgeführte Umfrage des Instituts Ifop bestärkt. Demnach halten 83 Prozent der Franzosen den Klassenkampf für nach wie vor aktuell – auch 73 Prozent der Anhänger der rechten Oppositionspartei der Republikaner sind dieser Meinung. Für 80 Prozent der Befragten müssten Bereiche wie Gesundheit, Bildung und Wohnen im Interesse aller Bürger vor der Konkurrenz und den Gesetzen der Marktwirtschaft geschützt werden. Dass die Beschäftigten mehr Mitsprache in den Unternehmen bekommen müssten, halten 72 Prozent der Befragten für äußerst wichtig. Von den Befragten sind 64 Prozent überzeugt, dass es möglich ist, eine Gesellschaft zu schaffen, die sich auf Kooperation und Machtteilung gründet. Ferner sind 56 Prozent der Meinung, dass das kapitalistische System der Hauptschuldige für die Klimaveränderungen ist.
Die 700 Parteitagsdelegierten, die die rund 40 000 Mitglieder vertraten, haben über den Orientierungstext »Die kommunistischen Ambitionen für neue, glückliche Tage« diskutiert, der Anfang des Jahres durch Nationalsekretär Roussel vorgelegt wurde und nun neben weiteren Texten zur Abstimmung stand. Dabei hat sich der Text von Roussel mit 82 Prozent der abgegebenen Stimmen durchgesetzt. Der Abgeordnete Stéphane Peu, der einen der anderen Texte verfasst hatte, sagte gegenüber einem Journalisten der Agentur AFP: »Ich bin still, traurig und etwas befremdet.« Ihn störe die Stimmung auf dem Parteitag. »Ich sehe das Risiko, dass sich die FKP in einen Fanklub verwandelt, wo sich alles um eine Person dreht und alles auf die Präsidentschaftswahl ausgerichtet ist. Dabei war doch die FKP historisch immer gegen die extreme Personalisierung durch das Präsidialsystem der Fünften Republik.«
Roussel sieht das natürlich anders. »Die jüngste Präsidentschaftswahl war für uns ein wahnsinniger Aufschwung. Wir konnten wieder den Kopf heben und mussten nicht mehr verschämt auf unsere Schuhspitzen schauen«, erinnert er sich an die Kampagne 2022, bei der er als Kandidat der FKP angetreten ist und 2,3 Prozent der Stimmen verbuchen konnte. Dass hat ihm Jean-Luc Mélenchon, der Präsidentschaftskandidat der Bewegung La France insoumise, der die gesamte Linke hinter sich sammeln wollte, nie verziehen. Er ist heute noch überzeugt, dass ihm Roussels Wählerstimmen gefehlt haben, um in die Stichwahl gegen Marine Le Pen zu kommen. Aber es war letztlich die Konsequenz daraus, dass Mélenchon nach der Präsidentschaftswahl 2017, als die FKP für ihn Wahlkampf gemacht hatte, die Kommunisten als »Stimmenbeschaffer« von oben herab behandelt und bei jeder sich bietenden Gelegenheit gedemütigt hat.
Vor diesem Hintergrund ist auch zu sehen, dass auf dem Parteitag 2018 zur allgemeinen Überraschung der volksnahe Roussel den eher zurückhaltenden Pierre Laurent an der Spitze der Partei ablösen konnte. Seitdem hat Roussel vielen Kommunisten zu neuem Selbstbewusstsein verholfen. »Er spricht geradeheraus einfache Wahrheiten aus, in Worten, die jeder versteht«, sagte die 60-jährige Parteitagsdelegierte Giselle Gori aus Boulogne-sur-Mer. Doch vor allem hält sie ihm wie viele Genossen zugute, dass er »die FKP gegen die anmaßenden Hegemoniebestrebungen von La France insoumise verteidigt«.
So war es auch im Vorfeld des jetzigen Parteitages, als Roussel in einem Interview erklärte, das durch La France insoumise dominierte Linksbündnis NUPES sei »überholt«. Gleichzeitig sprach er sich für eine viel breitere Sammlung aller Kräfte der Linken aus, die sich nur so Aussichten ausrechnen könnte, wieder an die Hebel der Macht zurückzukehren. Als Beispiel für Verbündete, die zurückgewonnen werden müssten, nannte er den ehemaligen Premier Bernard Cazeneuve. Er repräsentiert die Mitglieder der Sozialistischen Partei, die sich gegen die Beteiligung an der NUPES aussprachen, um Distanz zum scharfmacherischen Gebaren von La France insoumise zu halten.
Eine ähnliche Position vertritt auch Roussel. Das war deutlich zu sehen, als die Abgeordneten von La France insoumise in der Nationalversammlung während der Rede von Premierministerin Elisabeth Borne zum Misstrauensantrag der NUPES durch das Absingen der »Marseillaise« versuchten, die Rednerin zu übertönen, während in den Reihen vor ihnen die kommunistischen Abgeordneten demonstrativ sitzen blieben und schwiegen.
Dass jetzt Politiker von La France insoumise und vor allem Jean-Luc Mélenchon empört auf die Interview-Äußerungen von Roussel reagiert haben, weist dieser zurück. In seiner Rede auf dem Parteitag erklärte er: »Niemand hat den Kommunisten zu diktieren, wie sie abzustimmen, zu denken und zu handeln haben oder mit wem sie diskutieren dürfen. Wir sind souverän, wir sind frei, wir sind Kommunisten.« Am Montag haben die Parteitagsdelegierten Roussel dann auch erwartungsgemäß und mit überwältigender Mehrheit als FKP-Nationalsekretär wiedergewählt.
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