Berliner Schulpolitik: Nicht alle wollen Beamte sein

Linke kritisiert Verzögerung bei der Kompensation für angestellte Lehrkräfte

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Ob ein Glas halb voll ist oder halb leer, hängt stets vom Betrachter ab. So auch beim aktuellen Stand der Wiederverbeamtung der Berliner Lehrkräfte. Bis zu 16.000 Lehrer erfüllen nach Angaben der Senatsbildungsverwaltung theoretisch die Voraussetzung, um seit Februar einen entsprechenden Antrag für eine Verbeamtung zu stellen. »Bereits mehr als 8000 Bestandslehrkräfte« haben davon Gebrauch gemacht, heißt es aus dem Haus von Noch-Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD). Als »erst etwas mehr als die Hälfte« interpretiert die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Franziska Brychcy, die Zahl.

Im Vorfeld der Wiedereinführung der Lehrkräfteverbeamtung hatte nicht zuletzt die Senatorin selbst die Erwartungen hochgeschraubt. Wenn Berlin wieder verbeamtet, »dann bindet das so viele Lehrkräfte an unsere schöne Stadt«, sagte Busse im vergangenen Jahr. Oder: »Es ist ja eine unsichere Welt, und da gibt die Verbeamtung Sicherheit.« Gemessen daran scheint sich der Ansturm auf die Segnungen des Beamtentums in Grenzen zu halten. »Es wurde ja suggeriert, dass sich alle sofort verbeamten lassen wollen. Das ist offenkundig nicht geschehen«, sagt Franziska Brychcy zu »nd«.

Eine Antwort der Bildungsverwaltung auf eine Schriftliche Anfrage Brychcys zeigt dabei, dass sogar Absolventen des regulären Vorbereitungsdienstes, die sich bereits seit Sommer 2022 recht problemlos verbeamten lassen können, überraschend häufig erst einmal darauf verzichten. Von den rund 400 Referendaren aus Berlin und anderen Ländern, denen zum aktuellen Schulhalbjahr die Verbeamtung angeboten wurde, haben nur gut 290 das Angebot angenommen. Mehr als ein Viertel hat vorerst dankend abgelehnt.

Ob es an der eingeschränkten Flexibilität für die berufliche Zukunft liegt oder am fehlenden Streikrecht: Über die Gründe lasse sich nur spekulieren, sagt Linke-Politikerin Brychcy. Klar ist, dass ein doch nicht unerheblicher Teil der Lehrer lieber angestellt bleiben will oder es in Sachen Verbeamtung zumindest nicht eilig hat. Umso wichtiger sei es, dass die Bildungsverwaltung bei dem parallel zur Verbeamtungsregelung versprochenen Nachteilsausgleich für weiterhin angestellte Lehrkräfte aus den Puschen kommt, so Brychcy weiter. Denn hier tue sich nach wie vor nichts. Ein Antragsverfahren für die monatliche Zulage von 300 Euro brutto lasse auch mehr als zwei Monate nach dem entsprechenden Beschluss im Abgeordnetenhaus auf sich warten.

Aus der Bildungsverwaltung heißt es, dass die für die Zulage »erforderlichen ressortübergreifenden und parlamentarischen Abstimmungen« aufgrund der Wiederholungswahl Mitte Februar noch nicht vorgenommen werden konnten. Und tatsächlich sortieren sich nahezu alle Senatsverwaltungen in Vorbereitung auf die zu erwartende schwarz-rote Senatsübernahme gerade neu. Auch Bildungssenatorin Busse dürfte derzeit vor allem mit Kofferpacken beschäftigt sein, um in zwei Wochen ihrer designierten Nachfolgerin Katharina Günther-Wünsch (CDU) Platz zu machen.

Linke-Politikerin Brychcy nennt die Begründung trotzdem »vorgeschoben und inakzeptabel«. »Das Parlament hat alle notwendigen Voraussetzungen dafür geschaffen.« Was hier noch groß abgestimmt werden müsse, erschließe sich nicht. »Die Referendar*innen, die sich gegen eine Verbeamtung entschieden haben, warten genau wie die angestellten Kolleg*innen, die den Laden in den letzten Jahren am Laufen gehalten haben, darauf, dass der Senat endlich das Antragsverfahren für die Kompensation öffnet«, sagt Brychcy. Dass es hier vorangeht, sei mindestens »eine Frage der Wertschätzung«, vor allem auch gegenüber jenen fast 19.000 Lehrkräften, die, selbst wenn sie es wollten, in erster Linie aus Alters- oder Gesundheitsgründen nicht verbeamtet werden können.

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