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Spitzenspiel in Berlin: 1. FC Union gegen Bayer Leverkusen
Das Duell in der Alten Försterei steht im Zeichen der Weiterentwicklung des Fußballklubs aus Köpenick
Im Fußball ist das Saisonende in Sicht. Und wer kennt das nicht: Je näher eine Frist oder ein wichtiger Termin rückt, desto größer werden Druck, Nervosität oder gar eine hemmende Angst davor. Beim 1. FC Union bevorzugt man die simpelste Methode: einfach machen. So hatten die Berliner, als sie im ersten Saisondrittel sieben Spieltage lang an der Tabellenspitze thronten, schon die große mediale Debatte über eine mögliche Meisterschaft schadlos überstanden.
»Wir bleiben unserer Linie treu: Es geht nur um dieses Spiel«, sagte Unions Trainer Urs Fischer am Donnerstag. Schon Wochen vor der Partie an diesem Sonnabend gegen Bayer Leverkusen wurde immer wieder diese eine Frage gestellt: Champions League in der Alten Försterei? Seitdem verdichten sich die Diskussionen darüber zusehends. »Ja, klar, die Spiele werden ja auch nicht mehr, sondern weniger«, erklärte Fischer. Nur noch fünf sind es. Und Union steht noch immer auf Platz drei – mit vier Punkten Vorsprung auf Rang fünf. Das Thema Königsklasse ist also ein konkretes in Köpenick. Davon zeugt auch die Körpersprache. Kein Kopfschütteln von Fischer wie im Herbst, als er Titelfragen sichtlich genervt zurückwies.
Verbal hielt der Schweizer am Donnerstag seinen Kurs: »Wir haben ein Heimspiel, das wir gewinnen wollen.« Die übliche Warnung vor dem Gegner folgte sogleich. Es komme die derzeit formstärkste Mannschaft der Bundesliga nach Berlin. Wohl wahr. Die Leverkusener Fußballer sind wettbewerbsübergreifend seit 13 Spielen ungeschlagen, zehn davon gewannen sie. Zudem ist die Werkself als Halbfinalist der Europa League das international einzig verbliebene deutsche Team. Von Bayers herausragender Stärke, der Offensive, zeugen 23 erzielte Tore in den vergangenen zehn Ligaspielen.
Mit einem Sieg könne der Abstand zum Sechsten der Liga auf elf Punkte erhöht werden, wurde Urs Fischer in der Presserunde vorgerechnet – so wie auch zuletzt allerlei andere Zahlenspieler Union in die Champions League schieben wollten. Für den Trainer aber bleibe einzig die Leistung messbar. Eine Zahl dazu: Union bietet zum Spitzenspiel mit bislang 31 Gegentoren die beste Abwehr der Liga auf. Und, nicht minder entscheidend, die einfache Fußballweisheit vom nächsten Spiel als dem schwersten als tägliche Arbeitsgrundlage. Mit dieser Einstellung wurde nach einem enttäuschenden Remis im Heimspiel vor zwei Wochen gegen den Abstiegskandidaten VfL Bochum in der darauffolgenden Partie bei Borussia Mönchengladbach ein souveräner Sieg erspielt.
Einfach machen ist leichter gesagt als getan. Erst recht, wenn es um Kopf und Körper gleichermaßen geht. Die mentale Stärke der Fußballer lässt sich nur beschreiben, die Arbeit auf dem Platz belegen. Union ist hinter dem 1. FC Köln das laufstärkste Team der Bundesliga, beim jüngsten 1:0 in Mönchengladbach beispielsweise liefen die Berliner sechs Kilometer mehr als der Gegner. Diese Einsatzbereitschaft ist die Basis des Erfolgs – für die meist kompakte Organisation des gesamten Teams auf dem Platz, die es jedem Gegner schwer macht, Räume zu finden und Tore zu erzielen. Mit durchschnittlich rund 14 Metern ist der Abstand zwischen den Berliner Verteidigern am geringsten in der Liga. Gleiches gilt für alle Feldspieler, die beim disziplinierten Verschieben der drei Ketten im Schnitt nur rund 21 Meter trennen.
Eine andere Frage ließ Fischer am Donnerstag nochmals etwas missmutig dreinblicken. Robert Andrich? Unions Trainer lobte den 28-Jährigen als »Stabilisator, Aggressiv-Leader und Führungsspieler«. Der Ärger rührt daher, dass der Mittelfeldspieler seit fast zwei Jahren bei Bayer und nicht mehr bei Union unter Vertrag steht. Bei all den Qualitäten Andrichs – zu denen auch Disziplin, Zweikampfstärke, Balleroberungen und Torgefahr zählen – und den bekannten Problemen der DFB-Elf wundert es tatsächlich, dass bislang noch kein Bundestrainer den spielstarken Strategen nominiert hat.
Auf Andrichs Position spielt bei Union seitdem ebenso überzeugend Rani Khedira. Beide stehen für die Entwicklung der Köpenicker. Während Andrich, wie viele andere Leistungsträger auch, den Verein verlassen hat, verlängerte Khedira jüngst seinen Vertrag. Der Mittelfeldchef wurde reichlich umworben und sogar mit dem FC Barcelona in Verbindung gebracht. Äußerst sympathisch erklärte er, dass er nicht des Geldes wegen irgendwohin wechseln müsse. Vielsagend war seine Begründung, dass er den nächsten Karriereschritt auch in Berlin machen könne. Denn der 1. FC Union ist zweifellos auf dem Sprung – womöglich in die Champions League.
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