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Philippinen: Marcos Jr. sucht die Nähe der USA
Der neue Präsident der Philippinen geht auf Distanz zu Peking
Ein Jahr ist es her, seit Ferdinand Marcos Jr., Sohn des gleichnamigen früheren Diktators, zum Präsidenten der Philippinen gewählt wurde. Es waren die USA, die einst schützend ihre Hand über seinen Vater hielten und die Familie ins Exil nach Hawaii ausflogen, als Marcos Sr. 1986 von einer breiten Volksbewegung gestürzt wurde. Ganz einfach war das Verhältnis zur früheren Kolonialmacht USA seither nicht immer, doch unter Marcos Jr. haben sich beide Länder so angenähert wie lange nicht.
Das zeigt auch Marcos’ Staatsbesuch in den USA: Gleich vier Tage nahm sich der Gast aus Manila zu Monatsbeginn für diese Reise, bei der er unter anderem mit seinem Amtskollegen Joe Biden und Verteidigungsminister Lloyd Austin zusammentraf. Zwar wurden auch Abkommen für US-Investitionen in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar unterzeichnet, die laut Marcos 6700 neue Arbeitsplätze in dem südostasiatischen Inselstaat schaffen sollen, doch das ist nur Beiwerk. Das Hauptaugenmerk lag im Bereich der Sicherheitspolitik.
Neue Allianz mit den USA
Abgesehen von der Teilnahme an der UN-Generalversammlung vorigen Herbst war es die erste echte USA-Reise des philippinischen Präsidenten. Bereits im Januar weilte Marcos zwar zu einem Staatsbesuch in China, doch allein die Dauer des Besuchs in den USA, der größte bisher, illustriert die Gewichtung, die den bilateralen Beziehungen zu den USA beigemessen werden. Für Marcos und Biden ging es um die Festigung einer neuen Allianz, die nicht zuletzt militärischer Natur ist.
Bereits vor Monaten hatte die philippinische Regierung erklärt, den US-Streitkräften privilegierten Zugang zu neun Militärbasen gewähren zu wollen. Ein aus dem Jahr 2014 stammendes Abkommen über eine verstärkte Zusammenarbeit im sicherheitspolitischen Bereich, das zwischenzeitlich in der Schwebe war, wird so nun mit Hochdruck umgesetzt. Der Schritt erfolgt in einer Zeit, in der sich die geopolitischen Spannungen zwischen der »historischen« Supermacht USA und der aufstrebenden Großmacht China verschärfen, die ohnehin längst auf Augenhöhe mit den USA agiert.
Die Volksrepublik China ist ein direkter Nachbar, die USA liegen Tausende Kilometer entfernt auf der anderen Seite des Pazifik. Marcos’ ebenfalls rechtskonservativer Amtsvorgänger Rodrigo Duterte (2016–2022), sonst eher ein hemdsärmeliger Typ mit losem Mundwerk, hatte deshalb ungeahntes diplomatisches Feingespür bewiesen, indem er explizit mit der Regierung in Peking gute Beziehungen anstrebte – selbst über den ungelösten Territorialkonflikt im Südchinesischen Meer hinweg. Dort überlappen sich nicht nur Gebietsansprüche dieser beiden Länder auf mehrere Inseln, sondern auch von Vietnam, Taiwan, Malaysia und Brunei.
Wie sensibel die Lage ist, zeigte sich erneut eine Woche vor Marcos’ Abreise in die USA, als am 23. April zwei Boote der chinesischen und der philippinischen Küstenwache im Bereich der umstrittenen Spratly-Inseln nur knapp einer Kollision entgingen. Gefährliche Situationen wie diese, die das Potenzial einer ernsthaften Eskalation bergen, mehren sich in jüngster Zeit. Zumindest schlug nun der philippinische Präsident »direkte Kommunikationskanäle« vor, die bei ähnlichen Vorfällen zügige Entspannung bringen sollen.
Peking blickt argwöhnisch nach Manila
Während solches auch im chinesischen Interesse liegt, blicken die politischen Spitzen in Peking vermehrt mit Argwohn Richtung Manila. Die für US-Nutzung geöffneten Militärbasen hätten »keinen offensiven Charakter«, sah sich Marcos dieser Tage zwar veranlasst zu betonen, die Philippinen würden mit dem Schritt »nicht zum Aufmarschgebiet« werden. Dass erst kürzlich die größten gemeinsamen Manöver von philippinischen und US-Truppen stattfanden, mag Peking allerdings an solchen Beteuerungen zweifeln lassen.
Neben der philippinischen Linken, die den neuen Kurs kritisiert, hatte unlängst auch Duterte Zweifel an diesem Schwenk seines Nachfolgers geäußert, was in den einheimischen Medien beachtlicherweise aber nahezu unterging.
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