- Berlin
- Energiewende
Solaranlagen nun auch in Landschaftsschutzgebieten
Landtag beschließt Öffnungsklausel für erneuerbare Energien, den Kommunen soll aber nichts aufgezwungen werden
In Brandenburg können Landschaftsschutzgebiete künftig so eingeschränkt werden, dass dort Solaranlagen errichtet werden dürfen. Die Grünen hatten dies gemeinsam mit ihren Koalitionspartnern SPD und CDU im Landtag unter der Überschrift »Fotovoltaik-Potenziale landesweit besser nutzen« beantragt und am Donnerstag mit diesen gemeinsam beschlossen. Die Opposition reagierte empört. Linke und AfD lehnten das Ansinnen ab, die Freien Wähler enthielten sich. Abgestimmt wurde am Ende der Aktuellen Stunde zum Thema »Energiesicherheit in Brandenburg – Versorgung grundlastfähig und preiswert sichern«. Die AfD war damit dran gewesen, das Thema der Aktuellen Stunde zu bestimmen.
Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte, es gehe bei diesem »schwierigen« Eingriff in den Schutzstatus um eine »behutsame« Herangehensweise. 34 Prozent der Landesfläche seien unter Schutz gestellt. »Viele Kommunen befinden sich teilweise oder ganz in solchen Schutzgebieten.« Sie seien nach bisheriger Rechtslage komplett davon ausgeschlossen, erneuerbare Energien für sich zu nutzen. Steinbachs Wahrnehmung ist, dass Städte und Gemeinden in Landschaftsschutzgebieten sich dadurch benachteiligt fühlten. Der Landschaftsschutz dürfe nicht länger ein K.-o.-Argument sein.
Der Abgeordnete Johannes Funke (SPD) bat um Vertrauen: »Sobald diese Anlagen nicht mehr gebraucht werden, müssen sie zurückgebaut werden. Eine Hintertür darf es nicht geben. Landschaft muss langfristig Landschaft bleiben.« Ihm zufolge sind alle »hochwertigen« Schutzgebiete auch künftig nicht von Solaranlagen bedroht. »Sie sind für Wind und Fotovoltaik tabu.« Im Übrigen werde nichts über die betreffenden Kommunen hinweg entschieden: »Wenn sie keine Fotovoltaik-Anlagen wollen, dann wird es keine geben.« Für den Fall aber, dass sie welche wollen, winke der günstige Bürgerstromtarif beziehungsweise eine Gewinnbeteiligung.
Funke zufolge ist der ländliche Raum derzeit in Schwierigkeiten. Die Tierbestände sinken dramatisch, »und die Erfahrung zeigt, dass sie nicht wiederkommen, wenn sie erst einmal verschwunden sind«. Der Ackerbau gerate durch niedrige Preise unter Druck, wie angesichts günstiger Ernteprognosen für dieses Jahr vorausgesagt sei. Daher sei es angezeigt, den ländlichen Kommunen und den Agrarbetrieben neue Einkommensquellen zu erschließen. »Diese Kommunen benötigen Entscheidungsfreiheit.«
Es handle sich nicht um wenige Ortschaften. Denn rund eine Million Hektar, also jeder dritte Hektar in Brandenburg, stehe derzeit unter Schutz. Funke betonte, dass heute auch auf Baudenkmalen Solaranlagen angebracht werden dürfen, worauf der Denkmalschutz konstruktiv reagiert habe. Eine solche »lösungsorientierte« Haltung wünsche er sich auch von den Umweltorganisationen. »Wir leben in einer der größten Umbruchzeiten des Industriezeitalters. Die Zeiten des grenzenlosen Verbrauchs von Öl und Gas werden für immer vorbei sein«, sagte Funke. Unterstützt wurde er vom CDU-Abgeordneten Julian Brüning: Solaranlagen in Schutzgebieten zu bauen, »entlastet den Metropolenraum«. Denn rund um Berlin drängen sich dem Politiker zufolge Windräder und Solaranlagen.
Der Abgeordnete Philip Zeschmann (Freie Wähler) nannte es schockierend, dass der Schutzstatus angetastet werden solle, um im großen Stil Anlagen zu bauen. »Wie das aussieht, kann sich jeder vorstellen.« Zeschmann empfahl, stattdessen die bestehenden Möglichkeiten auszuschöpfen und auf Kaufhallen und Parkhäusern Solarzellen zu installieren, bevor Natur und Umwelt geopfert werden.
Linksfraktionschef Sebastian Walter forderte eine soziale Dimension der Energiepolitik. Zum Nachteil der Endverbraucher machten Energiekonzerne riesige Gewinne. Die sollte der Staat abschöpfen. Der Bund habe aber auf die Einführung einer Übergewinnsteuer verzichtet. Deshalb musste man zusehen, »wie die Konzerne die Preise nach oben getrieben haben«. Der Bevölkerung drohe eine »Verarmungswelle«.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.