- Kommentare
- Gefängnisse
Kein schlagendes Argument
Der Traum von einem humanen Strafvollzug
Man sollte sich nichts vormachen: Dass Strafgefangene in Brandenburg wissen, dass Justizvollzugsbedienstete in martialischer Kampfmontur mit Helm und Schlagstock ihre Zelle stürmen könnten, wird ihnen wahrscheinlich nicht so viel Angst einjagen. Sie werden sich davon nicht so leicht von Schlägereien und Aufruhr abschrecken lassen.
Deshalb dürfte jede Form von Deeskalation klüger sein. Zumal die Strafgefangenen natürlich auch wissen: Solange sich die Justizvollzugsbediensteten in den speziellen Einsatzgruppen an Recht und Gesetz halten, dürfen sie einen unbotmäßigen und selbst einen wüst randalierenden Gefangenen nicht kurzentschlossen zusammenschlagen. Sie dürfen ihn lediglich unter Einsatz strikt verhältnismäßiger Zwangsmaßnahmen ruhigstellen.
Jemand, der unter Drogen steht, denkt nicht an Konsequenzen seines Handelns. Jemand, der im Knast sitzt, weil er Menschen halbtot geprügelt oder sogar getötet hat, auf den macht ein Schlagstock vermutlich keinen so großen Eindruck. Ihm ist möglicherweise schon alles egal. Und für den Rechtsstaat ist es keine Option, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.
Dass harte Strafen gewalttätige Menschen weniger aggressiv machen, ist ein Irrglaube. Das beweisen einerseits die Todesstrafe in den USA und andererseits der außerordentlich humane Umgang mit Mördern in Norwegen. Kriminalität lässt sich wohl selbst in einer fast idealen Gesellschaft niemals ganz ausmerzen. Sie hat aber soziale Ursachen und sollte möglichst mit sozialen Maßnahmen bekämpft werden.
Selbstverständlich müssen das Personal und die Insassen der Gefängnisse vor Gewaltausbrüchen geschützt werden. Die Frage ist jedoch, wie sich Gewalt am besten eindämmen lässt. Das ist auch im Interesse der Gesellschaft. Denn irgendwann kommen die meisten Straftäter wieder frei.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.