Am 160. Geburtstag - NRW-SPD stellt sich neu auf

Jochen Ott zum Fraktionsvorsitzenden gewählt

Es ist ziemlich genau zwei Monate her, dass Thomas Kutschaty die Führung der nordrhein-westfälischen SPD aufgegeben hat. Der Anlass war ein unabgesprochener Vorschlag für das Amt der Generalsekretärin. Das brachte Teile der Partei gegen Kutschaty auf. Außerdem gärte eine Unzufriedenheit mit seiner Führung. Kutschaty sei zu sehr auf die Fraktion im Landtag fixiert, hieß es. Auch das historisch schlechte Ergebnis von 26,7 Prozent der Zweitstimmen bei der Landtagswahl vor einem Jahr wurde ihm angelastet.

Als ersten Teil der personellen Neuaufstellung hat die Landtagsfraktion am Dienstag einen neuen Vorsitzenden gewählt. 29 der 55 Sozialdemokrat*innen stimmten für den Kölner Schulpolitiker Jochen Ott. Gegen ihn waren die Duisburger Abgeordnete Sarah Phillipp, die sich besonders der Wohnungs- und Wirtschaftspolitik widmet, und der Remscheider Sven Wolf angetreten. Wolf ist Rechts- und Innenpolitiker. In einem Brief an die Abgeordneten hatte der Remscheider als erster seine Kandidatur erklärt und sich einen Wettbewerb um die Fraktionsführung gewünscht. Philipp hatte im WDR von »zwei Kumpels« gesprochen, gegen die sie antrete.

Durchgesetzt hat sich Ott, der seit 2010 im Landtag sitzt. Vorher hatte er in einer Gesamtschule Sozialwissenschaften, Geschichte und katholische Religion unterrichtet. 2015 verlor der 49-Jährige den Oberbürgermeisterwahlkampf in Köln.

Nach seiner Wahl zum Fraktionsvorsitzenden erklärte Ott, dass er bereit sei, »Verantwortung zu tragen«. Er wolle als Oppositionsführer »für ein soziales Gegengewicht zur Landesregierung« sorgen. Auch nach fast einem Jahr im Amt finde die schwarz-grüne Landesregierung »keine Antworten auf die Armutsentwicklung, die Wohnungsnot und die Bildungskatastrophe in NRW«. Die beiden Parteien führen »im Schlafwagen durchs Land« und gerieten durch handwerkliche Fehler immer wieder ins Stocken. Ott kündigte an, das Profil der SPD zu schärfen und »bessere Angebote« zu machen. Gemeinsam mit der ganzen Fraktion wolle er für »eine soziale Zukunft unseres Landes arbeiten«.

Damit wäre die Hälfte der personellen Neuaufstellung vollzogen. Fehlt nur noch ein neuer Vorsitzender für die SPD an Rhein und Ruhr. Oder doch nicht? Der Hammer Oberbürgermeister Marc Herter, der das Amt interimsweise nach Kutschatys Rücktritt übernommen hat, scheint sich ganz wohl an der Spitze der Sozialdemokratie zu fühlen.

Für einen Parteivorsitzenden Herter sprechen vor allem zwei Punkte: Als Oberbürgermeister einer Stadt mit 180 000 Einwohnern bringt er die kommunale Verankerung mit, die viele in der Sozialdemokratie stärken wollen. Außerdem ist er Vorsitzender des Bezirks Westliches Westfalen. Das ist in der nordrhein-westfälischen SPD wichtig, in der es häufig um den Regionalproporz geht. Die westlichen Westfalen gelten als einflussreich und eigenwillig. Dass niemand aus der Region sich als Fraktionsvorsitzender beworben hat, kann als Zeichen gedeutet werden, dass Ott die Wahl gewonnen hat auch. Er ist Vorsitzender der Region Mittelrhein.

Die Westfalen und die Rheinländer könnten sich darauf geeinigt haben, wie die SPD in dem Bundesland in Zukunft geführt werden soll. Ott und Herter teilen Fraktion und Partei auf. Mit diesem Modell wurde die Landespartei in der Vergangenheit nicht glücklich. Bis die SPD ihre Neuaufstellung abschließt, hat sie noch etwas Zeit. Ende August soll der Parteitag stattfinden, auf dem ein neuer Vorstand gewählt wird.

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