Die Friedensglocke läutet am Kindertag

Aktion der Berliner Friedensglockengesellschaft im Volkspark Friedrichshain

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Japanisches Flair am Großen Teich des Berliner Volksparks Friedrichshain. Hier ist eine jener Friedensglocken aufgestellt, die auch an 25 anderen Stellen auf allen Kontinenten der Erde zu finden sind. Aber der Klöppel, um die Glocke zu schlagen, der fehlt. Ein Mann tastet vergeblich danach und kriecht schließlich darunter, um nachzusehen. Aber nichts davon. Seine Partnerin würde den Ton der Glocke gern hören. »Vielleicht hilft es ja«, sagt sie voller Sehnsucht nach Frieden. Schließlich klopft sie vorsichtig mit den Fingern gegen das Metall und leise schallt es über den Teich.

Nur zu besonderen Anlässen wird die Friedensglocke richtig geschlagen. Zum Kindertag am 1. Juni dürfen Kinder diese Erfahrung machen. »Drei erste Klassen der Mosel-Grundschule in Weißensee sind diesen Donnerstag dazu eingeladen«, erzählt Anja Mewes, die Vorsitzende der Friedensglockengesellschaft Berlin. Schon lange gibt es diese Aktion zum Kindertag. Nicht immer klappt es. Vergangenes Jahr sei Gewitter angesagt und der Termin vorsichtshalber abgesagt worden, bedauert Mewes. Dieses Jahr verheißt die Wettervorhersage einen schönen 1. Juni.

Die Idee, Münzen verschiedener Staaten und Metallschrott aus den Trümmern von Hiroshima und Nagasaki zu Friedensglocken zu verschmelzen, hatte einst Chiyoji Nakagawa. Es gibt davon jeweils mehrere in Japan – und auch in den USA, die kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs am 6. und 9. August 1945 Atombomben über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen hatten. Das Ostberliner Exemplar wurde 1989 aufgestellt, vermittelt durch den DDR-Botschafter in Japan, der eine entsprechende Anfrage der Weltfriedensglockengesellschaft an das Außenministerium weiterleitete, auf die der Ostberliner Magistrat positiv reagierte.

Am 1. Juni sollen vor allem Vorschul- und Grundschulkinder an der Glocke im Volkspark Friedrichshain »erfahren, wie Kinder aus aller Welt leben, spielen und gleiche Wünsche haben«, heißt es in einer Projektbeschreibung der Friedensglockengesellschaft. »Kindgerecht wollen wir das Gefühl vermitteln, dass das eigene Glück nur im Frieden möglich ist.« Es wird gemalt (Friedensmotive), gesungen (»Kleine weiße Friedenstaube«) und gebastelt (Papierkraniche). »Das wird sehr gut angenommen«, freut sich Mewes.

Die Sache mit den Papierkranichen geht zurück auf das Schicksal von Sadako Sasaki. Im Alter von zwei Jahren überlebte das Mädchen die Explosion der Atombombe über Hiroshima. Sie erkrankte jedoch wie viele andere an den Folgen der hohen Strahlenbelastung. Eine japanische Legende besagt: Wem es gelingt, 1000 Kraniche aus Papier zu falten, der hat einen Wunsch bei den Göttern frei. Sadako Sasaki wollte leben. Sie schaffte 644 Kraniche und starb 1955, bevor sie ihren 13. Geburtstag feiern konnte. Die in der Origami-Technik gefalteten Kraniche sind ein Symbol der Friedensbewegung geworden.

Derweil erlebt Japan seine Zeitenwende. Es wird aufgerüstet, wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Bis 2027 soll der Militäretat Japans auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehoben werden. Kommt es dazu, stünden die Rüstungsausgaben hinter denen der USA und Chinas an dritter Stelle, berichtete das ZDF Anfang April. Japan begründet den drastischen Kurswechsel mit dem russischen Angriff auf die Ukraine und mit den bedrohlichen Spannungen zwischen China und der Insel Taiwan. Offiziell hat Japan keine richtige Armee, sondern nur Selbstverteidigungskräfte. Das würde sich nun ändern. Die Friedensbewegung im Land protestiert gegen die damit ihrer Ansicht nach heraufbeschworene Kriegsgefahr.

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