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Wohnungsneubau in Berlin: Arme können ja nach Brandenburg ziehen
Fördermittel sollen auch für teurere Wohnungen fließen – zulasten des günstigsten Segments?
Schon in zwei Wochen soll es so weit sein. Dann will Bausenator Christian Gaebler (SPD) die überarbeitete Wohnungsbauförderung in den Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses einbringen. Der Etat soll auf 1,5 Milliarden Euro verdoppelt werden. Bevor sich die Abgeordneten in die parlamentarische Sommerpause verabschieden, könnte somit eine der umstrittensten wohnungspolitischen Verabredungen der schwarz-roten Landesregierung auf den Weg gebracht werden.
Für Unmut sorgte auch am Montag bei der ersten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses nach der Wahlwiederholung das Vorhaben, ein drittes Fördersegment für den Neubau einzuführen. Künftig soll dadurch auch der Bau von Wohnungen mit Einstiegsmieten von 11,50 Euro pro Quadratmeter gefördert werden. Wie gehabt sollen diese Wohnungen im Gegenzug für 30 Jahre mietpreisgebunden sein. Allerdings würden sie Mieter mit einem Einkommen bis zu 220 Prozent über der Bundeseinkommensgrenze adressieren, bei einem Einpersonenhaushalt läge die Grenze bei 26 500 Euro Jahresnettoeinkommen. Geld würde nicht mehr aufgewendet, um günstige Wohnungen für die finanziell Schwächsten zu bauen, sondern ebenso für eine mittlere Einkommensgruppe.
Dass auch Menschen mit mittlerem Einkommen es schwer haben, bezahlbare Wohnungen zu finden, bestreitet niemand. Die Befürchtung der Opposition ist allerdings, dass die Förderung von teureren Wohnungen zulasten des unteren Segments geht. Dort sollen Einstiegsmieten ab sieben Euro pro Quadratmeter gelten.
»Es ist, als würden sie das Angebot beim Buffet beibehalten, aber ein Viertel mehr Leute einladen«, beschrieb es Linke-Wohnungsexperte Niklas Schenker. Bausenator Gaebler betonte, dass ohnehin nicht die Mittel für die zum Ziel gesetzten 5000 Wohnungen abgerufen würden. Somit wäre also noch ein Stück vom Kuchen übrig. Grünen-Wohnungsexpertin Katrin Schmidberger betonte, dass dann auch die Wohnungsbauförderung für das untere Segment gleichbleibend hoch belassen werden müsse. »Das dritte Segment bedeutet sonst im Umkehrschluss, dass auf Kosten der Ärmsten ein anderes geschaffen wird.«
Bereits vergangenes Jahr wurde eine überarbeitete großzügigere Wohnungsbauförderung aufgelegt. Angesichts der Teuerung müssten für Neubauwohnungen mittlerweile zwischen 16 und 20 Euro Miete je Quadratmeter verlangt werden, um kostendeckend zu bauen. »Das ist etwas, was nur durch eine entsprechende Förderung kompensiert werden kann«, erklärte Maren Kern, Vorständin des Verbands Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) im Interview mit der »Morgenpost«. 6,50 Euro als Einstiegsmiete im geförderten Neubau sei »nicht mehr zu finanzieren«. »Im geförderten Bereich wären 7,50 oder 8,50 Euro schon sportlich«, sagte sie.
Weil sie für 18 Euro pro Quadratmeter keine Mieter fänden, verzichten Private nach eigenen Angaben gegenwärtig auf den Neubau. Dass private Unternehmen Mittel für das »teure« Segment abrufen, um wieder auf die Kosten vor dem Zins- und Baupreisanstieg zu kommen, dass aber wie schon zuvor geringes Interesse besteht, Wohnungen für finanziell schwache Mieter zu bauen, ist ein nicht unplausibles Szenario. Bausenator Gaebler kündigt zumindest am Montag nicht an, dass die Errichtung von Wohnungen im preisgünstigsten Segment Voraussetzung für die Förderung in der teuersten Sozialwohnungskategorie sei.
Ohnehin stellt sich die Frage nach dem Sinn und Zweck solch einer milliardenschweren Förderung für Wohnungen, die nach 30 Jahren wieder aus der Bindung fallen. Mit Spannung wird deshalb der für Mitte Juni im Bund angekündigte Entwurf für die neue Wohngemeinnützigkeit erwartet, dessen Titel zumindest vielversprechend ist. Infrage kommende Wohnungsunternehmen müssten dem Konzept zufolge im Gegenzug für eine dauerhafte steuerliche Förderung auch dauerhaft preiswerte Wohnungen anbieten.
Der Löwenanteil der Wohnungsbauförderung fließt bisher an die landeseigenen Wohnungsunternehmen. Weil diese auch der Marktentwicklung unterworfen sind, fordert die Linke eine Direktfinanzierung des kommunalen Wohnungsbaus durch die öffentliche Hand.
Der Senat dürfte andere Wege gehen. Nach der Sommerpause steht die Überarbeitung der Kooperationsvereinbarung zwischen Senat und landeseigenen Wohnungsunternehmen an. Auch Quoten wie jene, dass 50 Prozent der kommunalen Neubauwohnungen miet- und belegungsgebunden angeboten werden, könnten dann zur Debatte stehen, um das Bauen für die landeseigenen Firmen rentabler zu machen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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